Im Schatten der Bäume vor dem Flüchtlingsheim Landhaus in St. Gertraudi am Eingang des Zillertals stellte sich der neue Förderverein vor, im Bild Mitte die beiden Heimbetreuer Heinz Purkhart (links) und Christine Eder-Haslehner mit Obmann Klaus Gasteiger (Mitte), im Bild rechts mit der talentierten Näherin Rose und ihrem Sohn Laurent aus dem Kongo.

Menschen aus aller Welt, oft mit tragischen Schicksalen,  stranden nach ihrer Flucht in Tirol, das seine Flüchtlingsaufnahmeverpflichtung derzeit nur zu 80 % erfüllt. 60 Menschen aus 24 Nationen im Alter von eineinhalb Monaten bis 56 Jahre leben derzeit im Flüchtlingsheim am Eingang des Zillertales, betreut von Heinz Purkhart und Christine Eder-Haslehner: „Unsere Aufgabe besteht darin, Menschen nach Not, Hunger, Verfolgung und anderen traumatischen Erfahrungen die Menschenwürde zurückzugeben, Respekt zu zeigen und sie mit den österreichischen Strukturen vertraut zu machen.“

 „Wir wollen mithelfen, die Begegnung von Einheimischen und Flüchtlingen zu fördern und dabei Vorurteile abbauen“, erklärt Gasteiger. Es gehe darum, die Wartezeit bis zum Asylbescheid sinnvoll zu gestalten, aber auch um Begleitung danach. Nicht um Politik, sondern um  Strukturen zu bieten wie Lesepatenschaften, Sprachlernunterstützung und gemeinsame Aktivitäten wie Kochen, Sport oder Musizieren.

Dafür sammelt der Verein Geld – Spenden und den jährlichen Mitgliedsbeitrag von 10 Euro - und wirbt um Ehrenamtliche für einen „Kompetenzpool“: „Wir suchen Menschen aller Berufe, die  sich ein bis zwei Stunden pro Woche Zeit nehmen – ob Tischler, Schlosser, Lehrer, Sportler oder Kulturschaffende“, sagt Gasteiger. Tätigkeitsfelder sind weiters Hausaufgabenbetreuung für die Kinder und  Unterstützung im Alltag, etwa Hilfe bei Behördengängen, Übersetzungshilfe oder bei Einkäufen.

Der Vorstand des Vereines „Freundeskreis Flüchtlingsheim St. Gertraudi“ v.l. Christine Eder-Haslehner, Vasap Esen, Christoph Gruber, Heinz Purkhart, Alois Schild, Sabine Monthaler-Hechenblaikner, Bernhard Teißl-Lederer, Karin Friedrich, Klaus Gasteiger. "Wurzeln schlagen": Beim Flüchtlingsheim wurde von zwei Ergotherapeutinnen im Rahmen ihrer Ausbildung mit den Bewohnern ein Gemüsegarten angelegt. Weitere Info: www.betaetigung.weebly.com

Gefragt wäre auch die weitere fachliche Begleitung einer Nähgruppe, die von zwei Ergotherapeutinnen als Projekt im Rahmen ihrer Ausbildung gestartet wurde. „Etwas zu tun ist ein menschliches Grundbedürfnis“, sagen  Miriam Steiner und Elisabeth Weitzhofer, die mit den Flüchtlingen auch einen interkulturellen Garten neben dem Heim betreuen, in dem Gemüse und Kräuter angepflanzt werden.

„95 % der Asylwerber wollen arbeiten“, ist die Erfahrung von Heimleiter Heinz Purkhart, der die VinziHand Beschäftigungsinitiative der Vinzenzgemeinschaft Tirol sehr  begrüßt und Private wie Gemeinden einlädt, die Dienstleistungen im Bereich von Garten-, Reinigungs- und Hausmeisterarbeiten in Anspruch zu nehmen. Private spenden pro Arbeitsstunde 6 Euro, Gemeinden 3 Euro. Die Asylwerber sind versichert, erhalten Lebensmittelgutscheine. Wie enorm wichtig sinnvolle Beschäftigung für die Asylwerber ist, macht Christine mit den Worten eines Betroffenen klar: „Bitte gib mir Arbeit, dann kann ich nachts schlafen.“

Auch die Vorstandsmitglieder des Freundeskreises Flüchtlingsheim St. Gertraudi gehen aktiv ein Stück des Weges mit den Flüchtlingen. Obmannstellvertreter Christoph Gruber sportelt gern und schätzt „das voneinander Lernen“. Kassierin Karin Friedrich, Vizebürgermeisterin von Kramsach, kam durch die Kochkurse in Kontakt und ist jetzt Lesepatin, Schriftführerin Sabine Monthaler-Hechenblaikner verbringt die Zeit mit ihrem Kind gern mit den Müttern, bringt das Umfeld ihrer beruflichen Tätigkeit bei der Caritas mit ein. Bernhard Teißl-Lederer vom Dekanat Fügen/Jenbach, der die Idee zum Verein hatte, engagiert sich u.a. in der Betreuung von Flüchtlingen außerhalb des Heimes und hilft auch weiter, wenn negative Bescheide ins Haus flattern. Alois und Brigitte Schild binden bei ihrer Kulturarbeit bei den Freunden zeitgenössischer Kunst Kramsach und dem Verein Karibu seit Jahren das Flüchtlingsheim ein und sehen Kultur als wichtigen Brückenbauer. Vahap Esen, selbst vor 31 Jahren aus der Türkei eingewandert,  steht Muslimen als Ansprechpartner bei: „Ich war selbst in der Lage und will helfen.“ Und betont, was für alle gültig ist: „Den Menschen zeigen, dass sie mit ihrem Schicksal nicht alleingelassen sind. Es gibt Situationen im Leben, in denen fremde Hilfe sehr wichtig ist.“

Willkommen zum Konzert im Flüchtlingsheim: Beim Ausschank halfen u.a. auch Heimbewohner mit. Bild Mitte: Dr. Martin Seiwald, Obmann vom Kunstverein der Freunde zeitgenössischer Kunst Kramsach, Andrea Trampusch, Kramsachs Vizebgm. Karin Friedrich und Bgm. Klaus Gasteiger, Obmann des Freundeskreises Flüchtlingsheim Landhaus St. Gertraudi beim Smalltalk.

Und wie viel Freude das Miteinander machen kann, erlebten im Flüchtlingsheim am Donnerstag abends  auf Einladung der "Freunde der zeitgenössischen Kunst Kramsach", des "Karibu-Vereins Kramsach" und dem "Freundeskreis Flüchtlingsheim St. Gertraudi" die Besucher des Konzertes „from somewhere ... bis hoam" von Siggi Haider und der „LindenWeGe“, bestehend aus seinen drei Kindern Juliana, Katharina und Raphael. Die etwas andere Haus- und Hochzeitsmusik spielte und sang in verschiedenen Besetzungen nach Werner Pirchners Sonate vom rauen Leben Pop-Hits ebenso wie Volksmusik und Jazz-Standards bis zur afrikanischen Trommel-Session.

Kathi, Juliana und Papa Siggi Haider beim Benefizkonzert, mit wundervoller Stimme: Raphael Haider (Bild Mitte).

Weitere Infos zum Förderverein gibt´s online auf www.fluechtling.org und eine gute Gelegenheit zum persönlichen Kennenlernen des Flüchtlingsheimes beim Spielefest  für 10- bis 14Jährige  „(Foot)Ballista – Ballspielen einmal anders“ am 27. Juni von 14:30 bis 18:00 Uhr, bei dem Ballspiele aus aller Welt gespielt werden.  Weitere Infos und Anmeldung bei größeren Gruppen bei den Veranstaltern: Dreikönigsaktion Kath. Jungschar unter 0512-2230-4662 und Südwind, Tel. 0512-582418.

Siggi Haider & Die Linden WeGe beim Benefizkonzert zugunsten des Freundeskreises Flüchtlingsheim St. Gertraudi, bei dem die Setlist nicht schon vorher feststand, sondern nach dem Zufallsprinzip ermittelt wurde.

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