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Philosophisches Café in Kufstein mit Rupert Mayr übers Bienensterben

Auf großes Publikumsinteresse stieß das philosophische Café in der Kunstveranda Kufstein mit dem Referenten Rupert Mayr am 5. Februar 2013.

Schon als Bergbauernbub in der Wildschönau entdeckte Rupert Mayr seine Liebe zu zwei Dingen - zu den Bienen und zum Lehrerberuf. Und beides bestimmte sein bisheriges Wirken, bei dem er Beruf mit Berufung verbinden konnte und mit seiner Begeisterung Jung und Alt nach wie vor ansteckt. Sein Weg zur Imkerei führte über die Grundausbildung an der LLA Rotholz 1965 und über die mehrjährige Praxis in steirischen Imkereibetrieben. Seit 1976 ist er selbst Imker, betreibt seit 1978 die Königinnenzucht, baute 1980 sein Bienenhaus und wandert im Sommer mit seinen Völkern auf die Schönanger Hochalm in der hintersten Wildschönau.

"So wie es den Bienen geht, so geht es auch den Menschen", stellte der sensible Naturbeobachter einleitend fest und schilderte die Ursachen, die im Laufe der Jahrzehnte den Bienen das Leben immer schwerer machten. Begonnen vom Import der Varoa-Milbe bis zur modernen Argrarwirtschaft, in der es keine blühenden Blumenwiesen mehr gibt und damit der Lebensraum für die überlebenswichtigen Insekten schwindet. "Bienen brauchen Blütenvielfalt", so Mayr, und das vom Frühjahr bis zum Herbst.

Hinsichtlich des Einsatzes von Spritzmitteln differenziert Mayr. Während Kupfer-Paraffin-Spritzungen in Obstkulturen den Bienen nicht schaden würden, käme gerade in Gärten ein Giftcocktail von Spritzmitteln zum Einsatz, der für die Bienen eine akute Bedrohung darstelle. So beobachtete er bei seinen eigenen Völkern ein Bienensterben, nachdem ein Nachbar seine Rosen mit Spritzmitteln behandelt hatte und dabei zu wenig auf das "Kleingedruckte" achtete. "In Österreichs Gärten werden viele Tonnen Spritzmittel versprüht. Heute ist man beim Grundkauf verpflichtet, vorher eine Bodenuntersuchung durchzuführen", so Mayr, der auf ein Beispiel aus der Wiener Gegend verwies: "Dort wurde eine Schrebergarten-Siedlung aufgelassen und die Gärtner dachten, sie hätten wertvollen Humus zu verkaufen. Nach der Bodenanalyse musste dieser als Giftmüll entsorgt werden."

Zu den gefährlichen Spritzmitteln zähle auch Streptomycin, das gegen den Feuerbrand eingesetzt wird. Doch die Genehmigung dazu haben nur 23 Erwerbsobstbauern in Tirol und diese müssen einen Tag vor Ausbringung die Imker informieren, die dann die Bienenvölker wegbringen. Mayrs Appel lautet, auf chemische Spritzmittel gänzlich zu verzichten, was auch für Unkrautvernichtungsmittel wie Roundup von Monsanto gelte - das sei "die reine Katastrophe".

Ein Zusammenhang zwischen Bienensterben und Maisanbau wurde 2011 bereits wissenschaftlich nachgewiesen. Das verwendete Gift gegen den Maisschädling reichert sich im Boden an und wirkt auch dann noch tödlich für die Honigsammler, wenn kein Mais mehr angebaut wird und Bienen auf der Brache weiden. Derzeit laufe eine Kampagne zum EU-weiten Verbot der Neonikotinoide, was leider 2013 nicht mehr durchsetzbar sei, da das Gift schon tonnenweise von der Industrie verteilt wurde. 

Was die Auswirkung von Handystrahlung angeht, testete Rupert Mayr diese selbst mit einem Experiment: Er legte sein Handy einen halben Tag lang auf drei gleich starke, nebeneinander stehende Ableger. Dann öffnete er der Reihe nach die Bienenstöcke wie immer und musste bei jenem, der der Handystrahlung ausgesetzt war, flüchten - so aggressiv sei das Volk gewesen. Alle drei Ableger waren mit Geschwister-Königinnen bestückt. Nach 10 Tagen war im Bienenstock, auf dem das Handy gelegen hatte, keine Königin mehr da. Es müsse noch mehr Versuche geben, aber für Mayr steht fest, "dass die Bienen unter der Strahlung leiden".

Hilfe für die Bienen

"80 % unserer Kulturpflanzen werden von Bienen bestäubt", machte Mayr die Bedeutung der Bienen für das Überleben der Menschheit klar und hatte eine eigene Interpretation des Einstein-Zitates "Vier Jahre nach den Bienen stirbt auch der Mensch" parart: "Damit dürften vier Pflanzen-Generationen gemeint sein." Wissenschaftlich nachgewiesen ist mittlerweile, dass die Bienenbestäubung wesentlich für die Keimkraft der Pflanzen sei. Sie entstehe durch das Betriller der Blüten durch die Bienen. Fällt das weg, sei nach vier Generationen keine Keimkraft mehr gegeben. Zu glauben, der Mensch könne mit Pinseln die Bienen ersetzen, sei ein Irrglaube.

"Honigbienen hat es schon vor 40 Millionen Jahren gegeben - und jetzt ist es soweit, dass die Biene ohne den Mensch nicht mehr überleben kann", zieht Mayr seine Schlüsse aus der Entwicklung der vergangenen Jahre. Hoffnung sieht er in der jungen Generation, die wieder mehr auf Selbsthilfe setzt und zunehmend die Zusammenhänge erkennt. Was kann also jeder einzelne tun? Bäume pflanzen - Obstkulturen ebenso wie Weiden, die Bienenfutter im Frühling liefern. Besonders im Frühling sind Blütenpflanzen wichtig: "Im Frühling fliegen Bienen 300 Meter, im Sommer 3 Kilometer." Blütenvielfalt brauchen Bienen während der gesamten Vegetationsperiode.

Mayr initiierte Baumpflanzaktionen, stattete die Landhauptschule Niederndorf mit einem österreichweit vorbildlichen Schulgarten aus und erntete für sein Natur-Schulkonzept mehrfach Auszeichnungen für Nachhaltig- und Umweltfreundlichkeit. 2003 kaufte er mit Unterstützung von Sponsorbeiträgen heimischer Banken 11.000 Krokos-Zwiebeln und verteilte sie an Kinder, um sie mit ihnen gemeinsam im Herbst zu pflanzen. Bienenhilfe und wertvolle pädagogische Arbeit in einem. Wichtiger als abprüfbares Wissen sei es, Kindern die Beziehung zur Natur zu vermitteln. Dass diese mit Begeisterung mitmachen, zeigten viele Ökologprojekte im Schulgarten der Landhauptschule Niederndorf. Mayr leitete fünf Imkerkurse für Kinder, von denen mittlerweile etliche selbst Imker sind. Aus diesen Erfahrungen heraus plädiert Mayr für eine Ökologisierung von Schulen und Kindergärten.

Die Schulung der Imker ist ihm ein ebenso großes Anliegen. Und was den Bienen noch hilft, ist Honig von heimischen Imkern zu kaufen. Was zusätzlich einen gesundheitlichen Aspekt habe, denn nur im heimischen Honig sind Pollen und Inhaltsstoffe unserer Vegetation enthalten, die unserem Immunsystem zu Gute kommen. Wichtig für den Wert des Honigs sei auch dessen Reife bei der Ernte. Mayr: "Die Waben müssen gedeckelt sein, bevor der Honig geschleudert wird." Mayr lieferte dann noch etliche Tipps für den Imker-Alltag, auch was die Bekämpfung der Varoa-Milben betrifft, und bot mit Lichtbildern einen Einblick in die Schulprojekte sowie in die Imkerei.

Die Frage von Grün-GR Andreas Falschlunger, was Kufstein konkret beitragen könne, um gegen das Bienensterben anzugehen, zählte Mayr konkret drei Dinge auf: "Kufstein soll unbedingt die Ökologische Stadt umsetzen. Das Kaisertal soll natürlich erhalten bleiben und es braucht eine Unterstützung der Lehrpersonen für Naturprojekte mit Kindern."