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Pressekonferenz zum Hochwasserschutz am 3.9.2014: Allianz fordert mit Bürgerinitiative Dammbau bis 2015 |
Von links: Bürgermeisterin Hedi Wechner, Nationalrätin und Gemeinderätin Carmen Gartelgruber, Dr. Josef Schernthanner, Sprecher der Bürgerinitiative.
"Ich sehe keine Hindernisse für den Dammbau. Laut Minister Rupprechter ist Geld da, den Großteil der Kosten trägt der Bund. Rechtlich gibt es auch kein Hindernis, den Damm bis 2015 zu bauen", stellt Dr. Josef Schernthanner fest, der gemeinsam mit weiteren Hochwasseropfern von 2005 zum 9. Jahrestag der Überflutung am 23. August 2014 eine Unterschriftenaktion startete, die schon von weit über 1.000 Wörglern unterzeichnet wurde. Gefordert wird ein Regierungsbeschluss für den Dammbau noch heuer, bis März 2015 die Fertigstellung der Planung und der Bau des Dammes bis Oktober 2015.
Nationalrätin Carmen Gartelgruber stellte bei der Sondersitzung des Parlamentes am 2. September 2014 eine Anfrage an Landwirtschaftsminister Rupprechter zu Konkretisierung der Zusagen. "Die Fragen betreffen die Kostenschätzung, die Kostenaufteilung, bis wann die Mittel bereit gestellt werden und bis wann der Damm realisiert wird", so Gartelgruber, die sich wünscht, dass der Antrag im Oktoberlandtag nicht nur von SPÖ und FPÖ, sondern von allen politischen Fraktionen unterzeichnet und mitgetragen wird. "Hier geht es nicht um Politik, sondern um die Sicherheit von Menschen", so Gartelgruber, die sich ebenfalls auf Vorarlberg als Vorzeigebeispiel bezieht: "Dort war auch 2005 eine Hochwasserkatastrophe. Das Land trat daraufhin in Vorleistung und rechnete erst nachher mit dem Bund ab. Mit der Wirtschaftskammer wurden Entschädigungen ausgerechnet und beziffert." Die Ausweisung der Retensionsflächen erfolgte mit blauen Zonen. "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg", so Gartelgruber, die eine "gute Westachse mit den Landeshauptleuten Wallner und Platter" sieht. Hinsichtlich des Gefährdungspotentials durch ein neuerliches Hochwasser meint Gartelgruber, dass "sich das Land nicht klar ist über die Folgekosten".
Den Vorwurf, in Wörgl sei das Thema "verschlafen" worden, lässt Bürgermeisterin Hedi Wechner nicht gelten und verweist auf die unglücklich gelaufene Vorgeschichte seit 2006. Der erste Dammentwurf wurde zugunsten eines großräumigen, dann aber aus Kostengründen abgesagten Inn-Renaturierungsprojektes zurückgestellt. Der nächste Anlauf wurde mit Hinweis auf die Regensburger Verträge abgewürgt - heute kein Hindernis mehr. Vor eineinhalb Jahren dann, mit dem Damoklesschwert der roten Zone im Genick, der nächste Dammbau-Beschluss samt Einreichung der Pläne zur Realisierung beim Land. "Dort sind sie offenbar eineinhalb Jahre gelegen, ohne dass sich jemand drum gekümmert hat. Jetzt hieß es, dass der Damm technisch so nicht machbar sei - das hätte man auch gleich sagen können", ärgert sich Wechner, die einräumt, zu gutgläubig gewesen zu sein: "Ich habe mich bemüht, nichts zu verschlafen. Vielleicht haben wir zu wenig mobilisiert. Ich hatte mich auf den Amtsweg verlassen." Und Wechner räumt angesichts der raschen Umsetzung des Hochwasserschutzes in Kössen ein: "Wahrscheinlich hat sich unsere Bürgerinitiative zu spät gebildet."
Der nächste Termin mit den Beamten von Wasserbau und Raumordnung beim Land steht am 16. Oktober 2014 bevor. Dabei will Wechner nochmals klar machen, dass es zum möglichst raschen Dammbau keine Alternative gibt. "Jeder Tag ohne Damm ist einer zu viel", unterstreicht sie die Aussage der Betroffenen und bringt ebenso wie diese keinerlei Verständnis für politische Ränkespiele auf dem Rücken der betroffenen Bewohner und Gewerbebetriebe auf. Der Vermutung, dass aus wahltaktischen Gründen beim Land nichts weiter gehe, hält sie klar entgegen: "Damit Politik machen zu wollen wäre grob fahrlässig. Hier ist Gefahr in Verzug, es geht um Leib und Leben."
Verärgert ist Wechner auch über die Vorgangsweise bei der Erstellung des Gefahrenzonenplanes. "Bei den ersten Gesprächen 2012 war das Land noch der Meinung, die Retensionsflächen müssten in Wörgl ausgewiesen werden. Das geht aber nicht - aufgrund bestehender Gebäude und fehlender Abflussmöglichkeit", erinnert sich Wechner, auch daran, dass ihr bei der ersten Vorstellung aufgetragen wurde, nicht darüber zu reden. Während die Gemeindepolitik einen Maulkorb verpasst bekam und zum Stillschweigen verdonnert wurde, "haben sich Behörden und Versicherungen vom 1. Tag an darauf bezogen."
"Dass 2012 noch unsere Wohnzimmer und Schlafzimmer als Retensionsgebiet vorgesehen wurden, treibt uns als Betroffene die Zornesröte ins Gesicht. Wir haben schon 2005 als Retensionsraum herhalten müssen", sagt Schernthanner und will mit Besuchen bei Politikern weiter Druck machen, erwägt Demonstrationen ebenso wie den Gang zum Volksanwalt: "Wir wollen 2015 den Damm und nicht Opfer von politischen Ränkespielen werden." Wobei er diese nicht auf Gemeindeebene sieht und froh ist über den parteiübergreifenden Rückhalt bei der Stadt.
Es sei wichtig, den Dammbau von Wahlen abzukoppeln, so Gartelgruber, die auch kein Verständnis für weitere Verzögerungstaktik hat und auf die kostspieligen Folgen für alle in der roten Zone hinweist: "Mit der roten Zone ist ein großer Wertverlust der Immobilien verbunden, Versicherungen sind nicht mehr zu finanzieren." Ob Unternehmen bereits hinsichtlich der Einschränkung von Kreditlinien durch Banken betroffen sind, ist der Stadtführung nicht bekannt. Laut Bürgermeisterin Wechner liegen 4 Anfragen für Betriebsansiedelungen aufgrund des aufgelegten Gefahrenzonenplanes auf Eis, sind derzeit nicht möglich. "Abgesehen von allen persönlichen Problemen und Ängsten bedeutet die Rote Zone auch einen großen wirtschaftlichen Schaden für die Stadt", so Wechner.
Der Gefahrenzonenplan weist die 2005 überfluteten Bereiche als rote oder gelb-rote Zonen aus. Das wirft die Frage nach den Annahmen der dem Gefahrenzonenplan zugrunde liegenden Abfluss-Studie auf. Wurden dabei die seit 2005 errichteten Hochwasserdämme entlang von Inn und Zuflüssen berücksichtigt? Sie wurden um einen Meter erhöht. Im Falle einer neuerlichen Überflutung würde das Wasser also höher steigen und vermutlich noch mehr Gebiete überschwemmen als 2005, da durch die Dämme ein dichtes Becken entstanden ist. Alle bisherigen Dämme wurden übrigens mit Bewilligung des Landes gebaut, das somit die Situation für die Betroffenen ohne den Bau des fehlenden Damm-Stückes noch verschärft hat.