Frauen-Solidarität: Hilfe für Menschen in Albanien

Den Menschen vor Ort helfen, damit sie bleiben können und nicht ihr Land verlassen müssen – nach diesem Grundkonzept engagiert sich die Österreicherin und glühende Europäerin Dr. h.c. Marianna Graf seit 1992 in ländlichen Regionen in Albanien und Kosovo. Auf Einladung des Tiroler Frauennetzwerkes Minerva gab sie am 4. März 2016 in Wörgl einen beeindruckenden Einblick in ihr jahrzehntelanges Wirken, das zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensumstände der Menschen dort in vielerlei Hinsicht geführt hat und machte klar, warum heute noch Unterstützung notwendig ist.

Das Frauennetzwerk Minerva besteht seit 12 Jahren und nimmt alljährlich den Internationalen Frauentag am 8. März, dem Tag der Vereinten Nationen für die Rechte der Frauen und den Weltfrieden zum Anlass für öffentliche Veranstaltungen. „1993 wurde von den Vereinten Nationen das Recht der Frauen auf ein gewaltfreies Leben anerkannt. Davon sind wir heute noch weit entfernt“, betonte Dr. Katharina Moritz von Minerva. Das gelte auch in Europa, wobei sie auf eine Studie aus dem Jahr 2014 hinwies, derzufolge 33 % der Frauen in Europa über 15 Jahre von körperlicher oder sexueller Gewalt betroffen sind. Was die aktuelle Flüchtlingskrise betreffe, so seien hier nachhaltige Lösungen gefragt, die nicht an der Grenze enden.

Als die Weltenbummlerin Marianne Graf 1992 kurz nach Öffnung des zuvor hermetisch abgeschlossenen Landes in Südosteuropa zufällig nach Albanien kam – dem einzigen, unter brutalem Regime errichteten atheistischen Staat der Welt – war ihr Entsetzen groß. Die Hoffnungslosigkeit, Orientierungslosigkeit, Zerrissenheit und bittere Armut machte sie schwerst betroffen: „Schon am 1. Tag beschloss ich, hier zu helfen – mit Bildung.“ Eine Woche später gründete sie bereits mit ihrem Mann den gemeinnützigen Verein Albania-Austria Partnerschaft und erlernte als ersten Schritt die Landessprache: „Damit ich fragen kann, was wirklich gebraucht wird.“

Und was für die Netzwerkerin mit absolvierten Universitäts-Lehrgängen in Entwicklungspolitik und Weltwirtschaft auch schnell klar war: „Helfen muss ein Konglomerat aus Vielem sein, um nachhaltig zu wirken.“ Die Basis dafür ist die Menschen kennen zu lernen und Vertrauen zu schaffen. Das gelang der engagierten Helferin mit der Verteilung von insgesamt über 30.000 Familienpaketen in den ärmsten ländlichen Bergregionen nördlich der Hauptstadt für alle Familien in 54 Dörfern, die sie mit ihrem Mann gepackt hatte und bei der Verteilung selbst dabei war.

Was danach folgte, begann mit dem Anliegen, Kindern eine Grundschulbildung zu ermöglichen und eine medizinische Basisversorgung auf die Beine zu stellen. Doch dann kam Eines zum Anderen und so liest sich das Bauprogramm der vergangenen 24 Jahre wie eine umfassende Struktur-Reform, die Marianne Graf in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen und dem Staat, die die Einrichtungen weiterführen, realisierte: 22 Schulen (12 davon neu), 15 Kindergärten, 14 Medizinische Versorgungszentren und 8 Erste-Hilfe-Stellen, 33 Sozialbauten, 34 Wohnungen, 6 Bildungs- und Sozialzentren, 2 Sportzentren, 6 Brücken, 42 Brunnen sowie die Instandsetzung eines Speichersees und ein Kanalprojekt. Dazu kommt die Instandsetzung alter Gehöfte, der Kullen, die im Sommer auch für Touristen offen stehen, und eine vorbildhafte Aktion gegen Bodenerosion. Jeder Sack mit aus der Landschaft eingesammeltem Müll – wobei viele Kinder und Jugendliche mithalfen- wurde gegen einen Obstbaumsetzling eingetauscht. Eine Aktion mit Mehrfachnutzen: Saubere Landschaft, Vitaminspender und ökologische Bewusstseinsbildung für die Familien und Regeneration des Bodens, der damit seine Schutzfunktion wieder erlangen konnte.

Marianne Graf und ihr Team half auch wirkungsvoll bei der Flüchtlingsversorgung und dem Wiederaufbau im Zuge des Kosovo-Kriegskonfliktes. Die Flüchtlingshilfe für Kosovaren in Albanien umfasste die Versorgung von bis zu 13.000 Personen mit über 1000 Tonnen Lebensmitteln, Decken, Matratzen und 1.800 Familienpaketen sowie den Aufbau von drei Flüchtlingsdörfern für über 1.500 Menschen. Marianne Grafs Verein wirkte auch beim Hilfsprogramm für den Kosovo tatkräftig mit, bei  dem gemeinsam mit weiteren Hilfsorganisationen ebenfalls über 1000 Tonnen Lebensmittel und Familienpakete mit Bekleidung, Schuhen, Hygieneartikeln, Geschirr in 27 Dörfern an 5570 Familien sowie Decken und Matratzen verteilt wurden. Der Aufbau von Schafherden zur Verbesserung der Lebenssituation der Bevölkerung erfolgte nach dem Prinzip, Schafe an Kinder zu verschenken. Im Kosovo wurden 465 Häuser wieder aufgebaut, dazu ein Zentrum für 280 kriegs-traumatisierte Mütter und Kinder, ein Jugendzentrum und Kindergärten, darunter multiethische Kindergärten in Gjakova und am Amselfeld.

„Damit die Flucht aus dem Elend ein Ende hat, ist noch viel zu tun“, schloss Marianne Graf ihren beeindruckenden Vortrag, zu dem sie Bücher und Taschen für den Verkauf mitgebracht hatte. Der Taschenerlös ermöglicht Frauen in schwierigen Verhältnissen wie behinderten Angehörigen ein Einkommen, das das Überleben der Familie sichert. Alle Spenden kommen eins zu eins in Albanien an, alle Overhead-Kosten für Reise und Organisation finanziert die Familie Graf privat. Weitere Infos über das nachhaltige Hilfswerk gibt´s auch online auf www.albania-austria.com