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Bürgermeisterinnentreffen am 18. Oktober 2013 in Wörgl

Mit einem Sektempfang im Trauungssaal im Stadtamt Wörgl startete das Programm des Gesamttiroler Bürgermeisterinnentreffens am 18. Oktober 2013. Bürgermeisterin Hedi Wechner begrüßte dazu auch PressevertreterInnen - hier im Bild links beim Interview mit Mag. Andreas Madersbacher - und weitere politische Mandatarinnen der Stadt, die beim Vernetzungstreffen dabei waren.

"Frauen in der Politik, das hat in Wörgl Tradition", betonte Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner bei der Begrüßung ihrer Amtskolleginnen, namentlich Mag. Christine Oppitz-Plörer (Innsbruck), Martina Klaunzer (Gaimberg), Brigitte Lackner (St. Ulrich am Pillersee), Mag. Johanna Obojes-Rubatscher (Oberperfuß), Isabella Blaha (Scharnitz), Theresia Degasperi-Gozzi (Magreid), Maria Anna Gasser-Fink (Klausen), Elisabeth Laimer (Gemeinde Tirol), Dr. Rosmarie Pamer (St. Martin in Passeier), Dr. Romana Stifter-Ausserhofer (Gais) und Angelika Wiedner (Mölten). Aus Wörgl beteiligten sich Nationalrätin Carmen Gartelgruber, Vizebgm. Evelin Treichl, Gemeinderätin Elke Aufschnaiter und Sprengel-Obfrau und ehemals langjährige Vizebürgermeisterin Maria Steiner. Wechner listete zur starken Frauenpräsenz in Wörgl politische Funktionen - der Stadtrat war schon einmal mehrheitlich weiblich - ebenso auf wie geschlechts-unspezifische Besetzungen, in Ausschüssen ebenso wie in der Verwaltung, wo DI Carola Schatz das Finanzressort leitet.

Facts zur Stadt und deren Geschichte bekamen die Bürgermeisterinnen in Form einer Info-Broschüre mit auf den Weg, der zunächst mittels Shuttle-Bus zu den Stadtwerken führte. Dort stellte Geschäftsführer Reinhard Jennewein die Geschäftsfelder des Unternehmens vor, das zu 100 Prozent der Stadt Wörgl gehört und die Versorgungs- und Entsorgungsbereiche Strom, Wasser/Abwasser/Abfall, EDV/Internet, Wärmeversorgung und die Inititiative unsere energie Wörgl umfassen. Die Stadtwerke erwirtschafteten im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 14,27 Millionen Euro.

Erfolgsmodell Wörgler Sonnenscheine

Detaillierter ging Jennewein auf die Energie-Initiative ein, der ein Energieentwicklungsplan zugrunde liegt. Bausteine davon sind die Wörgler Sonnenscheine als Bürgerbeteiligung für Stadtwerke-Kunden. Ein Wörgler Sonnenschein kostet einmalig 900 Euro und ist ein Strombezugsrecht von ca. 450 kWh pro Jahr aus den Solarparks der Stadtwerke für 20 Jahre. "Bisher wurden zwei Sonnenparks umgesetzt, der nächste folgt 2014 mit Eröffnung des neuen Wertstoffhofes. Für die nächsten Sonnenscheine liegen schon 200 Reservierungen vor", berichtete Jennewein. Für die innovative Finanzierungsmethode erhielten die Stadtwerke 2013 den Solarpreis als Tiroler PV-Gemeinde. "Wir sind die Photovoltaik-Hauptstadt Tirols", erklärte Jennewein und wies darauf hin, dass die Sonnenscheine mittlerweile von anderen Gemeinden kopiert werden, u.a. von der Stadt Innsbruck und der Osttiroler Gemeinde Assling. "Die Sonnenscheine kann jeder nachmachen, wir stellen das Know How gerne zur Verfügung."

Energiepark mit Holzgas-Kraftwerk

Ein weltweit einzigartiges Pilotprojekt soll im Energiepark Wörgl enstehen, dessen erste Ausbaustufe mit dem Bau des neuen Wertstoffhofes am Gelände neben der Bellaflora bereits begonnen hat: Holzgas-Kraftwerk wird als Tiroler Innovationsprojekt in Kooperation der Unternehmen Syncraft Engineering und Thöni umgesetzt und soll 550 kW elektrischen und 550 kW thermische Energie liefern. Ein Energiehaus für Veranstaltungen und Messen und ein öffentlich zugänglicher Spielpark zum Thema Erneuerbare Energie runden das Gesamtkonzept ab, das bis 2015 umgesetzt werden soll.

Stadtwärme Wörgl

"Sorglos Wärme" nennt sich das Wärmeversorgungsprojekt der Stadtwerke Wörgl, das zunächst die industrielle Abwärme der Tirol Milch nützt und in ein neu zu errichtendes Fernwärmenetz einspeisen will. "Die Unternehmen Tirol Milch und Egger verbrauchen derzeit die Hälfte des Wörgler Energiebedarfes", erklärte Jennewein die Ausgangslage für die Abwärmenutzung. Da beim Spanplattenwerk die Entscheidung über den langfristigen Bestand des Wörgler Standortes noch offen ist, wurde zunächst die Tirol Milch als Partner ins Boot geholt. "Die Tirol Milch investiert derzeit 22 Millionen Euro in die Erweiterung der Käseproduktion von 10.000 auf 25.000 Tonnen Käse jährlich. Derzeit kommt die in Wörgl verbrauchte Energie zu 80 Prozent aus Öl und Gas. Ein Viertel der Wörgler Haushalte könnte mit dieser industriellen Abwärme versorgt werden", so Jennewein, der als weitere potenziell interessante Partner für Abwärmenutzung die SPAR-Zentrale sowie das Kundler Sägewerk Pfeiffer ins Auge fasst. Die Stadtwerke investieren 10,2 Millionen Euro in den Ausbau des Fernwärmenetzes, der in sechs Ausbaustufen vorgesehen ist. "Sehr viele Kunden sind interessiert, das Echo in der Bevölkerung ist riesengroß", berichtete Jennewein.

Um den Anteil der Eigenproduktion an Strom aus erneuerbarer Energie weiter zu steigern, planen die Stadtwerke das Kleinwasserkraft Egerndorf, das für 2.600 Haushalte Strom liefern soll. Die behördlichen Genehmigungsverfahren laufen, noch vor Weihnachten soll die Wasserrechstverhandlung stattfinden.

In der Diskussion interessierten sich die Bürgermeisterinnen für den Reingewinn der Stadtwerke ebenso wie für die Wasserreserven der Stadt. "Der Nettogewinn der Stadtwerke beträgt jährlich zwischen 1 und 1,5 Millionen Euro und wird zur Hälfte reinvestiert, wir haben eine Eigenkapitalquote von 70 %", so Jennewein. Die Trinkwasserversorgung wird zu 60 % aus Grundwasser und zu 40 % aus Quellwasser gespeist, wobei die Wasserreserven der Stadt für eine Einwohnerzahl von 15.000 bis 16.000 Einwohner ausreichen. Eine weitere Frage betraf die Preisbildung für die Fernwärme. Sie ist nicht an die Preisentwicklung fossiler Brennstoffe wie Erdgas gebunden, sondern setzt sich aus anderen Indikatoren zusammen: "Zu 20 % entscheidet der Verbraucherpreisindex, zu 40 % die Strompreisentwicklung und der dritte Parameter ist der Preis, den wir an die Tirol Milch bezahlen", so Jennewein, wobei die Tirol Milch zur Energiegewinnung ein Hackschnitzelwerk betreibt und zusätzlich Erdgas verwendet.

Stadtwerke-Geschäftsführer Reinhard Jennewein stellte die Geschäftsfelder der Stadtwerke Wörgl vor, präsentierte das Energieentwicklungskonzept und die Wörgler Sonnenscheine, die bei den Bürgermeisterinnen auf reges Interesse stießen.

   

Eine Sonderfahrt mit dem neuen Citybus brachte die Bürgermeisterinnen ins M4, wo in der Kuba-Bar das mehrgängige Mittagsmenü zum Erfahrungsaustausch genutzt wurde.

   

Die Bürgermeisterinnen trugen sich im "Goldenen Buch" der Stadt Wörgl ein. Für die Stadtchronik hielt der neue Chronist Mike Pfeffer den Tag fest, im Bild rechts mit Chefkoch Rupert Steinacher (links abgebildet), der viel Lob für das köstliche Essen erntete.

   

Nachmittags machten die Bürgermeisterinnen beim Besuch des Unterguggenberger Institutes auch kurz im Freigarten Wörgl Station. Veronika Spielbichler, Obfrau des Unterguggenberger Institutes, erläuterte das historische Wörgler Freigeld und die Ansätze von komplementären Währungen und neuen solidarischen Wirtschaftsformen heute.

Wörgler Freigeld als Vorbild

Das historische Wörgler Freigeld-Experiment, mit dem die Gemeinde 1932/33 ein Infrastruktur-Bauprogramm durchführte und damit die Arbeitslosigkeit senkte und die regionale Wertschöpfung steigerte, gilt heute noch an Universitäten weltweit als Beispiel für das Funktionieren einer Zweitwährung. Komplementärwährungen heute sehen sich als Ergänzung zum Euro, sind ein Instrument der Regionalentwicklung, bedürfnisorientiert und zweckmäßig. Sie stärken die Sozialstruktur und eine nachhaltige Wirtschaftsweise.

Das Unterguggenberger Institut wurde 2003 zur Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit betreffend das Wörgler Freigeld und Komplementärwährungen heute gegründet. Der Verein initiierte im Rahmen der Lokalen Agenda 21 das Wörgler Jugendprojekt I-MOTION, das Zeitwertkarten als Komplementärwährung verwendet und Jugendlichen ab 12 Jahren eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bietet. Umgesetzt wird es von der Stadt Wörgl seit 2005. Komplementärwährungen bieten sich gerade auf kommunaler Ebene an, um anstehende Aufgaben bei zunehmend eingeengten finanziellem Spielraum zu bewältigen.

Weitere Bilder vom Bürgermeisterinnen-Tag, der mit einer Café-Jause im Gasthof Sonnblick zu Ende ging, sehen Sie hier in der Galerie...