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Archäologen untersuchen Berglandmilch-Gelände in Wörgl |
Seit 19. Mai 2014 arbeiten die ArchäologInnen des Wörgler Unternehmens Talpa am Gelände östlich der Berglandmilch/Tirol Milch und stießen dabei auf zahlreiche Spuren spätbronzezeitlicher Besiedelung. Bild Mitte und rechts: sehr gut erhaltene Steinschichtungen um Pfostenlöcher, rechts sind noch verkohlte Reste eines Holzpfostens nach einem Brand sichtbar.
Über mehr Funde als erwartet freuen sich Maria Bader und Irene Knoche von der auf Ausgrabungen spezialisierten Wörgler Firma Talpa. Zumal der spätbronzezeitliche Zeitraum von 1.200 bis 800 v.Chr. in Tirol archäologisch noch wenig erforscht ist. "Wir können mindestens zwei Gebäudephasen nachweisen", erklärt Irene Knoche und freut sich über die freigelegten "Bilderbuch-Pfostenlöcher" - so etwas sei ganz selten. Auch der Fund von Hüttenlehm: Das Pech für die Bewohner damals ist das Glück der Archäologen heute. "Hüttenlehm entsteht bei einem Brand und gibt Aufschluss über die Bauweise des Gebäudes", erklärt Knoche. Die Form verrät, ob Blockbauweise oder Flechtwände errichtet wurden. "Üblicherweise waren die tragenden Elemente aus Holz und die Wände wurden aus Flechtwerk hergestellt und mit Lehm gegen Zugluft verkleidet, ebenso wie Blockwände. Hier dürfte eher die Leichtbauweise angewandt worden sein", interpretieren die Archäologinnen den Fund.
"Im Süden konnten wir ganze Häusergrundrisse mit Feuerstellen, Eckpfosten und Balkenauflegern in der Form typischer spätbronzezeitlicher Langhäuser freilegen. Nördlich davon liegt ein nicht bebauter Streifen mit großer Funddichte außerhalb der Häuser. Und im Norden stießen wir jetzt auf massive, dichte Pfostenlöcher. Wozu diese Gebäude verwendet wurden, ist noch nicht klar", erklärt Maria Bader. "Sicher ist, dass das Gelände länger besiedelt war und mindestens zwei Gebäudephasen aufweist. "Wie lange die Besiedelung dauerte, kann erst aufgrund der gefundenen Scherben von Spezialisten festgestellt werden", erläutert Knoche.
Die Funde füllen mittlerweile zwei Kartons und bestehen aus Keramikscherben und Steinwerkzeugen. Die aus Ton hergestellten Gefäße wurden zum Kochen und zur Lebensmittelaufbewahrung verwendet, wobei zwischen mit Mustern verzierter Feinkeramik und größerer Grobkeramik unterschieden wird. Zerbrochene Teile von Steingeräten wurden ebenso entdeckt wie ein Mahlstein, der zum Zerstoßen von Getreide verwendet wurde. Was hingegen spärlich auftauchte, sind Knochen- und andere organische Siedlungsabfälle sowie Bronze, die nur in Form kleiner Splitter im Boden nachweisbar ist. Und auch hier gilt: Was Pech für die Archäologen ist, bedeutet Glück für den Bauern - in der intakten Humusschicht wurden die Siedlungsabfälle so gut wie restlos abgebaut. Und Bronze war einfach zu wertvoll, um liegen gelassen zu werden.
Diese breite Steinschicht (Bild links) inmitten der Siedlung gibt noch Rätsel auf, während andere Steinanhäufungen gedeutet werden: Große Steine als Auflieger für tragende Wandelemente, Steinschichtungen als Unterbau für Wände, um sie vor aufsteigender Feuchtigkeit zu schützen. Anhand der Pfostenlöcher (rechts) kann die Lage der Gebäude und ihre Dimension nachvollzogen werden.
Warum die Siedlung aufgegeben wurde liegt im Dunkel der Geschichte. Vom festgestellten Brand, der sich neben dem Hüttenlehm auch an verkohlten Resten von Pfosten in den Pfostenlöchern feststellen lässt, waren nicht alle Gebäude betroffen. Brände konnten ihre Ursache in kriegerischen Auseinandersetzungen ebenso haben wie in der Feuerstelle im Haus. "Unter den Giebeln waren Feuerstellen in den Häusern. Wir haben auch eine größere Feuerstelle außerhalb gefunden, die mit Steinen abgedeckt wurde", zeigt Knoche auf die schwarz verfärbten Bodenschichten. Zu den Rückschlüssen, die auf das Leben der Menschen damals gezogen werden können, gibt es auch neue Erkenntnisse: "Bisher wurde angenommen, dass die Siedlungen aufgrund der Flüsse in den Tälern höher gelegen waren. Hier sieht man, dass den Menschen die Nähe zu ihrem Weideland und Äckern wichtiger war", so Knoche und Bader. Die Siedlung befindet sich auf einer Geländestufe, die während der Besiedelung vermutlich nicht von Hochwasser betroffen war. "Im Kulturschichtpaket sind keine Überschwemmungen sichtbar", so Bader. Die bisherigen Ausgrabungen, die bereits mit der Bebauung des Geländes durch die Tirol Milch begonnen hatten, lassen auch den Schluss zu, dass die Siedlung nicht befestigt war.
Gestartet wurde heuer mit den Grabungen am südöstlichen Teil des Geländes, auf dem die Stadtwerke Wörgl bis zum Herbst die Energiezentrale für die Fernwärmeversorgung errichten. Nach dem auf 6 Wochen anberaumten Grabungsprojekt folgte nun gleich ein weiteres im Anschluss auf jenem Gelände, das die Berglandmilch zur Erweiterung des Betriebsgeländes verwenden will. Insgesamt erwarb das Unternehmen 9.500 Quadratmeter Wiese, von dem nun 1.327 Quadratmeter für die Energiezentrale und rund 2.000 Quadratmeter zur Erweiterung der Hackschnitzelanlage, für ein Außenlager und Parkplätze verwendet werden, wie Berglandmilch-Projektleiter Thomas Osl erklärt. Der milchverarbeitende Großbetrieb übernimmt auch die Grabungskosten von rund 35.000 Euro. Die Archäologen sind nun weitere sechs Wochen am Werk. Die Funde sollen wie die bisher am Egerndorfer Feld sichergestellten Zeugnisse menschlicher Besiedelung im Ferdinandeum in Innsbruck aufbewahrt werden.
Irene Knoche auf dem bereits dokumentierten Teil des Grabungsfeldes, auf dem die Energiezentrale für die Wörgler Fernwärme errichtet wird (Bild links). Bild Mitte: Hier befand sich eine Feuerstelle. Bild rechts: Die beiden Wörgler Archäologinnen Maria Bader (links) und Irene Knoche. Bild rechts: Hüttenlehm.
Fundstücke - von links: Geschäftetes Steinwerkzeug, Mahlstein, Feinkeramik.
Von links: Bruchstücke von Grobkeramik - ein Henkel und ein geschwungener Gefäßabschluss. Bild rechts: Abbildung der Bauweise in der Spätbronzezeit - in diesem Baustil könnte auch die Siedlung am Egerndorfer Feld errichtet worden sein.
Bild links: Rekonstruktion spätbronzezeitlicher Behausung aufgrund von archäologischen Funden. In der Dokumentation des Grabungsgeländes, die die Archäologinnen erstellt haben, werden die Grundrisse der sich teilweise überlagernden Gebäude sichtbar.
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