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Deponiebesichtigung am 30. März 2011

 

 

  

Die Mülldeponie Riederberg war von 1991 bis 2007 in Betrieb. Bis die chemischen Reaktionen im Inneren der Faulgasdeponie abgeschlossen sind, werden weitere 30 bis 50 Jahre vergehen. Zur Information über die laufende Nachsorge fand am 30. März 2011 ein Lokalaugenschein auf der Deponie statt, bei dem Stilllegungs-Projektleiter DI Martin Rottler - im Bild rechts mit Bürgermeisterin Hedi Wechner und Wörgls Stadtbauamtsleiter Dr. Peter Egerbacher - ausführlich über die bisher durchgeführten Maßnahmen informierte.

Sickerwasserreinigung bereitete Probleme

Grund für den Wunsch der Stadtführung nach Besichtigung der still gelegten Deponie waren erneut aufgetretene unzumutbare Geruchsbelästigungen für die Deponieanrainer in Bruckhäusl, die im Herbst einsetzten und im Jänner und Februar Spitzenwerte erreichten. Im Oktober 2010 übernahm das Land die Sickerwasserbehandlung von der Grazer Abwasserreinigungsfirma  Rotreat GmbH. Das Unternehmen, in dem mit Michael Schöffel der Sohn des ehemaligen Deponieeigentümers Geschäftsführer ist, führte aufgrund geltender Verträge die Sickerwasserbehandlung auch nach Stilllegung des Deponiebetriebes weiter. Nachdem dieser Vertrag im Juni 2010 auslief, schrieb das Land die Dienstleistung neu aus und vergab die Arbeiten vorübergehend an die Firma Wehrle Umwelttechnik.

Seither trat eine Reihe von Problemen auf. "Wir haben sozusagen ein gebrauchtes Auto gekauft, und dann ist fast täglich etwas kaputt gegangen", schildert DI Rottler die Ursache der auftretetenden Probleme, die dazu führten, dass über Wochen nur mehr ein notdürftiger Betrieb möglich war, der schließlich für zwei Wochen ganz ausfiel: "Grund war, dass die Platine der Steuerungsanlage durchgebrannt ist." Das Auftreiben von Ersatzteilen für die alte Anlage war schwierig, verzögerte sich auch durch den gesetzlichen Auftragsvergabe-Modus der öffentlichen Hand, nach dem Auftragsvergaben erst nach dem Einholen mehrerer Angebote erfolgen. Defekte legten nicht nur die Sickerwasserbehandlung zeitweise lahm, auch beim Biofilter kam es zu einem Ausfall, nachdem ein Elektromotor ausfiel. Dessen Vibrationen scheuerten Kabel durch. "Es hat sich gezeigt, dass die Wartung und Instandhaltung der Anlage nicht entsprochen hat. Im Zeitraum von sieben Wochen wurde die gesamte Anlage erneuert, wir sind am Stand von 2009", erklärte Rottler und wies auf das laufende Vergabeverfahren für die Sickerwasserbehandlung hin.

Die Ausschreibung wurde zwei Mal von der Fa. Rotreat beeinsprucht, beim 3. Mal habe es keinen Einspruch gegeben. Die Angebotsfrist ist bereits abgelaufen, jetzt prüfe das Land die eingelangten Angebote. Mit der Vergabe rechnet DI Rottler nach Ostern und ab 1. Jänner 2012 soll eine komplett neue Anlage die Sickerwasserbehandlung bewerkstelligen. Dabei soll das künftig billiger und aufgrund eines anderen Verfahrens auch mit weniger Chemie-Zusätzen möglich sein, wobei vor allem der Wegfall von Schwefelsäure zur Abwasserbehandlung eine Gestankquelle elminieren könne. Die bestehende Umkehrosmoseanlage des Landes soll für den Notfall bestehen bleiben.

  

Um schneller bei Störfällen reagieren zu können, wurde eine elektronische Überwachungsanlage, die auch über Internet bedient werden kann, installiert. DI Rottler demonstrierte die Funktionsweise.

Nachsorge und neue Online-Überwachung

Nach dem Konkurs des Deponiebetriebes und Einstellung der Müllanlieferung 2007 musste sich das Land Tirol um die Nachsorge kümmern. Der Masseverwalter des Konkursverfahrens gab noch das Stilllegungsprojekt beim Ingenieurbüro Passer & Partner in Innsbruck in Auftrag, nach dem seit dem Frühjahr 2008 das Baubezirksamt Kufstein unter der Projektleitung von DI Martin Rottler dieses umsetzt.

Seither wurden zusätzliche Gasbrunnen zur Absaugung des Deponiegases errichtet. Das entfeuchtete Gas wurde ursprünglich über eine Gasfackel verbrannt, mittlerweile befeuert es zwei Blockheizkraftwerke mit einer Leistung von 360 kW, die täglich den durchschnittlichen Jahresstromverbrauch eines Einfamilienhauses produzieren. Durch die Gasabsaugung mit 0,25 Bar Unterdruck werde das gesamte Deponiegas erfasst, so Rottler.

Das Sickerwasser gelangt in die Umkehrosmose-Reinigungsanlage. Das dabei anfallende Konzentrat muss mit Tankwagen entsorgt werden und wird als Sondermüll verbrannt. Das gereinigte Abwasser rinnt konstant übers Kanalsystem in die Kläranlage Kirchbichl, wobei die Schmutzfracht weniger als die Hälfte von üblichem Abwasser sei. Nachteil der Umkehrosmose sei, dass geruchsintensiver Schwefel für den Betrieb benötigt werde. Der entstehende Schwefelwasserstoff riecht wie faule Eier und trägt zur Geruchsbelastung bei.

Die Abluft aus der Sickerwasserreinigung wird über einen Biofilter abgeleitet. Auch hier kam es zu Betriebsproblemen. Ursprünglich wurde das Filtermaterial nur einmal jährlich gewechselt, jetzt wird vierteljährlich ausgetauscht und mit der Vorschaltung eines Schwefelwäschers soll künftig eine weitere Verbesserung erreicht werden.

Die Sickerwasserreinigung verursacht die meisten Kosten bei der Nachsorge, für die ein Jahresbudget von 2 Millionen Euro bereitsteht. Seit dem das Land diese übernommen habe, seien die Kosten von 67 Euro pro Kubikmeter auf 50 bis 55 Euro pro Kubikmeter gesunken, informierte Rottler. Die Kostensenkung sei auch auf eine Reduzierung des Sickerwasseranfalles zurück zu führen.

Um möglichst viel Oberflächenwasser abzuleiten, wurden zu Beginn der Stilllegungsphase im südlichen Deponiebereich Aufschüttungen durchgeführt. "Dadurch konnte die Sickerwassermenge von 30.000 Kubikmeter im Jahr 2007 auf jetzt 23.000 bis 24.000 Kubikmeter jährlich verringert werden", erklärte Rottler.

Als Neuerung verfügt die nun dem Land eigene Sickerwasserreinigungsanlage sowie die Gasentsorgung über ein elektronisches Überwachungssystem, das auch einen Fernzugriff auf die Steuerung von autorisierten Personen mittels Programm-Stick und damit kürzere Reaktionszeiten bei Störungen ermöglicht. Die Anlage kostete 165.000 Euro netto.  

Zur Nachsorge zählen weiters regelmäßige Messungen, wobei die Deponieoberfläche hinsichtlich Gasaustritten ebenso überwacht werde wie das Abwasser. Bei den halbjährlichen FID-Messungen seien bisher keine über Grenzwerten liegende Emissionen gemessen worden. Wenn punktuell an Setzungslinien erhöhte Werte auftreten, reagiere man mit zusätzlichen Aufschüttungen.

Die Stilllegungsphase wird übrigens noch Jahrzehnte dauern. "Man geht von 30 bis 50 Jahren aus, bis die organischen Bestandteile in der Deponie abgebaut sind. Dann kann eine Endabdeckung aufgebracht werden", erklärte Rottler.

   

Das elektronische Überwachungssystem visualisiert die Vorgänge und schlägt Alarm, wenn Störungen auftreten.

    

Die elektronische Überwachung erleichtert die Fehlersuche, wenn beispielsweise durch Setzungen in der Deponie Gasleitungen beschädigt werden. Je nach Eintrag bestehen unterschiedlich aktive Zonen in der Deponie, wobei im unteren, älteren Bereich die Gasbrunnen bereits "kalt" sind. Das meiste Faulgas entsteht im jüngeren Deponiebereich - im Bild Mitte sind dort die Gasbrunnen rot eingezeichnet. Bild rechts: Das abgesaugte Deponiegas wird entfeuchtet und in zwei Blockkraftwerken zu Strom verarbeitet.

    

Während der Besichtigung zeigte die elektronische Überwachung eine Betriebsstörung beim Biofilter an, der auch gleich nachgegangen wurde (Bild links und Mitte). Die neue Sickerwasser-Reinigungsanlage soll auf dem Schotterplatz unterhalb der bestehenden Anlage errichtet werden.

   

Wörgls Umweltreferent GR Richard Götz (Bild rechts Mitte) interessierte sich für Messwerte und Wirkungsgrade der Reinigungsanlage und kritisierte mangelnden Informationsfluss seitens der Behörde. Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner bestätigte ebenfalls, dass sich viele Betroffene schlecht informiert fühlten und dass die Einwände der Anrainer aufgrund des Gestanks berechtigt waren.