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TT-Forum im Volkshaus Wörgl am 14.10.2014 zum Fischerfeld Wörgl

Wörgls Gemeinderat war beim TT-Forum zum Thema WIST-Fischerfeld fast vollzählig, zudem kamen MitarbeiterInnen von Sprengel und Seniorenheim. Am Podium moderierte Mario Zenhäusern - im Bild rechts mit WIST-Projektleiter Walter Hinterhölzl (Bild Mitte) und Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner.

Als erstem übergab TT-Chefredakteur Mario Zenhäusern WIST-Geschäftsführer Walter Hinterhölzl das Wort, der die Eckpfeiler des geplanten Sozialkompetenz-Zentrums am Fischerareal erläuterte (Projektvorstellung im Wörgler Gemeinderat hier nachlesen). "Das Angebot liegt am Tisch und könnte umgesetzt werden", so Hinterhölzl. Die WIST erwarb 2012 das 9.000 Quadratmeter große Fischerareal aus der Konkursmasse der GHF-Stiftung, die mit der Errichtung eines privaten Seniorenpflegeheimes scheiterte, sowie angrenzende Grundstücke im Bereich der Salzburgerstraße.

Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner betonte, dass es "von Anfang an Wunsch der WIST war, das Projekt Fischerfeld gemeinsam mit der Stadt zu entwickeln." Im Herbst 2013 habe man aber den konsensualen Weg verlassen. Mit Mehrheitsbeschlüssen wurde im Gemeinderat die Generalsanierung des Pfarrkindergartens sowie die Einrichtung des Stadtparkes am Fischerfeld beschlossen (was bis jetzt von der WIST verhindert wird, Anm. d. Red.). Wechner ortet Versäumnisse auf beiden Seiten und räumte ein, dass "die Kommunikation im Gemeinderat nicht die beste war". Nach Anträgen in den Ausschüssen wurden im letzten Gemeinderat Beschlüsse gefasst, zu welchen geplanten Einrichtungen konkret Verhandlungen mit der WIST geführt werden sollen. Das beschränkte sich auf ein Angebot für den Bau der Musikschule, ins Auge gefasst wird noch die Nachmittagsbetreuung für die Pflichtschulen - Kinderbetreuungseinrichtungen sowie Seniorenheim solle die Stadt aber selbst bauen. "Mir geht es darum, dass für die Stadt hier etwas Sinnvolles entsteht", so Wechner. "Es wäre sinnvoll zu hören, was wir brauchen."

"Die WIST kann bauen was sie will, solange sie unseren Betrieben nicht Konkurrenz macht", teilte Vizebgm. Evelin Treichl mit und verwies auf die erfolgte Bedarfserhebung, die angesichts der Kosten notwendig sei. "Wenn wir das Projekt so übernehmen wie sich das die WIST vorstellt, kostet uns das jährlich eine Million Euro an Miete und Betriebskosten - auf 20 Jahre gerechnet 20 Millionen Euro. Das ist ein sehr großer Brocken und wäre für jeden Investor ein Lotto-Sechser." Der Gemeinderat habe 2012 beschlossen, das Seniorenheim um 30 Betten zu erweitern - das entspreche dem Pflegestrukturplan des Landes bis 2022. Fürs Fischerareal kann sich Treichl betreutes Wohnen vorstellen - das sei mit der Volkshilfe zu machen.

Von Notschlafplätzen bis zur Kinder-Reha

Deutlicher wurde Vizebgm. und Stadtentwicklungsreferent Dr. Andreas Taxacher, der die WIST wie jedes andere Projekt sehe: "Ich erwartete mir ein Angebot über Kosten und Aussehen - dann kann man vergleichen." Er wolle das WIST-Projetk "nicht am Pflegebett aufhängen." Seine Vorschläge: Klassisches Wohnen und betreutes Wohnen passe da hin, weiters Startwohnungen für junge Leute, Notschlafplätze, ein Reha-Zentrum für Kinder, junge Dauerpflegefälle, ein Hospiz und ev. eine Sporthalle. Taxacher riet der WIST, "nicht ständig die Grundkompetenzen der Stadt bei Kinderbetreuung und Pflege anzuzweifeln."

Bürgmeisterin Wechner begrüßte diese Vorschläge, die Walter Hinterhölzl als diskutierbar erachtete. Zur genannten Miete von 7 Euro pro Quadratmeter meinte er, dass diese Zahl zu nennen "der größte Fehler unsererseits in der Kommunikation war." Die Stadt müsse nicht mieten, sie könne auch kaufen. Vizebgm. Treichl forderte er auf, "in die Zukunft zu schauen. Was, wenn es die Stadt garnix kostet?" Wörgl erspare sich die Zubaukosten beim Seniorenheim in der Höhe von 4 bis 5 Millionen Euro. Das WIST-Projekt beinhalte eine Tagesbetreuung und Demenz-Abteilung, 60 Pflegeplätze für Wörgl und den Planungsverband. "Wir bauen - euch kostet es nichts. Wenn Wörgl 20 Betten belegen will, dann brauchen wir eine Abgangsicherung."

Ein "Gratis"-Lockangebot der WIST...

"Das erinnert mich an Marktschreier!" konterte Treichl und meinte: "Spaß beiseite - die Gemeinde müsste der Träger sein." Was Hinterhölzl bekräftigte: "Wenn die Stadt will, bekommen wir die die Seniorenheimkonzession." Treichl erinnerte daran, dass das Krankenhaus Kufstein eine Akut-Geriatrie und Palliativ-Station plane. Auch wenn die WIST-Betten als Geschenk angeboten würden, würde sie sie nicht nehmen. "Ich bin überzeugt, dass der Zubau ans Seniorenheim für alle der beste Weg ist."

Da nun erstmals konkrete Nutzungen am Tisch lagen, wollte Moderator Mario Zenhäusern wissen, warum diese Gespräche nicht früher geführt wurden. "Ich weiß es nicht. Ich wurde nie dazu eingeladen", antwortete Taxacher, Wechner und Treichl rollten die Vorgeschichte geplatzter Termine auf und Hinterhölzl räumte einmal mehr "Kommunikationsprobleme" ein. "Wir hatten 2010 eine Vision, das war der Bedarf für ein Seniorenheim noch da und haben eine Grund dafür gesucht", so Hinterhölzl und stellte fest, dass die WIST auch für die Pflege junger Leute eine Pflegekonzession und dazu die Stadt brauche.

Die Publikumsfrage-Runde

"Von wem hatte die WIST den Auftrag für die Planung?" wollte Thomas Gasteiger wissen. Worauf Hinterhölzl antwortete, man habe sich den Auftrag selbst erteilt. Durch den Volkshilfe-Betrieb in Wörgl sei man auf den Bedarf an sozialen Einrichtungen in der Stadt aufmerksam geworden. Die WIST erwarb das 9.000 Quadratmeter große Fischerareal um 1,8 Millionen Euro und kalkuliert mit Errichtungskosten von 20 Millionen Euro für das vorgestellte Sozialkompetenz-Zentrum, dessen Kernprojekt die Senioreneinrichtungen mit 45 % der Fläche seien - wobei man in diesem Punkt "über die Stadtgrenzen hinaus denkt - an Mariastein, Angath und Angerberg."

"Die Pflege ist in Wörgl auf einem guten Weg. Wir haben 124 Pflegebetten, 2012 wurde der Ausbau des Seniorenheimes beschlossen und bereits mit dem Land akkordiert, das zustimmt. Von fachlicher Seite wurde festgestellt, dass man damit das Auslangen findet - inklusive Angath, Angerberg und Mariastein", meldete sich Wörgls Seniorenheimleiter Harald Ringer und dankte der Stadtpolitik, dass schon viel ermöglicht wurde, auch beim Aufbau ambulanter Strukturen gemeinsam mit dem Gesundheits- und Sozialsprengel Wörgl. Was fehle, sei betreutes Wohnen - ein Generationenhaus wäre sinnvoll. Und sichtlich verärgert über das "Gratisangebot" der WIST: "Zu fragen wenn es nichts kostet - das ist unseriös. Es kostet die Gemeinde immer etwas. 35 % der Mindestsicherung sind auf alle Fälle von der Gemeinde zu zahlen." Außerdem würden private Betreiber keine Förderung vom Land erhalten, das sei nur Gemeinden vorbehalten - aus dem Pflegefonds werden pro Bett 20.000 Euro bezahlt und für die Tagesbetreuung 25.000 Euro pro Platz.

Worauf Hinterhölzl einräumte, dass "der Bau nichts kostet, der Pflegeplatz allerdings schon", und das im städtischen Budget zu berücksichtigen sei. Keine Konkurrenz zum städtischen Seniorenheim lautete dann auch die Forderung von Bgm. Wechner - man solle Ergänzungsmöglichkeiten finden. Taxacher wollte wissen, warum sich die WIST so auf den Seniorenbereich fixiere: "Heißt dass entweder Pflege oder garnichts?" "Ein zweites Seniorenheim ist jetzt nicht sinnvoll, das ist eventuell in 20 Jahren ein Thema", so Treichl. Die Pflege junger Schlaganfallpatienten falle nicht in den Aufgabenbereich der Stadt - diesbezüglich solle die WIST mit dem Land verhandeln. "Wenn hier 90 % Wohnungen entstehen, soll das ein Wohnbauträger machen, nicht die WIST - das ist nicht unser Kerngeschäft", antwortete Hinterhölzl, dem Michael Riedhart von der Jungen ÖVP vorhielt, das Fischerfeld als Spekulationsobjekt erworben zu haben. Hinterhölzl wies darauf hin, dass die WIST als Non Profit-Organisation Gewinne machen, diese aber nicht ausschütten dürfe und die Rücklagen ins Gemeinwohl investieren wolle anstatt sie zur Bank zu tragen.

Mutter plötzlich ein Pflegefall - was tun?

Was tun, wenn die Mutter mit 86 Jahren nach einem Sturz unvorhersehbar zum Pflegefall und aus dem Krankenhaus entlassen wird? "Wie lange muss man da auf einen Kurzzeitpflegeplatz warten?" wollte ein Zuhörer von der Stadt wissen und bekam Antwort von Heimleiter Harald Ringer: "Jetzt aktuell ist ein Platz in der Übergangspflege frei. Bisher hat jeder Hilfe bekommen, wir arbeiten mit den Heimen in anderen Gemeinden zusammmen und helfen uns gegenseitig aus. Generell wird niemand abgewiesen."

WIST will Park-Servitut gerichtlich prüfen lassen

Als Immobilienausschuss-Vorsitzender für den Stadtpark zuständig meldete sich GR Mag. Alexander Atzl mit der Frage zu Wort, ob die WIST das Park-Servitut der Stadt anerkenne oder nicht. Die WIST habe wegen des Servituts das Grundstück auch billiger erworben - der Schätzwert sei bei 2,3 Millionen gelegen, der Kaufpreis betrug 1,8 Millionen Euro, was bei einer bebaubaren Fläche von 6.000 Quadratmetern einen Grundstückspreis von 300 Euro pro Quadratmeter in bester zentraler Lage in Wörgl ausmacht.

Fragen aus dem Publikum waren beim TT-Forum erwünscht - ebenso wie die Diskussion am Podium, im Bild rechts v.l. Bgm. Hedi Wechner, Vizebgm. Dr. Andreas Taxacher und Vizebgm. Evelin Treichl.

Es gäbe zwar den Servitutsvertrag, räumte Hinterhölzl ein, dieser regle, was die Stadt bekommt - "aber was bekommen wir?" Mit dem Wegfall des Seniorenheimprojektes würde die Rechtsgrundlage wegfallen. Das Servitut sei ein "zweiseitiges Rechtsgeschäft - wenn die Stadt das nicht erfüllt, dann sind wir auch nicht gebunden. Wir erkennen das Servitut an, wenn die Stadt ihre Pflicht erfüllt", antwortete Hinterhölzl und erntete mit dieser Ansicht heftigen Protest: "Nein, nein, nein!" warf Treichl ein und Taxacher wies auf die Vorgangsweise bei der Flächenwidmung hin, für die ein raumordnerisches Gutachten vorlag. Die Schaffung zentrumsnaher Grünflächen war demzufolge Voraussetzung für die Sonderflächenwidmung - die ganze Fläche wäre nicht als Bauland gewidmet worden. Der Park war also Voraussetzung für die Widmung von bebaubarer Fläche. Hinterhölzl warf der Stadt vor, sie stehe "mit dem Revolver da und verlangt 30 % von unserem Eigentum." Worauf Taxacher nochmals feststellte: "Da geht es nicht um die Abtretung von 3.000 Quadratmetern sondern darum, das Raumordnungskonzept zu befolgen und dafür Sorge zu tragen, dass eine gewisse Fläche grün bleibt - diese wurde aus der Widmung heraus genommen."

Hinterhölzl kündigte an, das gerichtlich prüfen zu lassen und sagte: "Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand. Es wäre unvernünftig, dort einen Park zu machen." Worauf Treichl ihre Bedenken bestätigt sah: "Sehen Sie, deshalb tun wir uns so schwer mit Ihnen. Der Park ist eine Bedingung, wir lassen uns nicht erpressen." Außerdem sei zum Kaufzeitpunkt durch die WIST keine Seniorenpflegeheimwidmung mehr bestanden, sondern nur eine Wohnbauwidmung. "So zu agieren ist sehr unseriös", so Treichl. "Gekauft wurde zu einem Preis, bei dem vom Grundstück die 3.000 Quadratmeter Park schon abgezogen waren. Sie haben ein Schnäppchen gemacht!" Treichl stellte fest, dass unter solchen Voraussetzungen keine Gesprächsbasis bestehe und merkte später noch im Hinblick auf die bisherige Stadtpark-Geschichte an, dass zu einer Gesprächsbasis auch das Akzeptieren von gültigen Gemeinderatsbeschlüssen zähle.

 

Nach weiteren emotionalen Zwischenrufen beendete Bürgermeisterin Hedi Wechner die Diskussion mit der Vorstellung der weiteren Vorgangsweise: "Ich stehe zum Park und zu einer vernünftigen Lösung. Das Schlimmste wäre, wenn hier nur Wohnungen entstehen. Eine Raumordnungsfirma hat das Fischerfeld unter die Lupe genommen hinsichtlich Bauhöhe, freier Flächen, Wege etc. In der 2. Novemberwoche wird es ein weiteres Treffen geben, bei dem es darum gehen wird, was auf dem Fischerfeld am besten zu machen ist." Der Park müsse nicht zwingend auf der dafür ausgewiesenen Fläche entstehen, wenn andere Vorschläge bestehen. "Jedenfalls werden wir nicht weiterkommen mit Vorwürfen wie Maffiamethoden und Erpressung", stellte die Bürgermeisterin abschließend fest.