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Ausstellung zu 20 Jahre Skulpturenpark Kramsach von Alois Schild in der Hypo Zentrale Tirol in Innsbruck 2013

 

In der Hypo Zentrale in Innsbruck stellt der Kramsacher Bildhauer Alois Schild bis 19. Juli Metallskulpturen anlässlich des 20jährigen Bestehens des Skulpturenparkes Kramsach aus und und präsentierte den neuen Katalog "Skulpturen Panorama Kramsach". Die Vernissage am 26. Juni machte das Musiker-Duo Juliana und Siggi Haider auch zum akustischen Kunstgenuss - sie besichtigten vorab die Skulpturen (im Bild "Unverhoffter Kindersegen") und ließen sich davon inspirieren.

Als "Wehrdienstverweigerer im aktuellen Kunstbetrieb" bezeichnet Gert Chesi den Kramsacher Bildhauer Alois Schild und beschreibt Schilds Wirken so: "Seine unberechenbaren und hellseherischen Metallobjekte strahlen spirituellen Übermut und nichtkommerzielle Zuversicht aus. Es sind alarmierende Lebenszeichen eines weltoffenen und überkonfessionellen Heimwerkers."

Nach mehr als zwei Jahrzehnten konsequenter Arbeit ist der Kramsacher Künstler und Kultur-Netzwerker Alois Schild zur Institution im Tiroler Kunstbetrieb avanciert. Durch sein eigenes Schaffen ebenso wie durch sein weltoffenes Hereinholen von Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt, wie ein Blick in die Chronik des Skulpturenparkes, der sich auf 10.000 Quadratmeter in der Moosau erstreckt und einen 2.000 Quadratmeter großen "Ableger" im Ortszentrum aufweist, sowie der Ausstellungstätigkeit des Kunstvereins der Freunde zeitgenössischer Kunst im Kunstforum Troadkasten in den Ausstellungsräumen im Wohnhaus der Familie Schild zeigt.

Der Kramsacher trat nach seinem Studium  an der Akademie der Bildenen Künste in Wien bei Bruno Gironcoli bei seiner Rückkehr in Tirol 1990 an, um "die Kunst runter vom Sockel, raus aus den Museen, in die Natur und mitten ins Leben" zu holen. Ein Plädoyer gegen die Spießigkeit war ihm angesichts der patriotisch dominierten öffentlichen Skulpturen-Kultur Tirols ein Anliegen. Seinen "ständigen Kampf gegen die Flachheit" mit dem Festhalten an der Kunstform der Skulptur führt er seither unbeirrt weiter und lässt sich seine Kunst "nicht auf Euro-Paletten-Format" schrumpfen. Die Skulptur sei schwieriger zu handhaben als andere Kunstformen - sie kann nicht "billig konsumiert" werden.  Schild wehrt sich gegen das "Konsumiert werden" und das "Dasein als Designobjekt" - vielmehr will er Denkanstöße liefern und Nachdenkprozesse in Gang setzen. Der Rost ist ihm dabei zum geschätzten Wegbegleiter geworden: "Rost ist eine wunderbare Eigenschaft - das Material verändert sich mit der Natur, bleibt lebendig" -  und ist ein Kontrast zur glatten, technologischen, modernen Formensprache. Schild hat den Rost salonfähig gemacht. Der Bildhauer vermittelt seine gesellschaftskritischen bis hintergründigen Botschaften auch mit den phantasievollen Titeln seiner Werke - oftmals Wortschöpfungen mit gewichtiger Aussage, wie auch seine aktuellen Arbeiten am Hypo-Marktplatz wieder zeigen.

Von links: Juliana Haider, Brigitte Schild und Siggi Haider. Die Ausstellung am Hypo-Marktplatz beinhaltet erstmals Schwemmhölzer und entwurzelte Sträucher - sie wurden beim Hochwasser Anfang Juni 2013 von der Brandenberger Ache angespült und von Alois Schild als Erinnerung an "die ständige Bedrohung unseres Lebensraumes durch die Kräfte der Natur" in die Objekte integriert, sowie wie hier im 2. Bild v.l. in der Skulptur "Einfallsloses Erfolgsmodell." 3. Bild v.l.: "Ahnungsloses Himmelszelt (das Pyramidenspiel)". Bild rechts: "Wellblechkathedrale (Modell für ein Gotteshaus in den Favelas)".

Zur Erfolgsbilanz der über Jahrzehnte gewachsenen und gepflegten Kramsacher Kunst-Szene zählt auch, dass es gelungen ist, Kunst mit Qualität in der Region zu zeigen und damit internationale Aufmerksamkeit zu erlangen. "Kramsach war dafür Vorreiter", freut sich Schild und sieht im großen Besucherzustrom zu den Aktivtäten des Kunstvereins den eingeschlagenen Weg bestätigt. Der Kunstverein zählt rund 200 Mitglieder. Hier hat sich eine kunstinteressierte Kommunity gefunden, die mit bescheidenen finanziellen Mitteln (9.000 Euro Jahressubvention vom Land Tirol und weitere 9.000 Euro Spenden-, Mitglieds- und Sponsorenbeiträge) Außergewöhnliches bewegt. Dank der Mithilfe eines ganzen Netzwerkes aus Unterstützern und Sponsoren aus dem privaten Bereich sowie jahrzehntelang aufgebauter guter, vertrauensvoller Kontakte in die Kunstszene. Sonst wären Ausstellungen mit Werken von Bruno Gironcoli, Franz West und Erwin Wurm in Kramsach wohl nicht möglich gewesen, betrug der Versicherungswert bei der West-Ausstellung allein 1,6 Millionen Euro und bei der Wurm-Ausstellung 1,2 Millionen Euro. Auf der Wunschliste steht jetzt noch ein ganz Großer der österreichischen Kunst-Szene: Walter Pichler.

Standen vor 20 Jahren noch die Objekte selbst im Mittelpunkt der Botschaft des Kramsacher Kunstbetriebes, so hat sich diese von der Kunst hin zu gesellschaftlich brisanten Themen geöffnet. "Die Kunst kann gesellschaftspolitische Anliegen weitertragen", ist Schild überzeugt: "Die Skulptur in Erinnerung an die von den Nazis ermordeten Kinder aus Kramsach im Skulpturenpark hat das Thema Euthanasie in Tirol angeschoben." Der Kunstverein übernehme öffentliche Funktionen für das Land und die Gesellschaft. Etwa durch die Schwerpunktsetzung im Ausstellungsbetrieb, Stichwort Frauen und  Minderheiten. Der in Kramsach gepflegte Kunstbegriff geht über den materiellen Ansatz weit hinaus, was auch der neue Katalog verdeutlicht. Er zeigt die vielen verschiedenen Facetten, was Skulptur alles sein kann - bis hin zu Performances. Gesellschaftspolitische Dimension mit Signalwirkung hat auch das mittlerweile gemeinsam mit dem Verein Karibu für Kultur und Sprachen alljährlich veranstaltete interkulturelle Karibu-Fest, bei dem Menschen unterschiedlicher nationaler Herkunft gemeinsam miteinander feiern. Bei ständig wachsendem Zulauf kamen heuer bereits fast 1000 Besucher zum multikulturellen Event.

Dass Kramsach und der Skulpturenpark im Besonderen als Brennpunkt und Kompetenzszene der Kunst ein prädestinierter Ort ist, leitet Alois Schild auch von der Geschichte des Ortes ab, der im Katalog eine ausführliche Darstellung gewidmet ist: Seit über 500 Jahren besteht der Kramsacher Marmorsteinbruch, die Glashütte über 300 Jahre und über Jahrhunderte bestand hier ein Messingwerk. Die alte Industriegeschichte, die Tradition des Ortes habe zur Akzeptanz in der Bevölkerung beigetragen.

 

"Verstörende Begegnung in freier Wildbahn" (Bild links). "Aufwändig zelebriertes Nichts" (2. Bild v.l.) Die Titel sind Alois Schild wichtig - hier bei der Montage des Schildes an der Skulptur "Verkündigungskonserve", die bei der Vernissage als Rednerpult benützt wurde. Die Ausstellung ist bis 19. Juli 2013 von Mo-Do von 8:00 bis 17:00 und freitags von 8:00 bis 15:00 Uhr geöffnet. Weitere Bilder von der Katalogpräsentation hier in der Galerie...

  

Arbeiten des Kramsacher Bildhauers sind in Innsbruck auch im Garten des Restaurants Villa Masianco in der Museumsstraße 24 zu sehen.