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Beschluss des Tiroler Landtages am 2. Oktober 2014 betreffend Hochwasserschutzdamm Wörgl-West |
vero / 02.10.2014 18:54
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In der Debatte meldete sich als erster ÖVP-LA Mag. Alois Margreiter zu Wort. Er verstehe die Sorge und den Wunsch, den Damm so schnell wie möglich zu bauen. Wörgl habe in den letzten Jahren viel gewidmet im betroffenen Gebiet. Zudem habe sich die Herangehensweise in Sachen Hochwasser beim Land in den vergangenen Jahren geändert und es bestehe die Notwendigkeit, nationale und internationale Bestimmungen einzuhalten. "Eine Linearverbauung ist gesetzlich nicht bewilligungsfähig ohne Ausgleichsmaßnahmen", sagte Margreiter. Zudem müsse man die Auswirkungen unter- und oberhalb von Wörgl berücksichtigen. Wörgl habe bis 2010 unter Bürgermeister Abler einges an Hochwasserschutzbauten realisiert, seither seien keine baulichen Maßnahmen mehr erfolgt. Das 2013 eingereichte Projekt sei so nicht realisierbar, da auf Kundler Seite Wasser in das Gebiet laufe. Das Projekt werde nicht geprüft, "weil es so nicht bewilligbar ist." Das 2005-Hochwasser werde niedriger als ein 100jähriges Hochwasser eingestuft, liege zwischen 30- und 40jährigem, weshalb noch zusätzliche Maßnahmen notwendig seien. Margreiter gab weiters an, dass die Feuerwehr im Auftrag der Stadt BigBags angekauft habe, die im Katastrophenfall am Pannenstreifen der Autobahn aufgestellt und binnen 2 bis 3 Stunden befüllt würden, um Schutz zu bieten. Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner und Nationalrätin Carmen Gartelgruber warf Margreiter vor, sie würden Polemik betreiben, hier sei die bevorstehende Gemeinderatswahl 2016 "spürbar". Sie würden den Eindruck erwecken, dass "SPÖ und FPÖ den Damm ja bauen wollen, nur das böse Land tut es nicht." Dabei habe die Volkspartei mehr Glaubwürdigkeit.
Bei der Umsetzung des Dammprojektes seien Abflussuntersuchungen und Zonenausweisungen zu berücksichtigen. Wörgl solle "nach Kössen so rasch als möglich" umgesetzt werden, mit Einbeziehung der Nachbargemeinden. Würde nur der geforderte Damm gebaut, würde "das Innspiegel in Oberlangkampfen bei Hochwasser um 25 Zentimeter steigen", so Margreiter. "Hinter mir die Sintflut" sei kein Lösungsansatz. Es gehe nicht um die Finanzierung, sondern um die wasserrechtliche Bewilligungsfähigkeit, die nicht gegeben sei. Wörgl solle erkennen, dass "es keine Einzellösung gibt" und brauche "Vertrauen, dass der Damm gebaut wird." Das Versprechen von LH Platter, das das bis 2018 umgesetzt werden solle, sei eine "gewaltige Zusage", so Margreiter. Zudem habe sich der Bundesminister dafür verbürgt, die nötigen Mittel aus der Hochwasser-Milliarde zur Verfügung zu stellen. Margreiter endete seine Wortmeldung mit dem Satz "Die Bürger brauchen Schutz, nicht Polemik."
"Das ist nicht Polemik, sondern sachliche Politik", entgegnete SPÖ-Landesgeschäftsführer LA Georg Dornauer, der gemeinsam mit FPÖ-Klubobmann Rudolf Federspiel den Dringlichkeitsantrag eingebracht hatte. Am Vormittag habe man sich mit LH-Stv. Geisler, ÖVP-Klubobmann Wolf und LA Federspiel auf einen gemeinsamen Antrag geeinigt mit dem Ziel jetzt "mit Hochdruck" am Hochwasserschutzprojekt zu arbeiten. Die Leute im betroffenen Gebiet lebten in ständiger Angst und "es ist unsere Pflicht, so schnell wie möglich" hier Abhilfe zu schaffen. Dornauer wies auf die Folgewirkung des fehlenden Hochwasserschutzes für die Betriebe hin, die im Katastrophenfall Betriebsstillstand und Entlassungen beinhalte. Zudem seien große Anlagen der Bundesbahn betroffen. Er habe Kontakt mit dem Infrastrukturminister sowie mit Bundesbahn-Chef Kern aufgenommen, letztere werde sich noch persönlich beim Landeshauptmann melden. Dornauer räumte ein, dass die Behördenverfahren zwar Zeit brauchen, dass nun aber mit Hochdruck daran gearbeitet werden soll. Seine Klubkollegin SPÖ-LA Blanik wies auf die Auswirkungen der Gefahrenzonenausweisungen für die Gewerbegebiete in der Inntalfurche hin - Stichwort Versicherungen und Bauverbot in der Roten Zone sowie Wertverlust des Grundstückswertes. "Wie hat das Land in der Inntalfurche in diese Situation kommen können? Wie konnte uns das passieren?" so Blanik.
LA Rudolf Federspiel dankte der Wörgler Bevölkerung für ihr Engagement für das Hochwasserschutzprojekt - diese habe "einen großen Anstoß" für das Vorantreiben des Projektes beim Land geliefert, der Dringlichkeitsantrag über Parteigrenzen hinweg einen kleinen, wobei Federspiel festhielt, dass sich sonst "rot und blau nicht immer ganz grün sind". Federspiel dankte auch Bgm. Wechner und NR Gartelgruber.
Die parteifreie Abgeordnete Andrea Krumschnabel kündigte als Vertreterin des Bezirkes ihre Unterstützung für das Anliegen an: "Der Antrag ging an mir vorbei - aber ich stimme zu." Das Thema sei schon 2013 bei der Landtagswahl am Tisch gelegen. Dass nun eine Umsetzung 2018 im Raum stehe, sei eine Erleichterung, aber trotzdem ein langer Zeitraum. Sie hoffe, dass bis dahin nichts passiere - sonst sei das eine "große Niederlage". Da das Thema nicht erst seit drei, vier Jahren bekannt sei, hoffe sie, dass der Damm vor 2018 gebaut werde.
Van Staa fordert Mithilfe der Dienststellen des Landes ein
Landtagspräsident Herwig van Staa wollte das Wissen der letzten Jahre etwas "auffrischen" und holte mit seiner Wortmeldung bis zur Hochwasserkatastrophe durch den Wörgler Bach 1994 aus. Damals habe die Berufsfeuerwehr Innsbruck bei den Aufräumungsarbeiten in Wörgl mitgeholfen. In lebhafter Erinnerung blieb van Staa auch das Ausmaß der Hochwasserkatastrophe 2005 - damals war nicht nur Wörgl betroffen, sondern auch das Paznauntal, wo ein Drittel der Straßen zerstört war und sich das Land bei den Tag und Nacht durchlaufenden Aufräumungs- und Wiederaufbauarbeiten engagiert habe. Maßnahmen in Wörgl wären auch angesagt gewesen, seien aber der Dringlichkeitsreihung zum Opfer gefallen.
Van Staa erinnerte den Landtag daran, dass er verspottet worden sei, als er angesichts des Klimawandels gefordert habe, mehr Hochwasserschutz-Vorsorge zu treffen. "Die Betroffenen haben Recht, jetzt zu protestieren", stellte van Staa fest. Er sei "dankbar, dass jetzt so viel Druck erzeugt wird, dass es gemacht wird." Da müsse eben "was anderes hintenbleiben. Wichtig ist, dass wir ein einreichfähiges Projekt haben", so van Staa. Er erwarte sich von den Dienststellen, dass sie dabei helfen, dass das Projekt genehmigungsfähig wird und nicht nur feststellen, was nicht geht. Van Staa dankte allen Fraktionen und der freien Abgeordneten Krumschnabel, dass nun alle gemeinsam helfen, das Gefahrenpotenzial zu reduzieren.
ÖVP-LA Stefan Weirather aus Imst stellte der Wörgler Vorgangsweise jene im Imst gegenüber. Imst sei die einzige Gemeinde, die zum Gefahrenzonenplan ein zweites Gutachten eingeholt hätte. Deshalb sei die Rote Zone dort auch noch nicht komissioniert. "Wir arbeiten aktiv dran in der Gemeinde und gehen nicht zum Landeshauptmann", so Weirather. Was SPÖ-LA Blanik zur Feststellung brachte: "Wenn das so einfach wäre, dass mit einem Gegengutachten alles gut ist." Sie sehe das anders und gebe van Staa recht, langfristig an Schutzmechanismen zu denken: "Gutachten nützen nichts bei Hochwasser - die halten sich selten an die Gutachter." Man brauche Schutzmaßnahmen, und diese hätten mit den Gefahrenzonenplänen mit entwickelt werden müssen. Blanik gratulierte ebenso der Wörgler Bevölkerung für ihren Einsatz, und dass die Betroffenen bei der Landtagsitzung aufmarschierten.
Verfahren beschleunigen
"2015 jährt sich das Wörgler Hochwasser zum 10. Mal", meldete sich SPÖ-LA Hans Lindenberger und plädierte dafür, den Dammbau "rasch zu behandeln und in so einem Fall die Verfahrensschritte zu beschleunigen". Anstatt der üblichen Umweltverträglichkeitsprüfung UVP (deren Abkürzung er mit unheimlich viel Papier übersetzte) solle sofort eine strategische UVP durchgeführt und das Projekt auf Schwachstellen analysiert werden.
LA Josef Schett von Vorwärts Tirol dankte zu Beginn seiner Wortmeldung ebenfalls den Wörglern, die zum 2. Mal im Saal anwesend waren. Es komme nicht oft vor, dass Bürger anwesend sind - das unterstreiche umso mehr die Wichtigkeit des Anliegens. Schett begrüßte den Initiativ-Antrag als sinnvolle Sache. Es gehe nicht nur um Besitztümer, sondern auch um Leib und Leben, das so schnell wie möglich geschützt werden solle und "nicht an Bürokratie und verschlungenen Behördenwegen scheitern darf".
"Schutz vor Naturgefahren ist kein parteipolitisches Thema"
LH Stv. Geisler bedankte sich für die Einstimmigkeit bei dem Thema und stellte fest: "Der Schutz vor Naturgefahren ist kein parteipolitisches Thema. Da geht es um den Schutz für Menschen." Das Hochwasser in Wörgl sei ein "drastisches Ereignis" gewesen und niemand bestreite, dass Maßnahmen notwendig sind. "Das wird nicht am Geld scheitern. Das Geld ist da", so Geisler, die Zusicherung vom Bund liege vor. In Kössen habe man statt 10 Jahre nur zweieinhalb Jahre für die Umsetzung des Hochwasserschutzes benötigt. Auch im Inntal seien Strass und Wörgl starkt betroffen. Es gehe nicht nur um die Farbe der Zone - ab 1,50 Meter Wasserstand wird das Gebiet als Rote Zone ausgewiesen, Überschwemmungsgebiete darunter als Gelbe Zone. Vielmehr gehe es darum, "Hochwasserschutz für alle bewohnten Gebiete und für Gewerbegebiete her zu bringen." Dabei wolle er nicht, dass die Wörgler Bürgermeisterin vom Staatsanwalt Besuch bekomme: "Die rechtsstaatlichen Verfahren sind abzuwickeln." Der Dammbau betreffe nicht nur Wörgl, sondern auch die Nachbargemeinden und Bayern - Unterlieger dürften nicht geschädigt werden. Man sei seit 15 Jahren "mit Hochdruck dabei, das Projekt umzusetzen." Das für das ganze Unterinntal mehrere 100 Millionen Euro koste und hunderte Hektar Retensionsflächen beinhalte, für die rechtliche Genehmigungen für Dammbauten einzuholen seien. Für die Grundbesitzer bedeute das ein "Bauverbot auf 100 Hektar wegen des Dammbaues in Wörgl." Dafür müsse ein Entschädigungsmodell ausgearbeitet und Grundeinlöseverfahren durchgeführt werden. "Solche umfangreichen Verfahren gehen nicht in einem halben Jahr oder einem Jahr", so Geisler. Auch wenn man alle Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung und Personalressourcen ausschöpfe, könne er nicht versprechen, dass der Dammbau in einem Jahr erledigt sei - das dauere "einige Jahre". Während in anderen Bundesländern wie in Oberösterreich mit Absiedelung von Ortsteilen reagiert habe, sei dieser Weg in Tirol nicht angedacht: "Wir wollen nicht absiedeln", so Geisler. Aber es müsse alles "der Reihe nach" passieren und "Wörgl steht jetzt an erster Stelle".
Hochalpine Retensionsräume schaffen
Bei der Suche nach geeigneten Wasserrückhalteflächen geht LH-Stv. Geisler in die Höhe und will diese nicht nur im Inntal ausweisen, sondern vermehrt auch in hochalpinen Regionen. Die Ausweisung hochalpiner Retensionsräume würde Druck vom Inntal wegnehmen. Dass das funktioniert, schilderte anhand eines Anlassfalls heuer im Zillertal, wo die Kraftwerks-Stauseen einen Beitrag zum Hochwasserschutz geleistet hätten: "Heuer wurde im Zillertal eine Wassermenge von 450 Kubikmetern erreicht, die Hochwassermarke liegt bei 520 Kubikmetern - 300 Kubikmeter wurden in dieser Zeit in den Stauseen zurückgehalten."