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Tirols Bauern sehen sich durch Diskonter-Preispolitik existenziell gefährdet |
"Ist euch meine Milch nicht mehr wert?" - fragt provokativ das Taferl auf der aufgebüschten Almkuh, mit der sich die Bauern vor der Hofer-Filiale in Wörgl postierten, um mit Flugblättern gegen die Preisschleuderei auf dem Rücken der Milchbauern zu protestieren. Protestaufmärsche fanden zur gleichen Zeit vor allen fünf Hofer-Filialen im Bezirk Kufstein sowie vor allen weiteren Filialen im Land Tirol statt.
Vor dem Hintergrund des europäischen Milchüberschusses und dem nun von Hofer losgetretenen Preiskampf sehen sich die Tiroler Milchbauern zunehmend in ihrer Existenz bedroht. Die Kunden zeigten für die Aktion großes Verständnis.
"Die Österreicher konsumieren pro Jahr durchschnittlich 80 Liter Frischmilch - das macht übers Jahr gesehen für jeden Konsumenten nur 8 Euro aus", rechnet Bezirksbauernobmann Johann Gwiggner vor. 8 Euro sind für den einzelnen nicht viel, für das Überleben der bäuerlichen Landwirtschaft ist der neuerlich losgetretene Preiskampf aber entscheidend. Das trifft besonders die Bauern im Bezirk Kufstein: "Die Milchwirtschaft spielt bei uns eine besonders große Rolle, für viele Bauern ist sie das Hauptstandbein. Im Bezirk gibt es ca. 1000 Milchbauern", so Gwiggner.
Dass es den Konsumenten auch nicht egal sein sollte, woher die Milch kommt, darauf weisen die Bauern mit ihrem Flugblatt hin: "Mit Milch aus Tirol entscheiden Sie sich gegen unkontrollierte Milchfabriken, gegen Tierleid, gegen lange Transportwege und gegen Massentierhaltung - aber für gesunde Milchprodukte, nachhaltige Qualität, eine gepflegte Naturlandschaft und Arbeitsplätze vor Ort. Mit Ihrem Einkauf machen Sie den Unterschied!"
Bei Hofer steht neben der Billig-Milch auch von der Tirol-Milch abgefüllte Milch im Regal, die mit "Zurück zum Ursprung" und "naturnah" beworben wird. "So eine Preispolitik ist einfach unfair - auf der einen Seite wirbt man mit unserer Arbeit, und dann werden Preise gemacht, zu der man die Milch nicht mehr produzieren kann", so Gwiggner.
Die Hofer-Billigmilch brachte das "Milchfass" jetzt zum Überlaufen. Bauern-Protestaufmärsche sind in Tirol selten, obwohl dieser Berufsstand der wohl bestens organisierte im ganzen Land ist. Im Bezirk Kufstein bestehen 32 Ortsgruppen, bei den Demonstrationen waren Vertreter des Bauernbundes, der Bäuerinnen sowie der Landjugend auf den Beinen. "Normalerweise ist es nicht unsere Sache, zu demonstrieren", meint Bezirksbäuerin Margareth Osl aus Angath und setzt auf Konsumenteninformation: "Die Milch ist heute billiger als vor 25 Jahren - da kostete sie pro Liter umgerechnet 80 Cent. So kann es nicht weitergehen."
Nächste Woche sollen Gespräche zwischen Bauernvertretern und der Hofer-Geschäftsführung stattfinden. Ob der Diskonter die Preissenkung zurücknimmt, steht in den Sternen. Die Bauern hoffen jedenfalls auf die Solidarität der Konsumenten und fordern auf, die Billigmilch im Regal stehen zu lassen.