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Stadtspaziergang am 18. Oktober 2014 mit Hans Gwiggner

Ausgehend vom Heimatmuseum startete der Stadtspaziergang am 18. Oktober 2014 bei der Kirche, führte über die Speckbacherstraße Bild (links) zur Stadtapotheke in der Bahnhofstraße und weiter zum Unterkrumbacher (rechts), in dessen Anger eine römische Villa Rustica entdeckt wurde.

Wer sich mit Hans Gwiggner auf den Weg macht, um die Stadt zu erkunden, sollte vor allem eines mitbringen: viel Zeit! Hans Gwiggner weiß zu jedem Haus, zu jeder Gasse Geschichten und Anekdoten zu erzählen und lässt so Wörgls bewegte Vergangenheit lebendig werden. So berichtete er auch beim Stadtrundgang mit Kulturreferent Mag. Johannes Puchleitner, den Gemeinderätinnen Elke Aufschnaiter und Bildungsreferentin MMag. Christiane Feiersinger sowie Doris und Werner Cottogni vom Kulturverein Nischenklänge am 18. Oktober 2014 von historischen Begebenheiten wie der Brandstiftung von 1836, bei der Wörgls Ortszentrum mitsamt der Kirche niederbrannte. Angezündet von einem durchreisenden Webermeister und Händler aus Enttäuschung darüber, hier kein Geschäft gemacht zu haben.

Zu Wörgls Besonderheiten zählt der Kirchturm, in massiver Bauweise vom Militär errichtet. Als Gegenleistung dafür verlangte man eine gerade Straße für raschen Truppentransport durch den Ort und so musste der Friedhof bei der Kirche aufgelassen und verlegt werden. Beim damaligen "Knafl-Kramer" - Knöpferl-Kramer (heute Hotel Schachtnerhof) begann der "Söckinger Feldweg" - später Schachtnerstraße, SA-Straße und heute Speckbacherstraße benannt. Am 22. Februar 1945 ereignete sich hier bei der Bombardierung Wörgls Tragisches: bei Nebel wurden über Stadt Bomben abgeworfen, die zu einer Kette von schweren Explosionen im Ortszentrum, in der Bahnhofstraße, in der Augasse und beim Durchgangslager Söcking führten. 36 Menschen starben - darunter auch Frau und Sohn des Schachtnerbauern Anton Graus, der im Keller seines zerstörten Hauses von Trümmern eingeklemmt war und stundenlang mit anhören musste, wie sein zehnjähriger Sohn um die Hilfe der Mutter rief, die bereits tot war. Durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg starben insgesamt 46 WörglerInnen und 23 Auswärtige.

1880 wurde der Grundstein zum heutigen Avanzini-Haus gelegt. "Von einem Ebbser Kaminkehrer, der dazu angehalten wurde, sich auch in Wörgl anzusiedeln, wenn er schon in der Gemeinde tätig sein will", weiß Gwiggner zu berichten. Zehn Jahre später zog dann der Eisenbahnerarzt Dr. Avanzini ein, der die Kaminkehrertochter heiratete.

Von Haus zu Haus geht´s weiter bis zum Stadtplatz - wo heute der m-preis steht, lebte die Familie von Toni Neumayr, der 1931 nach Lappland auswanderte und es dort bis zur eigenen Rentierherde brachte. Erst Jahrzehnte später besuchte er Wörgl wieder. 

Wo heute das Stadtamt steht, war früher das Baseler Gut, in dem ab 1926 lange Jahre die Molkerei und ein Kino untergebracht waren. "Der spätbarocke Maler Adam Mölk heiratete beim Baseler Gut ein. Als Leopold Mozart das zweite Mal in Wörgl war, sagte man ihm nach, er sei wegen der Tochter Mölks hier gewesen", weiß Hansi aus der Gerüchteküche anno dazumal zu berichten und verweist auf den Mozartbrief aus Wörgl, der sich jetzt in New York im Museum befindet - der älteste erhaltene Brief von Wolfgang Amadeus Mozart. Wolfgang und Leopold nächtigten am 14. Dezember 1769 auf der Durchreise von Salzburg nach Italien in Wörgl.

Der Stadtrundgang führte weiter die Bahnhofstraße entlang und Hans Gwiggner berichtete von Narziss Riedel, der aus dem Sudetenland nach Wörgl kam und für die Sozialdemokraten im Tiroler Landtag Abgeordneter war. Ostermann-Haus und Zottl-Villa mussten vor Jahrzehnten schon ebenfalls Neubauten weichen. Neben der Bäckerei Singer befand sich bis 1938 das Textilgeschäft der jüdischen Familie Gottlieb, die 1906 nach Wörgl kam und 1911 ihr Geschäft eröffnete. Von den Nazis verfolgt flüchtete die Familie nach Wien, die beiden Söhne Erwin und Otto weiter nach Fernost, sie überlebten. Die Eltern wurden im KZ Theresienstadt ermordet, die Tochter Irma mit ihrem Mann Karl Rosenberg auf der Flucht nach Palästina von den Nazis eingeholt und ebenfalls ermordet. 

Der Stadtrundgang führte von der Stadtapotheke, in der Hans Gwiggner 1951 als Laborant seine Ausbildung zum Apotheker begann und dann 20 Jahre bis zum Wechsel in die Krankenhausapotheke arbeitete, wieder retour Richtung Süden.

Beim Unterkrumbacher erzählt Hans Gwiggner von der Villa Rustica aus der Römerzeit, die 1842 im Anger des Hofes entdeckt, erstmals freigelegt und vermessen wurde. Aus dieser Zeit stammt eine Skizze, die das Ausmaß des Gebäudekomplexes mit 23 mal 40 Metern angibt. 1947 führte der Archäologe Prof. Franz Ausgrabungsarbeiten durch und 1956/57 erkundete der Wörgler Heimatforscher Dr. Paul Weitlaner das Gelände. Im Zuge dieser Grabungsarbeiten wurde ein Mosaik entdeckt, allerdings dann wieder überschüttet. Die bewegte Geschichte des Anwesens begann im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt. Der Bau erfolgte in zwei Etappen im ersten und zweiten Jahrhundert. Der Landsitz wurde als Landwirtschaft genutzt, dürfte aber aufgrund seiner Ausstattung noch anderen Zwecken gedient haben. Im dritten Jahrhundert wurde die Villa erstmals durch Allemannen zerstört, danach aber wieder aufgebaut. Die Römer blieben etwa bis 500 n.Chr. in Wörgl stationiert.

Stationen des Stadtrundganges: Die "Wilhelm-Busch-Brücke" über den Wörgler Bach, Wörgls Bauernhöfe in der Kanzler-Biener-Straße und jenes Haus in der Friedhofstraße, in dem einst ein Lehrer 120 Kinder unterrichtet hatte (Bild rechts).

Vom Kargl-Bauern in der Bahnhofstraße weiß Hans Gwiggner auch einiges zu berichten. So hat der Hof schon im 13. Jahrhundert so geheißen und brannte im Zuge der Tiroler Freiheitskämpfe am 13. Mai 1809 ebenso wie der benachbarte Gollnerhof nieder. Feuer war früher eine allgegenwärtige Bedrohung - so brannte 1855 auch das heutige Horngacherhaus am Wörgler Bach ab.

Bis ins 13. Jahrhundert ist die Geschichte des abgerissenen Gasthofes Aufinger belegt, das "Gut Glätt" gehörte den Freundspergern und war ab etwa 1290 dem Kloster Mariathal abgabenmäßig zugeteilt. Um 1800 erwarb Georg Waltl aus St. Ulrich im Pillerseetal das Gut, 1895 heiratete der Metzgermeister Aufinger aus Häring eine Waltl-Tochter und betrieb die Metzgerei. Wo heute die Bäckerei Mitterer seit 130 Jahren täglich frisches Brot herstellt, befand sich schon seit 400 Jahren eine Bäckerei. Eine Tradition, die in Kürze mit der Übersiedelung der Backstube ins benachbarte Kirchbichl enden wird.

Die hier wiedergegebenen Informationen sind nur eine Auswahl aus dem Füllhorn von Geschichten und Anekdoten, die Hans Gwiggner bei seinen Stadtrundgängen erzählt. Wer sich für Wörgls Geschichte interessiert, dem sei auch das Wörgler Heimatbuch, herausgegeben von Josef Zangerl, erhältlich in der Buchhandlung Zangerl in Wörgl mit besten Empfehlungen ans Herz gelegt!

Der Stadtrundgang führte weiter über die Kanzler-Bienerstraße bis zur Hölzl-Brücke, von dort in die Friedhofstraße, über den Kirchhof zurück zum Ausgangspunkt beim Heimatmuseum, filmisch dokumentiert von Armin Oberhauser und Norbert Perger (Bild Mitte v.l.). Kulturreferent Mag. Puchleitner bedankte sich abschließend bei Hans Gwiggner für die interessante Führung.


Alt trifft Neu: Der Wohnbau am Gradlareal im Rohbau und die Umgestaltung der Neuen Post zur Apotheke. Ob das architektonisch ein Gewinn für Wörgl ist, sei dahingestellt....

Weitere Bilder vom Stadtrundgang mit Hans Gwiggner hier in der Galerie...