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BIN - Beratung bei Glücksspielsucht für Betroffene und Angehörige

„Rein statistisch sind im Bezirk Kufstein rund 1.000 Menschen glücksspielsüchtig und nach neuesten repräsentativen Umfragen ist das Problem noch größer als angenommen, vor allem auch bei Jugendlichen“, erklärt Univ.Prof. Dr. Christian Haring (rechts im Bild), der täglich am Landeskrankenhaus in Hall sowie an der Uni-Klinik in Innsbruck mit Abhängigkeitskranken arbeitet.

Während im klassischen Spielcasino Spielerschutz bereits ein Thema ist, ortet Christian Haring, Obmann des Vereins BIN, die Ursache für den Anstieg des Suchtverhaltens in Spielautomaten, Wettbüros und immer mehr versteckten und anonymen Spielmöglichkeiten im Internet. Besonders kritisiert er die Spielautomaten. „Die Exekutive kann aufgrund unklar formulierter Gesetze oft nicht einschreiten, und wenn, wird sie von den Spielanbietern mit Amtsmissbrauchsklagen eingedeckt“, so Haring. „Viele Automaten sind durch das Gesetz nicht erfasst, etwa wenn der Spieleinsatz über 50 Cent liegt. Hier braucht es klarere Regelungen.“ Ein Verbot der Automaten sei nicht die Lösung, da das ein Abdrängen in die Illegalität bedeute. Haring würde die Programmierung der Automaten ändern, die derzeit das Suchtverhalten fördere: Niedrigere Einsätze, längere Spieldauer, ein Verbot von Fast-Gewinnen würden das Spielverhalten positiv beeinflussen.
 Zudem regt er bessere Information über die Gefahren des Glücksspieles, Präventivprogramme an Schulen, bei bestimmten Spielen ein höheres Alterslimit, strengere Einsatzbeschränkungen, deutlichere Warnhinweise und ein Werbeverbot an. „Wenn Glücksspiele legitimiert sind, müssen auch therapeutische Hilfsangebote geschaffen und finanziert werden“, fordert Haring weiter.
 „Meist kommen Betroffene durch den Druck von Angehörigen, durch Schulden oder Arbeitsplatzverlust und oft tritt die Spielsucht in Kombination mit anderen psychischen Erkrankungen oder Störungen wie Alkohol- und Nikotinsucht auf“, erklärt Josef Obermoser, BIN-Berater in Wörgl (im Bild rechts). Häufig betroffen seien Jugendliche, oft mit Migrationshintergrund und aus unteren Bildungsschichten, die allerdings nicht in die Beratungseinrichtung kommen.
Die Spielsucht fällt lange nicht auf - bis Familie, Beruf und andere Interessen werden völlig in den Hintergrund gedrängt werden. „Zum Schluss kommt es zu regelrechten Spielexzessen, zu Verschuldung, Selbstmordgedanken und Kriminalität,“ schildert Obermoser die Auswirkungen der Spielsucht. Da werden Grundstücke verkauft, Vermögen verspielt -  Spielsüchtige haben im Schnitt 50.000 Euro Schulden. „10 bis 15 % unserer Klienten sind spielsüchtig “, so Obermoser, der jährlich zwischen 15 und 30 Betroffene betreut. Die Beratung beinhaltet auch die Vermittlung zur Schuldnerberatung oder in therapeutische Angebote wie die Spielergruppe Innsbruck.
 Christian Haring sieht derzeit fehlende Nachsorgestrukturen wie regionale Gruppen. Suchterkrankungen haben immer mit anderen psychischen Problemen im Hintergrund zu tun, das bedeute eine längerfristige Therapiedauer. Für Spielsüchtige brauche es wie bei der Alkoholsucht Nachsorgegruppen, die ebenfalls nach dem REHA-Gesetz finanziert werden sollten, wofür derzeit die gesetzliche Basis fehle.
Der Verein BIN   – Beratung, Information und Nachsorge bei Abhängigkeitskrankheiten bei Alkohol-und Medikamentenabhängigkeit sowie Spielsucht ist Anlaufstelle für Betroffene und ihre Familien, betreut in Tirol rund 1.000 Klienten und bietet im Psychosozialen Zentrum in Wörgl im Citycenter in der Bahnhofstraße 42a seinen Beratungsdienst an. Die PSZ-MitarbeiterInnen fungieren als Brückenbauer: „Immer wieder stoßen wir auch im aufsuchenden Dienst in der Tagesstruktur von Klienten auf Spielsucht und vermitteln dann zu den Fachleuten“, erklärt Carmen Schwinghammer, Sprecherin des Psychosozialen Zentrums, das weiters den Psychosozialen Pflegedienst PSP, den Verein Suchtberatung Tirol und den Verein vaget für Übergangspflege beherbergt. Weitere Infos zu BIN bei Josef Obermoser unter Tel. 05332/7051110.