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Pressekonferenz von FWL und Grüne am 31. März 2009

"Hier geht es um öffentliche Steuergelder - deshalb soll auch öffentlich darüber diskutiert werden", sind sich die Wörgler Freiheitlichen und Grünen in der Causa Attraktivierung des Wörgler Erlebnisbades WAVE einig. In der Gemeinderatsitzung am 26. März 2009 beantragten die beiden Fraktionen, dass der entsprechende Tagesordnungspunkt deshalb auch vom vertraulichen Teil in den öffentlichen Teil der Sitzung vorgezogen wird. Außer den vier Mandataren der FWL und Grünen folgten aber alle anderen dem Wunsch der WAVE-Geschäftsführung, die Sache im vertraulichen Teil abzuhandeln.

Dass von den Badbetreibern schon am Tag darauf zur Pressekonferenz am Montag geladen wurde, um die im Gemeinderat beschlossenen Maßnahmen vorzustellen, wundert die Kritiker, die am Dienstag, 31. März 2009 ihrerseits gemeinsam zur Pressekonferenz einluden.

  "Wir werden Aufsichtsbeschwerde gegen diesen Gemeinderatsbeschluss einbringen. Der Antrag hätte so garnicht in den Gemeinderat kommen dürfen. Im Antrag hieß es, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen in der Aufsichtsratsitzung der Stadtwerke Wörgl GmbH am 19. Februar präsentiert und grundsätzlich mehrheitlich beschlossen wurden. Das stimmt nicht. Von den elf anwesenden Aufsichtsräten waren vier dafür, zwei dagegen und fünf enthielten sich der Stimme, darunter der Betriebsrat der Stadtwerke", schildert FWL-GR Mario Wiechenthaler den Hintergrund der Beschwerde. "Die fünf Aufsichtsräte mit Stimmenthaltung äußerten sich in der Diskussion ablehnend und diese Stimmen sind deshalb auch so zu werten. Damit gibt es keinen positiven Grundsatzbeschluss", erkärt GR Alexander Atzl. Laut Geschäftsordnung seien Beschlüsse mit einfacher Mehrheit zu fällen, über die Handhabung von Stimmenthaltungen gebe es keine Regelung. Atzl: "Das muss ausjudiziert werden."

In Zeiten wie diesen sei es unverantwortlich, 1,5 Millionen Euro für ein Luxusgut wie eine Wasserrutsche um 910.000 Euro auszugeben, meint Atzl und rechnet die Kosten für die mit 16 : 5 Stimmen beschlossene WAVE-Attraktivierung vor: "Die Doppel-Looping-Rutsche kostet außer den Investitionskosten von 910.000 Euro jährlich 5.000 Euro für Wartung, 5.000 Euro für Elektrokosten und 18.000 Euro fürs Personal. Die Lounge im Wellenbecken kostet 170.000 Euro plus jährlich 20.000 Euro Personalkosten, die Errichtung des Spielbaches im Freibereich 95.000 Euro und jährliche Wartungskosten von 5.000 Euro. Dazu kommen noch 180.000 Euro Honorare für die Generalplanung."

Die Kritik setzt an der Sinnhaftigkeit der vorgesehenen Maßnahmen ebenso an wie bei den Kosten. "Die Bevölkerung regt sich über den viel zu kleinen Freibadbereich auf. Hier erfolgt keine Vergrößerung der Wasserfläche", ärgert sich FWL-GR Ekkehard Wieser. "Wir bemühen uns seit Monaten, vom WAVE die Anzahl der Badegäste aus Wörgl zu erhalten und haben keine Auskunft erhalten. Nach Auskunft der städtischen Finanzabteilung wurden 2006 10.282 Eintrittskarten im WAVE über die Wörgl-Card abgerechnet, 2007 waren es 10.531 und 2008 10.339.  Die Wörgler liefern damit rund 10 % des Jahresumsatzes von 1,8 Millionen Euro", rechnet GR Atzl vor. 

Damit werde das Bad nur zu 10 % von Wörglern genützt, aber die Gemeinde komme für den Großteil der Kosten auf. Atzl: "Das Erlebnisbad erwirtschaftet bestenfalls die Betriebskosten, aber nicht die Ratenzahlungen für die Investitionen."

Im Detail: Das Erlebnisbad erwirtschaftete 2007 einen Umsatz von rund 933.000 Euro bei Betriebskosten ohne Rückzahlung von Tilgungsraten oder Zinsen in Höhe von 705.000 Euro (+227.000,- Euro) . Das Sportbad brachte 230.000 Euro Einnahmen und verursachte Betriebskosten von 460.000 Euro (-229.000 Euro), die Saunaresidenz brachte einen Umsatz von 626.000 Euro bei Kosten von 515.000 Euro (+ 111.000 Euro). Die Unternehmensanalyse, die dem Attraktivierungsprogramm zugrunde liegt, geht davon aus, dass bei steigenden Energiepreisen und schwindender Attraktivität aufgrund vermehrter Mitbewerber, der Erhaltung des teuren Sportbeckens und der allgemeinen Wirtschaftslage über "kurz oder lang ein operativer Verlust" zu erwarten sei. "Das verlustreiche Sportbecken war eine Wahlzusage an die Liste Petzer", ruft GR Atzl in Erinnerung und schlägt als Alternative zum geschnürten Maßnahmenpaket eine Attraktivierung des Sportbeckens sowie des Freibereiches vor.

"Die Wörgler weichen aus auf die Freibäder im Umland wie in Bad Häring oder Hopfgarten. Den Freibereich mit mehr Wasserflächen attraktiver zu gestalten käme billiger als die neue Rutsche und würde Wörglern mehr bringen", meint Wiechenthaler und weiter: "Die Eintrittspreise sind den Wörglern jetzt schon zu teuer. Und dann sollen sie für die Rutschenbenützung nochmals zur Kasse gebeten werden - pro Rutschgang ist ein Euro kalkuliert."

Aufsichtsrat-Funktion zurückgelegt

"Im Aufsichtsrat geht es nur mehr darum, den Willen der schwarz-roten Einheitspartei durchzudrücken, der dann als Geschäftsinteresse deklariert wird. Unter diesen Bedingungen kann der Aufsichtsrat nicht mehr der Aufgabe als Kontrolle der Geschäftsführung nachkommen", meint GR Atzl, beruft sich auf nicht erhaltene Informationen und legt mit sofortiger Wirkung seinen Aufsichtsratsitz bei den Stadtwerken zurück. Ebenso Mario Wiechenthaler.

Auf Unverständnis stößt bei FWL und Grünen auch "die Eile, mit der dieser Beschluss im Gemeinderat eingefordert wurde", so Atzl, der vermutet, dass die Super-Rutsche "ein Wahlkampfgag für die Gemeinderatswahl 2010 werden soll". "Wir warten immer noch auf den versprochenen Kassasturz. Wenn die Gemeinde Haftungen für die Stadtwerke auflösen muss, bedeutet das höhere Finanzierungskosten. In der jetzigen Situation kann man doch nicht solche Entscheidungen treffen", kritisiert Wiechenthaler.

 

Hintergrund-Info: Der Gemeinderatsbeschluss vom 26. März 2009

Die geplante Attraktivierung umfasst im Außenbereich einen Wasserspielgarten mit Bach, gespeist aus einem Hydranten. Auf der Wellenbeckenkammer soll in der Wintergartenlagune im Zuge der Beckenbodensanierung eine Bar errichtet werden, mit der man jährlich 70.000 Euro Umsatz lukrieren möchte. 

Das "Filetstück" des Attraktivierungspaketes soll die erste Doppel-Looping-Wasserrutsche der Welt werden. Das Vorbild mit einfachem Looping steht in einem Thermalbad in Slowenien. Bei einer Fallhöhe von bis zu 16 Metern soll eine Geschwindigkeit von 60 km/h erzielt werden, wobei Fliehkräfte von 3 G entstehen. Vor allem 15 bis 25-jährige sollen mit diesem Adrenalin-Kick ins Bad gelockt werden. Die Umsatzannahme beträgt bei 50.000 Rutschenden 50.000 Euro, durch Mehreintritte 200.000 Euro und durch Downloads von Aufnahmen während des Rutschens 25.000 Euro.

Vom Gemeinderat wurde mit 16 : 5 Stimmen die Umsetzung von drei der vier vorgeschlagenen Maßnahmen (nicht realisiert: Whirlpools im Erlebnisbad) mit einem Investitionsvolumen von 1,5 Millionen Euro bis November 2009 beschlossen. 

Der Gemeinderat gewährt für das Sportbad jährlich eine zusätzliche Subvention von 100.000 Euro. Die Stadtwerke leisten 2009 einen einmaligen Kostenzuschuss von 250.000 Euro. Die Finanzierung erfolgt durch ein Gesellschafterdarlehen der Stadtwerke an die Wörgler Wasserwelt GmbH & CoKG über 1,130.000,- Euro bei einer Laufzeit von 6 Jahren und einem Zinssatz analog zur Bankenfinanzierung. Die jährliche Rückzahlungsrate von 220.000 Euro soll durch die 100.000,- Euro von der Sportbecken-Subvention sowie durch einen jährlichen Zuschuss vom TVB Ferienregion Hohe Salve über 120.000 Euro (6 Jahre lang) aufgebracht werden.