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Beschluss aus dem Wörgler Gemeinderat am 4. April 2013


Als Experte für GmbH-Recht informierte einleitend Christian Fritz (Bild links) über die gesetzlichen Grundlagen. Während einer Sitzungsunterbrechung wurde in Gruppen heftig über die weitere Vorgangsweise diskutiert.

Von den Mandataren der Wörgler Grünen und der FWL wurde bei der letzten Gemeinderatsitzung der Antrag auf Einrichtung eines nicht ständigen Ausschusses gemäß § 24 1 lit. b der Tiroler Gemeindordnung gestellt, den der Wörgler Gemeinderat am 4. April 2013 auf die Tagesordnung setzte und behandelte. Dieser Untersuchungsausschuss sollte das Bauvorhaben Nordtangente, den Auftraggeber (WIG) und die Tätigkeit der verantwortlichen Vertreter der Stadtgemeinde in dieser Gesellschaft unter die Lupe nehmen. Begründet wurde der Antrag mit offenen Fragen.

Zunächst erklärten die fünf Aufsichtsräte aus den Reihen des Gemeinderates ihre Befangenheit und verließen den Sitzungssaal. "Es liegt zwar eine Empfehlung des Stadtrates für den Untersuchungsausschuss vor, aber dessen Sinnhaftigkeit wurde auch von vielen hinterfragt", leitete Bürgermeisterin Hedi Wechner ein und bat den eingeladenen GmbH-Rechtsexperten Christian Fritz um Erläuterung der rechtlichen Schnittstellen zwischen GmbH-Recht und der Tiroler Gemeindeordnung. Wechner betonte zudem, dass im Falle der WIG schon bisher größte Transparenz hergestellt wurde, sämtliche Unterlagen dem Gemeinderat zugestellt und sämtliche Akten zur Einsicht freigegeben wurden. Zudem gab es eine eigene Gemeinderatsitzung zur Aufklärung sowie die Entlastung des Gemeindevorstandes.

Keine rechtlichen Schnittstellen zwischen GmbH-Recht und TGO

"Das GmbH-Gesetz stammt aus dem Jahr 1906 und gehört zum Wirtschaftsrecht im Privatrecht, die TGO ist öffentliches Recht - da gibt es keine Schnittstellen", erklärte Christian Fritz und erläuterte die beiden verpflichtenden Organe der GmbH mit Generalversammlung und Geschäftsführung. Gesellschaftsvertreter der Stadt sei die Bürgermeisterin, und deren Entscheidungen seien auch nicht weisungsgebunden an eine Beschlussfassung im Gemeinderat. Dies wäre unter Umständen sehr hinderlich, wenn rasche Entscheidungen notwendig seien.

Was die Vereinbarkeit von Aufsichtsrat mit Untersuchungsausschuss betrifft, war Christian Fritz´s Einschätzung klar: "Eine GmbH kann einen Aufsichtsrat bestellen und das im Gesellschaftsvertrag festlegen. Wird ein Aufsichtsrat bestellt, hat dieser alle Rechte und Pflichten wahrzunehmen, unabhängig davon, ob er gesetzlich vorgeschrieben oder freiwillig eingesetzt ist. Der Aufsichtsrat ist das Kontrollorgan der GmbH. Das Problem ist nun, dass ein Untersuchungsausschuss in Konkurrenz zum Aufsichtsrat steht." Das bedeute ein Misstrauensvotum für den Aufsichtsrat, er würde in so einem Fall als Aufsichtsrat zurücktreten. Nach GmbH-Recht bestehe die Gestaltungsfreiheit, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, rechtlich sei das zulässig - aber der Aufsichtsrat könne nicht aktzeptieren, dass ein anderes Überwachungsorgan eingesetzt wird. Fritz: "Sie würden sich lächerlich machen. Das wäre an Absurdität nicht zu überbieten. Ein ärgeres Misstrauensvotum gibt es nicht." 

Untersuchungsausschuss rechtlich nicht bindend, der Aufsichtsrat schon

Ein Untersuchungsausschuss hätte nach Einschätzung von Fritz keine rechtliche Bindungswirkung. Wenn eine Untersuchung gewünscht werde, könne diese ein Wirtschaftsprüfer im Rahmen einer Sonderprüfung durchführen. Die Frage von GR Richard Götz, ob im Falle einer liquidierten Gesellschaft die gleichen rechtlichen Voraussetzungen gelten, bejahte Fritz. Die Organe einer GmbH blieben auch während der Liquidationsphase, die bei der WIG noch läuft, aufrecht - und damit das Kontroll-Monopol des Aufsichtsrates. Der Rechtsexperte hält auch nichts davon, mit der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses bis zum Abschluss des komplexen Liquidationsverfahrens zu warten: "Was will man untersuchen, wenn nichts mehr da und der Rechtsträger beerdigt ist?"

Für die Liquidation der WIG läuft derzeit ein aufsichtsrechtliches Verfahren, Ende Februar wurde die Bilanz vorgelegt. Das gesamte Verfahren könne unter Umständen noch Jahre dauern, weil davon eine Reihe von Fristen z.b. nach dem Einkommenssteuergesetz zu berücksichtigen sind. Wenn jetzt ein Untersuchungsausschuss gewünscht wird, könne noch eine Satzungsänderung bei der WIG vorgenommen werden, solange diese nicht liquidiert ist. Statt des Aufsichtsrates könnte dann der Untersuchungsausschuss eingesetzt werden. Wobei es den Aufsichtsrat auf gesetzlicher Basis gäbe, den Untersuchungsausschuss nicht.

"Ich finde nichts Verwerfliches an einem Untersuchungsausschuss, wir haben nichts zu verstecken", meinte Wirtschaftsreferent STR Mario Wiechenthaler und fragte: "Wo machen wir uns da lächerlich?" "Sie fallen dem Aufsichtsrat in den Rücken. Wie das in der Fachwelt ankommt, sei dahingestellt. In Österreich sind Sie damit sicher die ersten", ergänzte Fritz sein Statement.

Mehrheit im Gemeinderat gegen Untersuchungsausschuss

Nach einer Sitzungsunterbrechung mit vielen Einzelgesprächen brachte Bürgermeisterin Hedi Wechner ihre Einschätzung vor, die den Ausführungen des Rechtsexperten Christian Fritz folge leistete. "Im Stadtrat war ich noch für den Untersuchungsausschuss, angesichts der neuen Sachlage spreche ich mich als Gesellschaftsvertreterin dagegen aus. Die SPÖ wird nicht zustimmen und auch keine Vertreter in den Ausschuss entsenden. Der Aufsichtsrat hat gut gearbeitet, ich bin dagegen, dem Aufsichtsrat de facto das Misstrauen auszusprechen", so Wechner, die den Grünen und der FWL anbot, "alles einzusehen und alle Amtssachverständigen einzubeziehen."

Derselben Meinung ist Vizebgm. Evelin Treichl, die für die Bürgermeisterliste Arno Abler ankündigte, ebenfalls keine Vertreter in einen Untersuchungsausschuss zu entsenden. Dieser müsse von fünf Fraktionen mit stimmberechtigten Mitgliedern besetzt sein: "Wir wollen kein Misstrauensvotum gegen den Aufsichtsrat - wir waren froh, dass dieser sehr gute Arbeit geleistet hat."

"Auch wenn der Untersuchungsausschuss abgelehnt wird - ihr habt alle Möglichkeiten der Einsichtnahme", wandte sich Wechner vor der Abstimmung nochmals an jene 7 Mandatare, die  für einen Untersuchungsausschuss eintraten und damit in der Minderheit blieben. Acht Mandatare sprachen sich dagegen aus, einer enthielt sich der Stimme. 

Weitere Berichte zum WIG-Untersuchungsausschuss:

14. November 2012 auf vero-online

28. Juni 2012 auf vero-online

Sondergemeinderat WIG am 12. Juli 2012