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Pressekonferenz zur Integrationsarbeit in Wörgl am 11. März 2011

 

Präsentierten Wörgls Integrationsarbeit: Integrationsreferent Christian Kovacevic, Bürgermeisterin Hedi Wechner, IGZ-Obfrau Irmgard Moritz, IGZ-Geschäftsführer Kayahan Kaya und Integrationsbeauftragter DI Peter Warbanoff.

3 Säulen der Integrationsarbeit...

"Die Integrationsarbeit der Stadt besteht nicht nur aus dem Überarbeiten von Wohnungsvergaberichtlinien, wie mancherorts behauptet wird", leitete Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner die Pressekonferenz am 11. März 2011 ein und erklärte: "Unsere Integrationsarbeit beruht auf drei Säulen: auf der politischen Ebene mit dem Integrationsausschuss und Beirat, wobei dieser Ausschuss sich auch mit Jugend und Bildung befasst. Das Integrationszentrum als überregionaler Verein ist Anlaufstelle für Einheimische und Migranten, Koordinationsstelle und hat eine Brückenfunktion und die 3. Säule ist unser Integrationsbeauftragter DI Peter Warbanoff, der auch als Bindeglied zum Land fungiert."

Zur Verbesserung des Zusammenlebens - in Wörgl leben aktuell Menschen aus 64 Nationen - brauche es mehr Verständnis und Toleranz ebenso wie mehr Kommunikation. Dabei gehe die Stadt aktiv auf die Bevölkerung zu. "Als erster Schritt fand kürzlich ein Treffen der Migrantenvereine statt, um herauszufinden, wo der Schuh drückt", erklärte Bürgermeisterin Wechner. Wobei hinzuzufügen ist, dass dies das erste Treffen in ihrer Amtszeit war. Dabei sei herausgekommen, dass "das dieselben Sachen sind wie bei allen". Ein Großteil der Migranten sei zudem auch bereit, für Integration etwas zu leisten.

"Der erste Schritt war das gemeinsame Treffen, zu dem von 14 Migrantenvereine 10 gekommen sind", so Integrationsreferent GR Christian Kovacevic. Darunter waren Vertreter aller großen Vereine, u.a. mit türkischem, kurdischem, alevitischem und serbischem Hintergrund. Der nächste Schritt sei, dass er nun auch mit jenen, die nicht gekommen sind, das persönliche Gespräch suchen wird. Geplant sei zudem ein Fest der Kulturen.

Als aktives Angebot an Einheimische und Migranten sieht sich auch das 2007 gegründete Integrationszentrum, das nach anfänglichen politischen Turbulenzen nun mit der neuen Obfrau Irmgard Moritz, die selbst einen argentinischen Migrationshintergrund mitbringt, und ihrem neuen Vorstand beste Voraussetzungen für effektive, sachorientierte Arbeit mitbringt. "Wir sind für alle Menschen da und ersuchen, das Angebot der Sprechstunden auch wahr zu nehmen. Wenn man weiß, wo die Probleme sind, kann man gemeinsam kreative Lösungen finden", lädt Moritz ein, die sich Ingeborg Bachmanns Ausspruch "Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar" als Leitmotiv gewählt hat. Verständnis aufzubringen heißt, sich mit den Ängsten der Menschen zu beschäftigen - der Zuwanderer, die aus ihrem Umfeld gerissen Angst vor Sicherheits- und Zugehörigkeitsverlust haben ebenso wie mit den Ängsten der Einheimischen: "Beide Seiten wissen zu wenig voneinander. Das Miteinander könnte sehr befruchtend sein", so Moritz.

Neben der ehrenamtlich tätigen Obfrau ist im Integrationszentrum Geschäftsführer Kayahan Kaya für die operative Umsetzung zuständig. Das Integrationszentrum, das als Anlauf- und Koordinationsstelle für Wörgl und die Umlandgemeinden ins Leben gerufen wurde, wickle im Jahresprogramm heuer 24 Projekte ab, wobei Stadt und Land als Partner vielfach dabei seien und das Maßnahmenpaket sich am Integrationskonzept von Stadt und Land orientiere. "Es geht um Bildung und Bewusstseinsbildung", so Kayahan Kaya. Unter den Maßnahmen sei u.a. ein Integrationscafé als Begegnungsraum für Einheimische und Migranten.

Fortbildungsprojekt MUT - Mut zur Integration

"Bei der Integrationsarbeit der vergangenen Jahre hat sich gezeigt, dass Integration ein Querschnittsthema vom Kindergarten über die Schule bis zu Jugendarbeit und Wohnen ist. Allein kommen wir da nicht sehr weit. Wörgl hat beste Voraussetzungen und Infrastruktur für Integrationsarbeit. Wenn wir also einen Schub nach vorn erreichen wollen, brauchen wir viele Strukturpartner. Das war der Anlass, das Projekt MUT zur konzipieren", erläuterte Wörgls Integrationsbeauftragter Peter Warbanoff den Hintergrund von "Mut zur Integration".

In acht Modulen werden zur Förderung ihrer interkulturellen Kompetenzen diese Partner aus Einrichtungen und Migrantenvereinen nun kostenlos weitergebildet, wobei die Kurse in Wörgl und Kufstein parallel stattfinden. Die achttägige Qualifizierung wird in Zusammenarbeit mit namhaften ExpertInnen durchgeführt. Die im Lehrgang gemeinsam erarbeiteten integrationsfördernden Maßnahmen sollen im Herbst 2011 in einer Tagung präsentiert und möglichst viel davon 2012 dann umgesetzt werden. Die Kurse in Wörgl finden am 27.4., 11.5., 25.5. und 15.6. statt, in Kufstein am 26.4., 10.5., 24.5. und 14.6.2011.

Projektträger des 44.000 Euro teuren Fortbildungsprojektes ist das Integrationszentrum Wörgl, wobei als Partner die Stadt Kufstein gewonnen wurde, die vor den gleichen Herausforderungen und Problemen stehe. "Die Finanzierung erfolgt zur Hälfte durch die EU, zu einem Viertel vom Bundesministerium für Inneres und zu einem Viertel hier aus der Region", erklärt Warbanoff.

Wer Interesse an der Teilnahme hat, kann sich beim Integrationszentrum Wörgl, integration@woergl.at, Tel. 0699-10686907 anmelden. Derzeit liegen 10 Anmeldungen aus Wörgl vor, in der kommenden Woche finden diesbezüglich Gespräche in Umlandgemeinden statt.

Weitere Integrationsprojekte in der Stadt Wörgl

"Österreich war und ist Einwanderungsland - das ist durch unsere Geschichte bedingt", sieht Bürgermeisterin Hedi Wechner die Notwendigkeit, offen und positiv mit dem Thema umzugehen. In Zahlen bedeutet das in Wörgl, dass 14 % der Einwohner derzeit keine österreichische Staatsbürgerschaft aufweisen, wobei 8 % davon aus Ex-Jugoslawien und der Türkei stammen. Aufgrund der Einbürgerung weist aber ein deutlich höherer Bevölkerungsanteil von über 20 % einen anderen kulturellen Hintergrund auf.

Neben vielen Beispielen gelungener Integration fallen in der Öffentlichkeit leider meist nur die negativen auf. Spracherwerb gilt als Schlüssel für ein Miteinander. Zu den derzeit laufenden Unterstützungsmaßnahmen der Stadt zählen Sprachstartklassen und -gruppen in Schulen und Kindergärten, auch mit muttersprachlichem Unterricht. Begrüßt wird auch das Engagement der Lesepaten in der Hauptschule: "Der Verein Lesepatenschaften betreut ehrenamtlich derzeit 60 Kinder, großteils mit Migrationshintergrund", teilt Christian Kovacevic mit.

Wohnungsvergaberichtlinien: Stadt beharrt auf Deutschkenntnissen

Nachdem in der letzten Gemeinderatsitzung die FWL auf die gängige Wohnungsvergabepraxis in Oberösterreich, bei der Deutschkenntnisse berücksichtigt werden, hingewiesen hat, will die Stadt nun die eigenen Richtlinien neuerlich diesbezüglich überarbeiten. "Wir haben bereits mit dem Land Tirol Kontakt aufgenommen und uns die Expertise des Verwaltungsjuristen Univ.Prof. Dr. Andreas Hauer von der Uni Linz besorgt (Zusammenfassung hier). Diese geht davon aus, dass es legitim und nicht diskriminierend ist, Deutschkenntnisse einzufordern. Wir werden nicht davon abgehen, Deutschkenntnisse einzufordern und wollen das auch korrekt, transparent und nachvollziehbar in den Wohnungsvergaberichtlinien stehen haben", erkärt Bürgermeisterin Hedi Wechner.

Eine differenziertere Sichtweise strebt IGZ-Obfrau Irmgard Moritz an: "Warum lernen sie nicht deutsch?Was für Probleme stehen dahinter? Oftmals können Zuwanderer nicht einmal die Sprache ihres Landes richtig. Dazu kommt noch, dass wir eine andere Schrift verwenden. Das Bildungsniveau ist hier ein großes Problem."

Und vor einer weiteren Fehleinschätzung warnt Integrationsbeauftragter Peter Warbanoff: "Deutsch ist wichtig, aber man sollte nicht der Illusion erliegen, dass damit alles erledigt ist." Gerade in Wohnanlagen seien es oft banale Sachen wie Müll, Lärm und Hausordnung, die verärgern. Die Ursache seien hier nicht multikulturelle Probleme. Warbanoff verwies auf ein Pilotprojekt in Innsbruck für Hausmeister, dessen Erkenntnisse man nun auch in Wörgl umsetzen wolle.

Trotz vieler Probleme und Herausforderungen dürften nicht die guten, bereichernden Seiten einer multikulturellen Gesellschaft übersehen werden. "Wir sollten auf die Fähigkeiten der Menschen vertrauen, dass ein gedeihliches Miteinander möglich ist", lädt IGZ-Obfrau Irmgard Moritz alle ein, offen aufeinander zuzugehen. Keine Alternative dazu sieht Bürgermeisterin Hedi Wechner: "Wir sitzen alle in einem Boot - und wir laden alle ein, mitzurudern."