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ÖIF-Tagung Erfolgsfaktor Bildung am 27.2.2014 im Tagungshaus Wörgl |
Bürgermeisterin Hedwig Wechner begrüßte die TeilnehmerInnen der Tagung Erfolgsfaktor Bildung, an der sie aus terminlichen Gründen dann selbst nicht teilnehmen konnte. Am Podium: Mag. Reinhard Macht vom Land Tirol, Matthias Schwarzmann, Personalverantwortlicher bei SPAR und Studien-Autorin Lisa Fellhofer.
„Wörgl ist österreichweit bekannt für good practice-Beispiele“, erklärte Roland Geiser, stellvertretender Geschäftsführer des Österreichischen Integrationsfonds einleitend, bevor Mag. Lisa Fellhofer Details aus der Studie „Jugend und Migration“ vorstellte. Von den rund 2,3 Millionen Jugendlichen in Österreich im Alter bis 25 Jahren haben 16 % eine ausländische Herkunft, in Tirol beträgt der Anteil 14 %. Unterschieden nach Herkunftsländern führt Deutschland die Statistik vor der Türkei, Serbien und Bosnien-Herzegowina an. Von den 1.154.000 SchülerInnen in Österreich machen jene mit nicht-deutscher Umgangssprache 19,3 % aus, wobei der überdurchschnittlich hohe Anteil in Sonderschulen mit 29,3 % sowie der unterdurchschnittliche Anteil bei AHS mit 15,3 % und Berufsschulen mit 10,6 % auffällt. „Schlechte Sprachkenntnisse sollen kein Kriterium für den Sonderschulbesuch sein – leider hat sich das über die Jahre aber nicht geändert“, kritisierte Johann Gstir, Fachbereichsleiter Integration beim Land Tirol.
Auf den Universitäten machen Studierende mit nicht österreichischer Herkunft 25 % aus, wobei der Großteil davon mit 38 % aus Deutschland kommt, gefolgt von Italien mit 11 % und dem ehemaligen Jugoslawien mit 10 %. Die beliebtesten Fachrichtungen sind Geisteswissenschaften, sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Studien sowie Medizin. 45 % der Jugendlichen mit Migrationshintergrund standen 2011 im Erwerbsleben, bei den Jugendlichen ohne Migrationshintergrund 57 %. Die Arbeitslosigkeit bei ausländischen Staatsangehörigen lag bei 8,7 %, bei österreichischen StaatsbürgerInnen bei 7,4 %.
v.l.: Reinhard Macht, Matthias Schwarzmann, Lisa Fellhofer und Johann Gstir.
Im Vergleich zur österreichischen Studie fühlen sich in Tirol Jugendliche mit Migrationshintergrund weniger gut integriert. Fühlen sich österreichweit 89 % hier zuhause, so ergab die partizipative Tiroler Jugendstudie 2012, dass es hier nur 80 % sind. „Bei dieser Studie beteiligten sich rund 1.000 Jugendliche, 13 % davon mit Migrationshintergrund“, informierte Mag. Reinhard Macht, Fachbereichsleiter Jugend beim Land Tirol. Fellhofers Studie ergab, dass 45 % der ÖsterreicherInnen finden, dass Integration sehr gut bis gut funktioniere – erhob aber nicht, warum 55 % das anders sehen.
Weniger Augenmerk auf die Herkunft von Jugendlichen und mehr auf die Leistung legt die Lebensmittelkette Spar, deren Lehrlingsverantwortlicher für Tirol und Salzburg Mag. Matthias Schwarzmann Einblick in die Unternehmenskultur gab. SPAR bildet mit Österreichs einziger privater Berufsschule, der SPAR-Akademie, jeden zweiten Lehrling im Lebensmittelhandel aus. „Kommunikation ist für alle unsere Mitarbeiter wichtig, wir bieten die Kurse für alle an und unterscheiden bewusst nicht in mit und ohne Migrationshintergrund“, erklärte Schwarzmann und bedauerte, dass es immer schwieriger wird, Jugendliche für die Lehre zu motivieren. Gründe dafür sieht er in der Dominanz der Schulen bei Bildungsmessen ebenso wie in der demografischen Entwicklung. „Wir könnten 140 Lehrlinge ausbilden, haben aktuell aber nur 118“, so Schwarzmann, der anhand praktischer Beispiele aufzeigte, dass bei SPAR Karriere mit Lehre nicht nur ein leeres Schlagwort ist.
Dass fehlende Pflichtschulausbildung dem erfolgreichen Start ins Berufsleben oft im Weg steht, schilderte die stellvertretende AMS-Leiterin Margit Exenberger: „Wir stellen fest, dass es trotz vieler Initiativen Jugendlichen mit Migrationshintergrund oft nicht gelingt, eine Lehrausbildung anzusteuern. Dabei ist die Familie oft ein Hindernis. Wie können wir das Bewusstsein für Bildung erhöhen? Ohne Ausbildung ist Arbeitslosigkeit vorprogrammiert – ein Leben lang!“
Zielgerichtet auf diese Problematik ist das Projekt Elternwissen, das in der Migrationsbevölkerung Bildungsberater ausbildet und Bildungspartys mit Eltern veranstaltet. „Das Ziel ist, über das österreichische Bildungssystem zu informieren und klar zu machen, wie wichtig Bildung ist“, erklärt Klaus Ritzer, Geschäftsführer des Vereins Komm!unity in Wörgl, der mit zahlreichen Projekten Integrationsarbeit auf unterschiedlichen Ebenen leistet. „Wir setzen mittlerweile das fünfte EU-geförderte Integrationsprojekt um“, erklärt Kayahan Kaya, bei Komm!unity Ansprechpartner für Integration. Dazu zählte 2013 das Projekt natürlich.gemeinsam in Kooperation mit Wörgler Vereinen, das mit 65 Veranstaltungen 600 TeilnehmerInnen erreichte und bei der Freizeitgestaltung ansetzte. In Vorbereitung ist die Ausbildung von EnergieberaterInnen mit Migrationshintergrund für den Bezirk Kufstein.
„Wir haben in Wörgl die LEA-Produktionsschule und weitere Einrichtungen, die Jugendliche mit Migrationshintergrund auf dem Weg ins Arbeitsleben unterstützen. Zum Beispiel Qualifair, ein Beratungsangebot des Bfi mit individueller Betreuung Jugendlicher“, erklärt Ritzer und verweist auch auf Angebote für Erwachsene wie die ABC-Cafés für Frauen und Männer. Auch im Jugendzentrum sei das Thema Übergang von der Schule ins Berufsleben präsent.
In der Publikumsdiskussion wurde kritisiert, dass es zu wenig Angebote zum Nachholen des Hauptschulabschlusses gäbe und Mädchen mit Kopftuch keine Chance auf eine Lehrstelle hätten. Konkret darauf angesprochen argumentierte Matthias Schwarzmann, dass bei SPAR das Tragen von Kopftüchern aufgrund der aus hygienetechnisch vorgeschriebenen Berufsbekleidung nicht erlaubt ist. Was aber bis jetzt auch kein Thema gewesen sei: „In acht Jahren gab es nur zwei diesbezügliche Anfragen.“
Mit dem Ergebnis der Tagung nicht glücklich war Kommunity-Obfrau Irmi Moritz, die gern einen Jugendlichen mit Migrationshintergrund auch am Podium gesehen hätte: „Hier wurde viel über Migranten geredet, aber nicht mit Migranten. Nur statistische Zahlen zu wissen ist zu wenig. Wir müssen da ansetzen, warum 55 % finden, dass Integration nicht gut funktioniert.“
Den Abschluss der Tagung bildeten zwei Texte des jungen Wörglers Hannes Blamayer (Bild Mitte), von denen einer bereits beim Poetry Slam zu hören war.Im Bild rechts: Bei der ÖIF-Netzwerktagung – von links: Roland Goiser/stellvertretender ÖIF-Geschäftsführer, Wörgls Jugend- und Integrationsreferent GR Christian Kovacevic, Mag. Lisa Fellhofer/Studienautorin, Mag. Matthias Scharzmann/SPAR, Wörgls Bildungsreferentin Christiane Feiersinger, Mag. Reinhard Macht/JUFF Land Tirol, Komm!unity-Obfrau Irmi Moritz und Komm!unity-Geschäftsführer Klaus Ritzer.