Sektorales Lkw-Fahrverbot – was heißt das für Wörgl?

Um die schlechte Luftqualität im Inntal zu verbessern, soll das Sektorale Fahrverbot auf der Autobahn wieder in Kraft treten. Am 2. März 2016 besuchte Tirols LHStvin Ingrid Felipe deshalb den ÖBB-Terminal in Wörgl, um mit Vertretern von Stadt und Polizei zu besprechen, wie in Wörgl mit dem zu erwartenden stärkeren LKW-Verkehr zur RoLa nach Einführung des sektoralen LKW-Fahrverbots umzugehen sei. Welche Schritte jetzt konkret gesetzt werden, das recherchierte Wörgls Grün-Gemeinderat Richard Götz mit Anfragen beim Land.

Die Verlagerung hat verkehrs-, umwelt- und gesundheitspolitisch aus Sicht des Landes höchste Priorität. „Die Reduktion des Transitverkehrs ist unverzichtbarer Bestandteil zur Verbesserung der Luftgüte in Tirol“, so Felipe. Diese fordere die Europäische Union jetzt mittels Vertragsverletzungsverfahren ein, weil die Lufterholung zu langsam von statten gehe.

Um wieviel wird das Lkw-Aufkommen in Wörgl durch das sektorale Fahrverbot steigen?

„Das kommt darauf an, wann das Sektorale LKW-Fahrverbot in der Vollvariante in Kraft treten kann“, teilt Paul Aigner, Pressesprecher von Landeshauptfraustellvertreterin Ingrid Felipe mit und weist auf eine Stellungnahme der ÖBB hin: „Aktuell verkehren zwischen Brennersee und Wörgl täglich 28 – 30 ROLA-Züge mit einer Auslastung von 85 Prozent. Zu einem attraktiven Zugangebot gehört auch eine moderne Bahn-Infrastruktur – der Terminal in Wörgl sowie jene am Terminal Brennersee wurden in den letzten Jahren modern und kundenfreundlich gestaltet. Aufgrund der bekannten Daten vor der Aufhebung des Sektoralen Fahrverbotes 2011 ergibt sich ein zusätzliches Potential für die ROLA von rund 4.000 – 5.000 LKW pro Monat.“

Die ÖBB teilen in einer Stellungnahme weiter folgendes mit:  „154.860 LKW wurden 2015 auf der Rola über den Brenner befördert (+7,4% zu 2014) – wir bieten dazu 34 Züge täglich an. Durch die in den vergangenen Jahren gesetzten Maßnahmen mit Ausbau des Terminals in Wörgl und auch Adaptierung am Brennersee könnten wir bei Bedarf das Angebot an Zügen im Hinblick auf ein erhöhtes Aufkommen, ab Wörgl verdoppeln, das wären 72 Züge oder 36 Zugpaare.“

Man habe einen neuen  Vorstauparkplatz für LKW,  ein neues Abfertigungsgebäude und ein drittes Ladegleis in Wörgl für die Rola errichtet. „Auch betriebsintern bereiten wir uns laufend auf etwaige Mehrverkehre  (Wagenmaterial etc.) vor“, teilt die ÖBB mit.

Zur Situation bei Mehraufkommen und der Problematik des LKW Parkens in Wörgl teilt die ÖBB mit: „Wir haben einiges gemacht und sind gerüstet.  Wir haben die Terminalöffnungszeiten nun seit einigen Wochen erweitert, am Samstag statt bis 15.30 Uhr nun bis 18 Uhr und am Sonntag bereits ab 9 Uhr (bisher war 11 Uhr). Das trägt dazu bei, dass der Terminalbereich für ankommende LKW eben schon früher zur Verfügung steht (obwohl Zugabfahrten erst später erfolgen).  Früher waren das Problem  parkende LKW,  die früher da waren. Adaptiert wurde auch der alte Vorstauparkplatz (wo früher die Waage war) – der bietet Platz für 36 LKW, was zwei Rolazügen zum Brenner entspricht. Neu asphaltiert wird heuer noch die Ladestraße zum Terminal.“

Wieviele Lkw werden verladen?

„Insgesamt liegt das Potential bei rund 200.000 LKW pro Jahr. Dabei gehen wir davon aus, dass sich das Potential grob drittelt – ein Drittel durch andere Transportarten auf der Schiene (Container, WAB’s, ein Drittel der LKW nehmen andere Wege und das letzte Drittel ist ein Mehraufkommen für die Rola. Das wären rund 60.000 LKW, die sich bei vollem sektoralem Fahrverbot auf die Rola verlagern würden – das können wir sicher schaffen. Wir hatten ja 2010 schon mal 245.000 LKW auf der Brenner-Rola. Wir arbeiten jedenfalls intensiv mit der Verkehrsabteilung des Landes Tirol sowie den Beteiligten zusammen, um mehr LKW von der Straße auf die Schiene zu bringen“, teilt die ÖBB mit.

Gibt es dafür ausreichend Stellplätze? Wo?

„Darüber laufen Gespräche mit den Verantwortlichen der RoLa. Allerdings gab es die oben angesprochenen Kapazitäten bereits in den Jahren 2010 und 2011, als die RoLa dank sektoralem Fahrverbot deutlich stärker genutzt wurde als jetzt. Wir werden dafür also sicherlich eine gute Lösung finden“, so Felipe.

Was kann Wörgl zur Verringerung der Belastung überhaupt tun?

„Die Landesregierung, die Verantwortlichen der RoLa und der Stadtgemeinde Wörgl sind in gutem Austausch darüber, wie mit den zusätzlichen LKW umzugehen sein wird. Wir sind zuversichtlich, dass wir sowohl vor Ort genug Platz schaffen werden können, als auch durch rechtzeitige Informationen an anfahrende LKW, längere Wartezeiten an vorgelagerten LKW-Parkplätzen zu verbringen und erst kurz vor der geplanten RoLa-Fahrt nach Wörgl zu kommen“, heißt es in der Stellungnahme von Ingrid Felipe.

Was bedeutet das Zusatzaufkommen für die Schadstoffbelastung/Grenzwertüberschreitungen?

Paul Aigner weist diesbezüglich auf eine Stellungnahme aus der für die Luftgütemessungen zuständigen Abt. Waldschutz hin: „Eine Luftgütemessstelle befindet sich in Wörgl im östlichen kleinstädtischen Wohngebiet gem. IG-Luft. Es ist anzunehmen, dass LKW, welche die ROLA benützen wollen, von der Autobahn-Abfahrt West zur ROLA-Verladestelle hin gelangen. Ein direkter Zusammenhang dieser „Emissionsquelle“ (anfahrender LKW von der AB-Abfahrt Wörgl/West) zu der im Osten von Wörgl befindlichen Luftgütemessstelle erscheint aufgrund der deutlichen räumlichen Entfernung unmöglich. Selbst die Anwendung von Ausbreitungsmodellierungen dürfte aufgrund der variablen Annahmen zu keiner zuverlässige Aussage führen.“

Was kontrolliert die Polizei? Sind laufende Motoren für Kühlaggregate/Heizung etc. erlaubt oder verboten bei Stillstand des Lkws?

Dazu die Stellungnahme der Landespolizei: „Wenn ein Fahrzeug/Kraftfahrzeug auf öffentlichen Verkehrsflächen verwendet wird, geht es insbesondere um die Kontrolle von

–          Führerschein, bei Gefahrguttransporten den „Gefahrgutführerschein“

–          Fahrerkarte oder Tachoscheiben (je nachdem ob digitales oder analoges Kontrollgerät)

–          Beschäftigungsbestätigung

–          EU-Fahrerbescheinigung, wenn der Lenker weder aus der EU noch aus dem EWR kommt

–          Reisedokument, eventuell auch Visum

–          Zulassungsschein für das Fahrzeug

–          Abschrift der Konzessionsurkunde

–          EU-Lizenz gemäß EU-VO 881/92

–          Buchungsbestätigung für die ROLA, zur Überprüfung der Ausnahme im Vor- und Nachlaufverkehr

–          COP-Dokument bzw. Dokumente für die EURO-Klassifizierung mit Überprüfungsbestätigung

–          CMR-Frachtbrief oder Beförderungspapier ….

–          Es gibt keine Bestimmungen, die das Betreiben von Kühlaggregaten oder von Standheizungen bei stillstehenden LKW verbietet (diese Geräte sind idR eigenversorgt und hängen nicht unmittelbar mit dem Fahrzeugmotor zusammen). Das unbegründete Laufenlassen des Fahrzeugmotors („Warumlaufenlassen“) ist gemäß § 102 Abs 4 KFG jedoch verboten.

–          Zu beachten sind vom Lenker des Lkw auch die Bestimmungen hinsichtlich bestehender Halte- und Parkverbote, das heißt es ist verboten, irgendwo rund um das Rola-Gelände „wild“ auf der Gemeindestraße (Nordtangente) zu parken. Es müssen die Rola-Parkplätze oder Autohöfe oder im Vorfeld Parkplätze auf der Autobahn angefahren werden.

Und hier noch ein Lokalaugenschein vor Ort: