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Seit 120 Jahren sozial engagiert: Der Vinzenzverein Wörgl |
Gleich zwei Sozialheilige treffen sich im Namen: Der Heilige Laurentius, der als Diakon in Rom sich um Arme und Kranke kümmerte und im Zuge der Christenverfolgung hingerichtet wurde. Vinzenz von Paul gründete in Frankreich den Orden der Barmherzigen Schwestern – und die wirkten auch in Wörgl, als 1890 Kooperator Johann Grömer hier seinen Dienst antrat. „Der Kooperator fand in Wörgl eine Problemsituation vor. Durch den Brand der Zellulosefabrik 1885 waren viele Frauen mit ledigen Kindern ohne Einkommen. Um ihnen zu helfen, gründete Grömer mithilfe von Nikolaus Schachtner 1891 den Vinzenzverein mit dem Ziel, einen Kindergarten zu betreiben. Der wurde 1892 bereits eröffnet“, erinnert Kassier Hans Gwiggner an die Anfänge des Sozialvereins, der den Kindergarten in den 1960er Jahren an die Pfarre übergeben hat. Der Name Pfarrkindergarten blieb dann auch erhalten, als er in die Verwaltung der Stadt überging.
Der Kindergartenbetrieb war 1945 auch der Motor zur Neugründung des Vinzenzvereins nach dem 2. Weltkrieg. „Dadurch ging der Kindergarten zurück an die Pfarre“, erklärt Gwiggner, der seither einer der vier Obmänner war – nach Peter Widauer und Heinrich Oberhammer und vor dem seit fünf Jahren amtierenden Obmann Franz Schnellrieder.
Die Hilfe des Vinzenzvereins besteht einerseits in der finanziellen Unterstützung, die in der Regel einmalig als Überbrückungshilfe gewährt wird und andererseits in der Beratung und Vermittlung in Not geratener Menschen. „Wir haben zwar beschränkte Mittel, arbeiten aber mit anderen Einrichtungen wie Pfarre, Landjugend, Caritas, Kiwanis- und Lionsclub oder dem Netzwerk Tirol hilft gut zusammen“, berichtet Schnellrieder. Neben eigenen Einnahmen aus Spenden, der monatlichen Mieteinnahme von 70 Euro für den Kindergarten und Einnahmen aus der Nikolausaktion werden pro Fall bis zu 300 Euro Finanzhilfe aus der Vereinskasse ausgeschüttet, oft in Form von Sachleistungen oder Gutscheinen. Geholfen wird vielfach alleinerziehenden Müttern, wobei der christliche Verein die Hilfe losgelöst vom religiösen Bekenntnis gewährt und zwei Drittel an Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund geht.
Ebenso wichtig wie die Geldspende ist der direkte Kontakt mit den Betroffenen und die vernetzte Arbeit mit anderen Hilfseinrichtungen. „Dadurch bringen wir ein Vielfaches unseres Budgets zu den Leuten“, sagt Schnellrieder. „Wir gehen der Not nach – und dafür habe ich seit der Pensionierung auch mehr Zeit.“ Tatkräftig unterstützt wird er von Hans Gwiggner und Karl Schallhart.
Und was wünscht sich der Vinzenzverein für die Zukunft? „Spenden nehmen wir gerne an – und ein Vernetzungstreffen aller Sozialvereine, die Geld für Menschen in Not zur Verfügung stellen. Um noch effizienter arbeiten zu können“, sind sich Schnellrieder und Gwiggner einig und sehen sich behutsam auch nach neuen Mitgliedern um. Für Interessierte: Die Mitglieder treffen sich vierteljährlich zu Konferenzen, bei denen Informationen ausgetauscht und Spenden gesammelt werden – ganz traditionell mit einem 120 Jahre alten Lederbeutel.