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Premiere von "Franziskus - der Narr Gottes" am 27. Juni 2012 am Rattenberger Schlossberg

Naturliebhaber und Tierfreund - dieses Klischee haftet heute an Franz von Assisi. Unberechtigt - meint der Tiroler Dramatiker Felix Mitterer, der sich im Auftrag der Volksschauspiele Ötigheim intensiv mit der historischen Persönlichkeit des Giovanni Bernardone befasste. 2008 füllte dann "Franziskus - der Narr Gottes" mit rund 500 Mitwirkenden als Freiluft-Spektakel die größte Freilichtbühne Deutschlands, 41.000 Zuschauer sahen das dreieinhalbstündige Schauspiel des Theatervereins, der von einem Pfarrer gegründet wurde und sich bis heute "kulturpolitisch-christlicher" Inhalte verpflichtet fühlt.

Die Aufgabe von Regisseur Pepi Pittl bestand nun darin, dieses Werk für die Rattenberger Besetzung mit 44 Darstellern und einer gekürzten Spielzeit zu komprimieren. Getragen wird das Stück von der charismatischen Franziskus-Figur, deren Rolle mit bewunderswertem Einsatz Heinz Auer übernimmt. Er meistert auch die Herausforderung, ohne elektrische Verstärkung in leisen Szenen die verletzliche Seite des Rebellen zu zeigen. Franziskus als "demütigsten Revoluzzer, den es je gegeben hat" - das wollte Autor Felix Mitterer in den Mittelpunkt stellen. Franziskus sei nach Jesus Christus der Radikalste in dessen Nachfolge, besitzlos, friedfertig und hilfsbereit für Arme und Schwache. Franziskus rebellierte gegen Gesellschaft und Kirche nicht mit verbalen Angriffen, sondern durch sein Tun.

Was nicht heißt, dass Franziskus nichts zu sagen hat - im Gegenteil. Vieles trifft noch heute, seine Botschaft ist aktueller denn je. Ob die gewählte Darstellungsform, die an die alte Aufführungstradition von Passionsspielen erinnert, das heute zu vermitteln vermag, ist Geschmackssache.

Felix Mitterer nähert sich Franziskus mit großem Respekt, sieht ihn nicht in der Rolle, die ihm die Kirche im Laufe der Jahrhunderte zugewiesen hat. Ein Leben in freiwilliger Besitzlosigkeit, ohne Vorgesetzte, ohne institutionelle Strukturen - damit stieß Franziskus immer wieder an Grenzen, auf Widerstand, dem er gewaltlos begegnete. Er ging seinen Weg schließlich kompromisslos allein zu Ende - lehnte die ihm übertragene Verantwortung für den Orden ebenso ab wie materielle Geschenke. Er will frei sein, "der Narr Gottes bleiben": "Der Narr sagt die Wahrheit - die Theologen wissen nicht, was Wahrheit ist - deshalb schreiben sie so viele Bücher." Romantische Schwärmerei oder realistisches Lebenskonzept? Franziskus Vorstellung von der Gemeinschaft der "Minderbrüder" scheitert.

Spieltermine bis 4. August 2012

Im professionell agierenden Laienschauspielerteam der Schlossbergspiele stehen mit Hauptdarsteller Heinz Auer bewährte Darsteller wie Werner Klikova und Claudia Lugger als Franziskus Eltern auf der Bühne, als Clarissinen-Ordensgründerin und Franziskus´ Jugendliebe Clara Tanja Morak, als Mitbrüder Alois Beck, Bernhard Schrettl, Otto Naschberger und Bühnen-Neuzugang Othmar Haller. Als Bischof Guido bringt Hans-Peter Teufel sein exzentrisches Talent ein, Wolfgang Niedermayr schlüpft in die Rolle des Pfarrers von San Damiano und als Vatikan-Belegschaft fungieren Wolfgang Oehm, Ludwig Senn und Alois Fahrner. Am Hof des Sultans residieren Siegfried Läugner als Sultan und David Kronsteiner als Korangelehrter. Etliche Nachwuchsspieler sind in ihren ersten Sprechrollen zu sehen, gleich mehrfach besetzt ist etwa Lukas Wimmler, u.a. als Ausrufer und Aussätziger.

Gespielt wird die österreichische Erstaufführung von "Franziskus - der Narr Gottes" bis 4. August 2012, Beginn ist jeweils um 21 Uhr, an folgenden Tagen: 2.,3.,4.,7.,8.,9.,10.,17.,18.,19.,20.,24.,25.,26.,30.,31.Juli sowie am 1.,2.,3. und 4. August. Kartenvorverkauf Tel. 05337/93570 oder 93571 sowie online www.schossbergspiele-rattenberg.at
Bühnentelefon für Wetterfragen ab 19 Uhr 05337-64818.
 

 

Premierenpublikum am Schlossberg: Unter den Gästen waren u.a. Gerhard Franz Brucker, Spielleiter und Regisseur der Franziskus-Uraufführung der Volksschauspiele Ötigheim im Jahr 2008 (Bild Mitte) und treibende Kraft hinter der Entstehung des Stückes sowie Autor Felix Mitterer und Regisseur Pepi Pittl, die eine langjährige Zusammenarbeit verbindet.

21 Uhr - es regnet. Mit Humor nahmen es Bezirkshauptmann Dr. Christian Bidner (Bild Mitte) und Kultur-Landesrätin Beate Palfrader (rechts im Bild rechts), beide im "Tiroler Wasserkraft-"Regenmantel. Schlossbergspiele-Obfrau Claudia Lugger begrüßte als weitere Ehrengäste u.a. Landeshauptmannstellvertreter Hannes Gschwentner, Landtagspräsident a.D. Helmut Mader, Dr. Thomas Juen von der Kulturabteilung des Landes Tirol, Rattenbergs Bürgermeister Franz Wurzenrainer und Stadtpfarrer Dieter Reutershahn sowie die Bürgermeister von Kundl, Anton Hoflacher und Kramsach, Manfred Stöger.

21 Szenen aus dem Leben von Franziskus - beginnend 1202 - erzählen die Biografie des Heiligen Franziskus, seinen Wandel vom reichen Kaufmannssohn zum besitzlosen Nachfolger Jesu. Nachzulesen gibt es die historischen Daten dazu im umfangreichen Programmheft.

Franziskus trifft in Ägypten beim Sultan (Bild links) auf einen Korangelehrten. Wieder in Assisi stellt er fest, dass sich seine Bruderschaft während seiner Abwesenheit verändert hat (Bild Mitte) und von der Amtskirche vereinnahmt wird. Die Heilung eines Aussätzigen (Bild rechts) zählt zu den Wundern, die dem Heiligen zugeschrieben werden.

Franziskus gilt als Begründer der christlichen Weihnachtskrippe (Bild links). Am Ende seines Lebens verfasste er, schon schwer krank, seinen "Sonnengesang" als Lobpreis auf die Schöpfung, zog sich zurück und distanzierte sich vom Orden. Über 60 Personen sind vor und hinter den Kulissen an der Produktion beteiligt - besonderen Applaus erhielt Ria Mair, die seit mehr als 38 Jahren für Kostüme und Requisiten verantwortlich ist. Sie hat für 35 Produktionen wahre Stoffberge verarbeitet und wurde heuer anlässlich ihres 80. Geburtstages zum Ehrenmitglied der Schlossbergspiele ernannt.

Ria Mair schneiderte wieder die Kostüme, Waltraud Pauli war für Requisiten verantwortlich und fertigte u.a. das San Damiano-Kreuz (Bild links). Bild Mitte: Ria Mair mit Franziskus-Darsteller Heinz Auer und Schlossbergspiele-Obfrau Claudia Lugger, im Stück Franziskus Mutter. Bild rechts: Regisseur Pepi Pittl, Gerhard Franz Brucker aus Ötigheim, Autor Felix Mitterer.

  

Premierengäste aus Kufstein mit Hans-Peter Teufel, dem Darsteller des Bischof von Assisi (2.v.l. im Bild links): WKO-Leiter Dr. Bruno Astleitner, Klaus und Hildegard Reitberger (von links). Voneinander angetan: Felix Mitterer und der Hopfgartner Dialekt-Rapper John Dere von Rebel Musig, deren Debut-Album "Radio Freie Mittelstation" Mitterer im Rahmen einer Ö1-Sendung vorstellte.

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