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Jahreshauptversammlung des Obst- und Gartenbauvereines Wörgl am 11. März 2009
vero / 13.03.2009 13:35
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Wörgl  Garten  Landwirtschaft  Obst-und-Gartenbauverein  Vereine 

Der 1910 gegründete Obst- und Gartenbauverein Wörgl zählt zu den ältesten Vereinen der Stadt und zählt weit über 200 Mitglieder. Zu den von vielen geschätzten Aktivitäten zählen die Baumschnittkurse ebenso wie die geselligen Ausflüge. 2008 brachen die Wörgler "Gartler" u.a. zur Tullner Gartenbaumesse mit Besuch der Seefestspiele Mörbisch auf und ließen das Jahr beim Weihnachtsmarkt auf der Fraueninsel im Chiemsee ausklingen.

"Unser Frühsommerausflug führt uns heuer am 5. Juni in die Kräutergärtnerei Strillinger in Söll, Abfahrt ist um 14.30 Uhr in der Friedhofstraße. Der Dreitagesausflug geht von 24. bis 27. September in die grüne Steiermark, von der Apfelstraße ins Weinland", kündigte Obmann Franz Feiersinger an,  Anmeldungen nimmt Leni Scharnagl, Tel. 73460 entgegen. Weitere Termine fürs Jahr 2009 sind der Bezirks-Baumschnittkurs am Samstag, 14. März 2009 in Angath beim Lechnerbauern mit Baumwart Oskar Thaler sowie ein Veredelungskurs am 17. April ab 14 Uhr in Rotholz.

"Als Beitrag zum Jahr der Werte pflanzen wir mit Kindern einen Baum im Garten des Kindergartens Mitterhoferweg", kündigte Feiersinger weiters an und drückte sein Bedauern darüber aus, dass im Zuge des Bauprojektes Gradlanger die alten Obstkulturen verschwinden werden. Das Bebauungsprojekt soll am 2. April in Wörgl öffentlich vorgestellt werden.

Landesobmann-Stv. Rupert Mayr aus Niederndorf wies auf die Aktion "Tag der offenen Gartentür" hin, bei der heuer am 28. Juni sowie am 5. Juli 100  Gärten in ganz Tirol zur Besichtigung einladen. Weitere Infos dazu unter www.gruenes-tirol.at.  18.000 Mitglieder versammeln sich in Tirols Obst- und Gartenbauvereinen. Der Landesverband feiert am 28. April im Stift Stams sein 100-jähriges Bestehen. Mayr ermunterte zu Projekten mit der Jugend in Zusammenarbeit mit Kindergärten und Schulen: "Wir sind aufgerufen, unsere Gärten als Selbsthifle für die Nahversorgung sowie als Erlebniswelt rund ums Haus zu erhalten. Dazu ist die Einbindung von Kindern und Familien sehr wichtig." Mayr plädierte dabei auch für die Pflege alter Sorten sowie für Pflanzenvielfalt: "Es gibt Vogelarten, die brauchen 17 Sträucherarten um zu überleben."

Wie sag ich´s durch die Blume? Leni Scharnagl (links) vermittelte mit ihrem traditionellen Schätzspiel heuer eine Botschaft an die Mitglieder. Die Frage lautete: Wie viele Mitglieder in Prozent haben den Mitgliedsbeitrag 2008 einbezahlt? Die überraschende Antwort: Nur 48,7 %. Obmann Franz Feiersinger (Bild Mitte) freute sich über den guten Besuch der Jahreshauptversammlung. Bild rechts: Landesobmann-Stv. Rupert Mayr.

Bezirksobmann Reinhard Hirzinger  (hier im Bild mit Rupert Mayr, Leni Scharnagl und Franz Feiersinger)  vom OGV Kramsach, der 2010 ebenfalls sein 100-jähriges Bestehen feiert,  lud zur Beteiligung an der großen Obstausstellung zum 100-Jahr-Jubiläum des Landesverbandes bei der Innsbrucker Herbstmesse 2009 ein.

"Garten - Wiedergewinnung des Paradieses" lautete der Titel des temperament- und humorvollen Vortrages von Dr. Josef Heringer. Der begeisterte Gärtner thematisierte den heute verschwenderischen Umgang mit wertvollem Boden, wobei oft die besten Ackerböden durch den Bau von Einkaufszentren und Gewerbegebieten verloren gehen. "Auf unserem Planeten leben immer mehr Menschen mit steigenden Ansprüchen. Wobei immer mehr fruchtbare Böden verschwinden - durch stark zunehmende Verwüstung weltweit. Wir werden besser mit dem wirtschaftfen müssen, was wir haben", so Heringer - und dabei spiele der eigene Garten eine zentrale Rolle - für die Selbstversorgung mit gesunden Lebensmitteln ebenso wie für die Erholung.

So sieht Dr. Heringer auch die Chance in der aktuellen Krise zur Umkehr unseres ungesunden Lebensstils: "Wir fahren mit dem Auto ins Shopping-Paradies und mit dem Flieger ins Urlaubsparadies. Die Jagd nach dem Paradies ist dramatisch!" - Dabei liege es vor der Haustüre - das Paradies im eigenen Garten.

Natürlich ohne Gentechnik und kindergerecht: "Viele unserer Kinder leiden unter Übergewicht und motorischen Defiziten. Schaffen wir ihnen Platz in unseren Gärten." Die mit Schaukelbäumen ausgestattet und möglichst barrierefrei angelegt sein sollten. Als Paradies zum Herumtollen und Bewegen. Dr. Heringer fordert zum Umgestalten der Gärten auf: "Es gibt so viel nichtstaugendes Gartengrün, das blöd in der Gegend herumsteht - wie Blaufichten. Weg damit - und Obstbäume pflanzen." Und Hochbeete zur Arbeitserleichterung anlegen - dafür begeistern sich nicht nur Kinder, "die dann dem Schneck ins Auge sehen können", sondern auch Senioren.

Wildkräuter als Salat entdecken und Raum für Kräuter im Garten schaffen, auch schon mal mit einer Langwiese (also ausgewachsenen, hochstehenden Gräsern und Blumen) lautete ein weiterer Appell Dr. Heringers: "Bei uns gibt es Leute, die Löwenzahn und Gänseblümchen jagen, damit ihr spießbürgerliches Weltbild passt." Diese Pflanzen solle man essen, nicht ausrotten. Er hält nichts von solchen "Rasisten" und plädierte dafür, dass auch im Garten einmal "ein Monatsbart stehen darf und nicht alles arschglatt sein soll." Vielfalt sollte sich nicht nur in der Gartenbepflanzung, sondern auch am Speisezettel zeigen. "Es gibt 75.000 essbare Pflanzen - und die Menschheit ernährt sich vorwiegend von drei", zitierte Dr. Heringer aus Statistiken über Ernährungsverhalten.

Die "Paradiesfunktion des Gartens" solle sich auch in der Grenzkultur widerspiegeln - in Form von traditionellen Holzzäunen, aber nicht in übermannshohen, undurchsichtigen Hecken: "Heute sind viele Menschen eingemauert mit hochgiftigen Thujen, die man nur mit Handschuhen und Atemschutz schneiden sollte. Da sind die Gemeinden aufgerufen, dieser Verwallung eine Bremse reinzuhauen. Jeder sitzt in seinem eigenen Gefängnis."

Mehr Lebensqualität bringt da ein offener Garten, in dem bestenfalls auch eine Hausbank, "der älteste Wellness-Bereich" steht. Für Sozialkontakte mit den Nachbarn: "Wussten Sie, dass unser Hoagascht vom Wort Heimgarten abstammt?", so Heringer, der im übrigen kein Unkraut und keine Schädlinge kennt: "Alles hat seine Funktion und Berechtigung." Zum Paradies vor der Haustür gehören auch Tiere - von den Bienen bis zu den Vögeln, und für sie sollten Futterpflanzen zur Verfügung stehen. Heringer: "Weiden geben Nahrung für 450 Insektenarten, Eichen für 423 Insektenarten, danach folgen die Birken. Viele Zierpflanzen bieten dagegen nur mehr sehr wenig Lebensraum für diese Tiere." Cornelkirschen und Holler sind Pflanzen, die Mensch und Tier nützen, und bringen mit Blüten und Früchten Farbe in den Garten.

"Wir sollten als Gärtner Hoffnungsträger sein", ist Dr. Josef Heringer überzeugt - und nicht nur vor der eigenen Haustüre. Durch den von unserem Lebensstil mitverursachten Klimawandel sei es ein Gebot der Stunde, betroffenen Menschen zu helfen. Dr. Heringer spendete das Honorar des Abends für ein Projekt in einem der ärmsten Länder der Welt, in Bangladesh, wo mit dem Spendengeld aus dem Westen eine Schule gebaut wurde und ein Gartenprojekt betreut wird, das durch den Anbau von Kartoffeln und Kraut die Ernährungssituation vor Ort verbessert.