(0)
Presseaussendung des Tiroler Bauernbundes |
|
Protestmaßnahmen waren nicht umsonst, Kampf ums Überleben geht weiter Alles andere als rosig ist die Lage der 1300 Milchbauern im Bezirk Kufstein. Die bäuerlichen Betriebe und ihre Vertreter suchen nach Überlebensstrategien und setzen auf die Treue der Konsumenten und auf weitere Effizienzsteigerung in der Milchproduktion. Verstärkt in die Pflicht nehmen wollen sie die Tourismusbetriebe. „Die Proteste der Bauern vor dem Auslieferungslager der Fa. Hofer in Rietz und den Hofer-Filalen war jedenfalls nicht umsonst“, ist Bezirksbauernobmann Johann Gwiggner überzeugt. Über 500 Bäuerinnen, Bauern und Jungbauern haben vor zwei Wochen vor den fünf Hofer-Filialen im Bezirk Kufstein die Konsumenten über die Auswirkungen des Milchpreisverfalls informiert. Daraufhin hat am Mittwoch ein Gespräch mit der Hofer Konzernleitung in Innsbruck stattgefunden. Dieses habe zwar keinen Durchbruch gebracht, es sei aber ein Teilerfolg, wenn die Generaldirektoren nach Innsbruck kommen, das Gespräch mit den Bauernvertretern suchen und bessere Preise in Aussicht stellen. Das allein sichert das Überleben der Milchwirtschaft in den Berggebieten jedoch nicht. Vergangene Woche haben die EU-Agrarminister trotz des Widerstandes Österreichs die Produktionsbeschränkung bei Milch, die so genannte Milchquote, de facto abgeschafft und eine Ausweitung der Produktionsmengen beschlossen. „Damit hat sich die Agrarindustrie Europas in Brüssel durchgesetzt. Die für die Berggebiete in Aussicht gestellten Ausgleichsmaßnahmen reichen nicht aus, um die Milchwirtschaft im Berggebiet zu erhalten“, so Bezirksbauernobmann Johann Gwiggner . Folgen der Brüsseler Beschlüsse sind eine Produktionsausweitung und ein weiterer Preisverfall, befürchtet der Bauernvertreter. Um diesen Entwicklungen etwas entgegenzuhalten, wollen die Milchproduzenten auf mehreren Ebenen ansetzen. Nachfrage im Land steigern Ein Ansatz ist das Ankurbeln der Binnennachfrage. „700.000 Tirolerin nen und Tirolern stehen im Bezirk Kufstein allein im Februar rund 130.000 Gästeankünfte und 700.000 Nächtigungen gegenüber. Die Gastronomie wäre ein wichtiger Absatzmarkt für heimische Lebensmittel“, so Bezirksbäuerin Margreth Osl . Das vom Tourismus oft vorgeschobene Argument, dass Produkte vom Tiroler Bauern schwer zu beschaffen seien, lässt Osl nicht gelten. Gerade bei Milch- und Milchprodukten sei es überhaupt kein Problem, heimische Ware zu bekommen. „Milch ist ein Produkt mit Mehrwert. Wenn die 1300 Milchbauern im Bezirk Kufstein die Stalltür zusperren, wird es nicht lange dauern, bis auch der Tourismus die Auswirkungen zu spüren bekommt. Das müssen wir den Gastronomiebetrieben deutlich machen“, sieht die Kufsteiner Bezirksbäuerin noch viel Arbeit in der Bewusstseinsbildung. In einer vom Bauernbund bereits vor fünf Jahren in Auftrag gegeben Umfrage unter 1000 Tiroler Tourismusbetrieben haben über 80 Prozent angegeben, dass die Gäste wegen der gepflegten Landschaft und der Natur nach Tirol kommen würden. Weitere 96 Prozent haben damals angegeben, dass die Tiroler Landwirtschaft für den Tiroler Tourismus sehr wichtig oder wichtig ist. „Nun ist die Stunde der Wahrheit gekommen“, appelliert Bezirksbäuerin Margreth Osl an die Tourismusbetriebe, zu heimischen Lebensmitteln zu greifen. Milch ist mehr wert Dass Milch nicht nur ein Produkt mit Mehrwert ist, sondern auch mehr wert sein muss, legt die Kufsteiner Bezirksbäuerin dar. Ein Liter Milch hat vor 25 Jahren 80 Cent gekostet, heute ist er um 69 Cent zu haben. Noch dramatischer ist die Situation bei Butter. Sie ist in den vergangenen Jahren um 36 Prozent billiger geworden. Im gleichen Zeitraum ist der Verbraucherpreis um ein Drittel gestiegen. Anders ausgedrückt. 1980 musste man als Konsument für einen Liter Milch sechs Minuten arbeiten, heute sind es nur noch vier Minuten. Für ein Viertel Butter arbeitete der Durchschnittsverdiener 1980 zwölf Minuten, heute sind es lediglich sechs Minuten. Zeche zahlen alle „Lebensmittel sind keine Preistreiber, sondern Preisdämpfer. Die Zeche zahlen die Bauern und schlussendlich die gesamte Gesellschaft. Billige Milch kommt uns teuer zu stehen“, fasst Bezirksbauernobmann Johann Gwiggner zusammen. Der Bauernmilchpreis fällt, die Produktionskosten steigen. „Mit einem Erzeugermilchpreis von 35 Cent sind wir an einem sehr kritischen Punkt angelangt“, weiß Gwiggner. Natürlich seien auch die Milchbauern gefordert, alles zu tun, um die Produktionskosten zu senken. „Effizienzsteigerungen dürfen aber nicht zulasten der Lebensmittelqualität und des Tierschutzes gehen.“
Fakten: Text: Mag. Christa Entstrasser-Müller/Tiroler Bauernbund |