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Beschlüsse aus dem Wörgler Gemeinderat am 11.12.2014 |
Großes Publikumsinteresse herrschte zu den Tagesordnungspunkten Verkauf städtischer Wohnungen und Ankauf der Bad Eisenstein-Liegenschaft. Die diesbezüglichen Anträge des Immobilienausschusses verlas dessen Vorsitzender Grün-GR Alexander Atzl (Bild Mitte rechts mit GR Richard Götz). Die Gegner des Badl-Ankaufes fanden sich bei SPÖ, FWL und UFW.
Schon zu Beginn der Sitzung sorgten die Immobilien-Geschäfte für kontroverse Diskussionen. Als Ausschuss-Vorsitzender Grün-GR Alexander Atzl die Vorverlegung der Tagesordnungspunkte beantragte, da er aus beruflichen Gründen um 20 Uhr die Sitzung verlassen müsse, stimmte die FWL dagegen und beantragte die Absetzung von der Tagesordnung, da ein vom Stadtrat in Auftrag gegebenes Verkehrswertgutachten übers Badl erst kurz vor Sitzungsbeginn den Gemeinderäten übermittelt wurde. Mit 12:9 Stimmen blieb der Badl-Ankauf auf der Tagesordnung.
Mietshäuser in der Kranewitterstraße verkauft
"Im Februar 2014 wurden die Gemeindemietshäuser Franz Kranewitter-Straße, Franz Schubert-Straße und Augasse zum Verkauf ausgeschrieben", erklärte GR Atzl einleitend. Die Ausschreibung ging an sämtliche gemeinnützige Wohnbauträger und wurde zusätzlich öffentlich bekannt gemacht, worauf sich 12 Interessenten meldeten. Mit 17. März lagen 8 Angebote, aber nur 5 Bieter vor. Nachdem kein Angebot über dem Schätzwert lag, wurden Nachbesserungen verhandelt, so Atzl. Mit 1,2 Millionen Euro liege der Verkaufspreis für die Liegenschaft Kranewitterstraße nun knapp über dem Schätzwert, woraufhin der Ausschuss den Kaufvertrag ausgearbeitet habe.
"Die Alpenländische Heimstätte hat die Hausverwaltung 1987 übernommen. Am 31.12.2013 weist das Guthabenkonto einen Stand von 275.798,45 Euro für die Gemeinde aus, die Stadt hat davon aber nie etwas abgeschöpft. In diesen 17 Jahren wurden pro Monat und Wohnung somit 17 Euro eingenommen", so Atzl. Mit dem Verkauf an die Alpenländische Heimstätte werden alle Mietverhältnisse übernommen: "Die Mieter sind abgesichert." Was die Mietzinsreserve von 119.305,85 Euro betreffe, so verbleibe diese bei der Alpenländischen Heimstätte für weitere Sanierungen und Verbesserungen.
Bürgermeisterin Hedi Wechner ging auf die Kaufpreisverhandlungen ein. Das erste Angebot betrug 985.000 Euro, das nächste 1.087.000 Euro und mit Nachbesserung 1,2 Mio. Euro. "Wenn man die Mietzinsreserve berücksichtigt, bleibt der Kaufpreis bei rund 1,087 Mio. Euro", so Wechner, die die Frage nach der Immobilienertragssteuer stellte. GR Huter (FWL) stellte diese mit 200.000 Euro in den Raum. "Diese Steuer fällt nicht an, da die Gemeinde die Häuser errichtet hat und es sich um den Erstverkauf handelt", erklärte Atzl dazu.
Wechner sprach sich gegen den Verkauf der Wohnungen aus, da sie die Gemeindemietshäuser als "soziale Aufgabe" der Stadt betrachte und es auch nicht Absicht sei, damit Gewinn zu erwirtschaften. Sozialreferentin Vizebgm. Evelin Treichl wies auf die einstimmig beschlossene Vorgangsweise im Vorfeld hin: "Wegen der Veräußerung wurden alle Kredite getilgt, um die Liegenschaft lastenfrei zu haben. Im Gemeinderat wurde alles einstimmig beschlossen, von der Einholung der Schätzgutachten bis zur Ausschreibung. Wegen der Mieter-Erstinfo wurde sogar zugewartet." Wobei Treichl die Bürgermeisterin kritisiert, dass diese die Mieter anstatt zum damaligen Zeitpunkt erst vor zwei, drei Wochen informiert und nicht alle Mandatare dazu eingeladen habe - sie sei davon nicht informiert worden.
"Die Versammlung war beim Volkshaus", teilte FWL-STR Mario Wiechenthaler vor, dem der Verkaufspreis zu gering ist, auch bei 1,2 Mio. Euro: "Die Liegenschaft beträft 4.700 Quadratmeter, das macht 255 Euro pro Quadratmeter. In unmittelbarer Nähe werden 400 Euro pro Quadratmeter bezahlt. Bei 2.700 Quadratmeter Wohnnutzfläche sind das pro Quadratmeter 440 Euro - das ist ein Schnäppchen." "Seit zwei Jahren liegen die Schätzung vor - erstaunlich, dass man da erst jetzt draufkommt, dass es zu wenig ist", erwiderte Atzl und erklärte: "Der Grund ist nicht baureif, dort leben Mieter. Das ist anders zu bewerten als ein freies Baugrundstück. Da wäre der Wert mit 800.000 Euro mehr anzusetzen." Wiechenthaler meinte, schätzen lassen heiße dann nicht verkaufen und erinnerte an das seinerzeitige Abstimmungsverhalten von Vizebgm. Taxacher, der den Verkauf abgelehnt hatte.
"Grund veräußern ohne etwas dafür zu kaufen, da war ich nicht dafür", entgegnete Taxacher. Was hier durch die Verwendung des Verkaufserlöses für den Ankauf einer Liegenschaft nicht der Fall sei. Was das leistbare Wohnen angehe: "Die unbefristeten Mietverträge sind günstig, die befristeten und neue sind teurer, das Wohnen bleibt dort also nicht so billig." "Wenn die Mietzinsreserve nicht innerhalb von 10 Jahren für die Sanierung verwendet wird, fällt sie der Stadt zu. Derzeit sind noch 8 Wohnungen Substandard ohne Bad", erklärte Treichl.
Gegen den Verkauf sprachen sich weiters SPÖ-GR Christian Kovacevic - der Preis sei zu nieder - und UFW-GR Dr. Herbert Pertl aus, der keine Notwendigkeit für den Verkauf sehe. Bürgermeisterin Hedi Wechner wollte daraufhin den Antrag zurückstellen, was bei der Abstimmung mit 12:9 Stimmen abgelehnt wurde. Wiechenthaler forderte eine namentliche Abstimmung. Das Resultat: Die Mandatare der Bürgermeisterliste Arno Abler, des Team Wörgl und die Wörgler Grünen stimmten mit Ja, die Mandatare von SPÖ, FWL und UFW mit Nein. Die Übergabe erfolgt am 1.3.2015.
Vizebürgermeister Dr. Andreas Taxacher (links) brachte einen Vorschlag zur Nutzung des Badl-Areals ein. Bild rechts: die FWL-Mandatare Mario Wiechenthaler, Ekkehard Wieser, Lorenz Moser und Christian Huter.
11:9-Abstimmungsergebnis für Badl-Ankauf
Immobilienausschussleiter Atzl erläuterte zunächst, wie es zu Kaufverhandlungen betreffend die Liegenschaft Bad Eisenstein gekommen ist. Da 2016 die Verträge des Tennisclubs für die 4 Plätze beim Badl auslaufen, sei die Angelegenheit vom Sportausschuss im Immobilienausschuss gelandet, der für die weitere Nutzung ein Angebot von den Besitzern, der Eisenstein GmbH einholte. Die Miete hätte jährlich 45.000 Euro betragen, der Kaufpreis 600.000 Euro. Da beides zu hoch war, wurde angefragt, was der Kauf des gesamten Areals koste. Daraufhin wurde ein Kaufpreis von 1,25 Millionen Euro für das 12.000 Quadratmeter große Areal ausgehandelt und darüber ein Vertrag ausgearbeitet, der vom Rechtsvertreter der Stadt geprüft worden sei.
"Da in den Zeitungen die wahnwitzigsten Zahlen kolportiert wurden, hat die Stadt ein Schätzgutachten über den Verkehrswert der Liegenschaft eingeholt. Abzüglich Abriss und Sanierung der Tennisplatzmauer beträgt der Verkehrswert 1,465.700 Euro", erklärte Atzl. Der Kaufpreis von 1,25 Millionen Euro liege damit bei 80 % des Gutachtenwertes, weshalb die Stadt das Grundstück nun ankaufen und denErlös aus dem Verkauf der Liegenschaft Kranewitterstraße dafür verwenden solle.
Bürgermeisterin Hedi Wechner brachte daraufhin einen Abänderungsantrag von SPÖ, FWL und UFW ein, das Badl nicht zu kaufen und den Kranewitter-Wohnungserlös je zur Hälfte für den Umbau Feuerwehrhaus und den Neubau der Musikschule zu verwenden. Der Badl-Ankauf werde abgelehnt, da weder ein Nutzungskonzept noch die Folgekosten vorliegen würden.
FWL-STR Wiechenthaler erinnerte, dass 2004 der UFW-Antrag auf Ankauf des Badl um 750.000 Euro von den jetzigen Befürwortern abgelehnt worden sei und zitierte neuerlich aus zwei der Stadt vorliegenden Gutachten, die zum damaligen Zeitpunkt bei 371.000 Euro bzw. inklusive Schießstand bei 500.000 Euro lagen. "Das neue Verkehrswertgutachten wurde am Dienstag Nachmittag in Auftrag gegeben, an einem Tag erstellt uns wurde es eine Stunde vor der Sitzung zugestellt", kritisierte er und stellte fest, dass man sich die Höhe des Gutachtens selbst zuzuschreiben habe - schließlich habe ja der Gemeinderat die Widmung für den Beherbergungs-Großbetrieb genehmigt. Wiechenthaler stellte weiters die Fusion der beiden Tennisvereine TC und ESV in Frage und zweifelte an, dass die Plätze für 18 Mannschaften im Turnierbetrieb ausreichen. Wiechenthaler glaubt auch, dass man weniger bezahlt hätte, wenn man das Grundstück direkt von der Home of Balance-Gesellschaft gekauft hätte (diese hatte im Februar 2014 an die Eisenstein GmbH um eine Million Euro verkauft, Anm.d.Red.)
Bgm. Wechner ergänzte, dass das Verkehrswertgutachten im Stadtrat von Vizebgm. Treichl beantragt und mehrheitlich beschlossen wurde. Der Gutachter habe sich schon vorher das Gelände angesehen, weshalb eine rasche Beurteilung möglich war.
Diskussionspunkt war weiters die Zusammenführung der Tennisclubs. Treichl und Sportreferent GR Hubert Aufschnaiter teilten mit, dass der ESV für die Errichtung eines gemeinsamen Tenniszentrums sei. "Eine Lösung mit zwei Clubs ist möglich, die können miteinander - und für die Turniere reichen die Plätze aus", so Aufschnaiter. Seit zwei Jahren suche man eine Lösung für beide Clubs.
Als günstigste Variante bezeichnete Treichl den Ankauf der gesamten Badl-Liegenschaft: "Die Eisenstein GmbH kaufte um eine Million, an Nebenkosten fielen 150.000 Euro an. Damit bleiben den Besitzern 100.000 Euro. Was wäre die Alternative? Bis 2019 warten? Die Besitzer warten sicher nicht", so Treichl. Die Tennisclubs brauchen zudem vorher eine Lösung. Der Neubau eines Tenniszentrums hätte 1 Million Euro gekostet. Die Tennisplätze beim Badl für beide Vereine, die bestehen bleiben, zu nützen, sei die günstigste Variante. Dass noch kein Gesamtnutzungskonzept für die 12.000 Quadratmeter bestehe, liege am kurzen Zeitraum: "Es gibt dafür viele Ideen - mit Bürgerbeteiligung lässt sich da sicher ein gescheites Konzept erstellen."
"Die Gespräche für ein neues Tenniszentrum laufen seit 2011, 2012", teilte Vizebgm. Taxacher mit, der schon 2004 das Badl-Areal um 750.000 Euro ankaufen wollte. 2011/12 sei das Home of Balance-Hotelprojekt noch in der Schwebe gewesen. "Jetzt haben wir Druck. Der TC kann 2015 nicht mehr spielen, weil eine Mauer beim Einstürzen ist. Die Notsanierung ist nicht erfolgt. Damit steht der TC ab dem Frühjahr ohne Sportstätte da." Zudem seien beide Vereine sehr in der Nachwuchsarbeit mit Kindern und Jugendlichen engagiert, weshalb die Stadt bei den Sportstätten helfen soll. "Ich habe ein Konzept im Kopf, mit dem man das Areal dritteln kann - 4.000 Quadratmeter für das Tenniszentrum, 4.000 Quadratmeter heraus parzellieren und im Baurecht für die Errichtung eines Ausflugslokals vergeben und 4.000 Quadratmeter als Naherholungsgebiet sichern", so Taxacher. Was Folgekosten betrifft, weißt Taxacher darauf hin, dass Pachteinnahmen mit Tenniszentrum und Gastronomie erzielt werden können.
"Warum war man damals gegen den Badl-Ankauf und ist jetzt dafür?" wollten GR Huter und GR Pertl wissen. "Weil ich damals der Meinung war, ein Hotel für Wörgl wäre wichtig", erklärte Treichl und Vizebgm. Taxacher: "Mich ärgert, dass es nicht schon längst gekauft wurde!" Er verstehe auch den Ärger jener, die damals das Badl kaufen wollten - aber immer nur zurück zu schauen sei zu wenig, wie man an Beispielen wie dem Astnersaal oder der Wörgler Skilifte sehe.
Bürgermeisterin Wechner bezeichnete den Badl-Ankauf als "Fahrlässigkeit". Die Eisenstein Gmbh habe nach dem neuen Verkehrswertgutachten 490.000 Euro weniger bezahlt als die Bewertung ergebe. Sie zweifle das Gutachten nicht an, aber die Erstellung basiere auf einer Schätzung, bei der man eine Bandbreite ausschöpfen könne: "Wir kaufen jetzt eine Widmung für einen Beherbergungsgroßbetrieb - damit kommen wir als Schildbürger in die Zeitung."
"Sollte das Verkehrswertgutachten nur einen Euro unter dem Kaufpreis liegen, hätte ich nicht zugestimmt", erklärte Taxacher, der das Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen in keiner Weise anzweifelt.
FWL-GR Wieser wollte von den Gemeinderäten Puchleitner und Ladstätter der Bürgermeisterliste wissen, ob sie mitstimmen und wer hinter der Eisenstein GmbH stehe - was Vizebgm. Treichl erläuterte: "Die Eisenstein Gesellschafter sind die Fa. Stapf GmbH, Hochstaffl & Rupprechter GmbH und die Andreas Hochstaffl Immobilien GmbH. Geschäftsführer sind Roland Ponholzer und Alexander Horngacher.
"Das grenzt an Populismus", erklärte Puchleitner, Kulturreferent und Leiter der Landesmusikschule. Es gäbe für den Neubau der Musikschule gültige Gemeinderatsbeschlüsse, das Eine könne nicht mit dem Anderen verquickt werden. "Seit Jahren diskutieren wir nur, ich will endlich Entscheidungen", so Puchleitner, der die Badl-Vorgangsweise als stimmig ansieht: "Das ist die letzte Chance, das Badl für die Öffentlichkeit zu sichern. Der Themenpark Energie würde mir dort auch viel besser gefallen als beim Wertstoffhof."
"Das ist nicht stimmig, das stinkt", meldete sich FWL-GR Huter zu Wort und bezeichnete als "unerträglich, so mit Steuergeld umzugehen." Wiechenthaler wies daraufhin, dass die Hotel-Zufahrt nicht geregelt war. Taxacher steht am Standpunkt, dass die Zufahrt damals nicht stimmig war, jetzt bei Drittelung der Nutzung ausreiche.
Von links: STR Dr. Daniel Wibmer, Vizebgm. Evelin Treichl, Bgm. Hedi Wechner, der Sitzungssaal nach dem Auszug der FWL.
Das Abstimmungs-Prozedere begann mit der Beschlussfassung über den Abänderungsantrag, das Badl nicht anzukaufen - wofür sich mit 9 Befürwortern bei 12 Gegenstimmen zu wenige fanden. Wiechenthaler verlangte wiederum eine namentliche Abstimmung, worauf 11 Mandatare der Bürgermeisterliste Arno Abler, vom Team Wörgl und GR Atzl für den Ankauf der Bad Eisenstein-Liegenschaft stimmten, Grün-GR Götz sich der Stimme enthielt und 9 Mandatare von UFW, FWL und SPÖ sich dagegen aussprachen. Nach dem Ankaufsbeschluss erklärte Wiechenthaler, dass die FWL diese Politik nicht mittragen wolle. Alle vier FWL-Mandatare verließen für den Rest der Sitzung den Saal und verbrachten die Zeit an der Bar des Komma-Cafés.
Die FWL-Mandatare waren dann aber nicht die einzigen, die leere Stühle im Saal hinterließen. Berufsbedingt verabschiedeten sich GR Mohn und GR Atzl ebenfalls vorzeitig, zeitweise waren auch Vizebgm. Treichl und Ersatz-GR Rieser nicht im Saal, womit teilweise nur 13 stimmberechtigte Mandatare anwesend waren. Vizebgm. Treichl brachte im Lauf der weiteren Sitzung ihr Missfallen über das Verhalten der FWL-Mandatare zum Ausdruck, dass diese "die Sitzung verlassen und unten Party feiern."