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Therapiehunde im Einsatz an den Wörgler Volksschulen
vero / 08.02.2015 14:56
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Wörgl  Bildung  Jugend  Volksschule  Schule  Kinder  Tiere  Therapiehunde 

Die Beschäftigung mit dem Hund als Motivation – im Verhalten der Kinder wirkt sich das ebenso positiv aus wie auf Lernerfolge.

Die Kinder sitzen gespannt im Kreis und beobachten, was passiert. Sie erleben eine Premiere – erstmals sind die beiden Therapiehunde Joy und Lenni gemeinsam im Einsatz. „Wie lautet das Ergebnis der Rechnung sieben mal fünf weniger dreißig?“ fragt die Lehrerin Conny Lange in die Runde und die Hände schnellen hoch – als Belohnung winkt, den Hund genauso oft zu bürsten. Beim Lernwörter Schreiben, Lesen Lernen und im Turnunterricht sind die „Lehrer auf vier Pfoten“ ebenso im Einsatz wie als Wegbegleiter am Wandertag oder als Tröster für turnbefreite Kinder während der Turnstunden – und sie können noch viel mehr, wie die beiden Hundeführerinnen Karin Schwaiger mit ihrem zweijährigen schwarzen Labrador Lenni  in der Volksschule 1 und Conny Lange mit dem 6jährigen Golden Retriever Joy in der Volksschule 2 feststellen.

Das Schulprojekt Therapiehund startete an der Volksschule 2 vor acht Jahren. Leider kam der erste Therapiehund Balu nach zwei Jahren ums Leben. Daraufhin ergriffen die Eltern der Integrationsklasse die Initiative und setzten alles daran, wieder einen Hund in die Klasse zu holen. Sie sammelten Geld und die Klassenlehrerin Conny Lange ließ sich neuerlich auf das Experiment ein. „Joy setzte seine 1. Pfote mit gerade einmal acht Wochen an unsere Schule“, erzählt Conny und erinnert sich, dass das Hundebaby von Anfang an als Co-Therapeut wirkte. „Damals klaute der kleine Vierbeiner einfach alles, was unordentliche Schüler herum liegen ließen. Die Kinder lernten in Windeseile, Ordnung zu halten.“ Und Rücksicht zu nehmen. Still sitzen, wenn der Welpe schläft, den Hund in Ruhe zu lassen, wenn er sich zurückzieht, frisst oder trinkt, Regeln einhalten.

„Die Kinder lernen Verantwortung zu übernehmen, das stärkt ihr Selbstbewusstsein“, berichtet Karin Schwaiger, die vor zwei Jahren mit Lenni in einer Integrationsklasse mit sehr schwierigen Bedingungen und Verhaltensweisen startete. „Ein Hund wirkt zwischen Lehrer und Schüler als Mittelsmann und Therapeut. Er vermag in Welten der Schüler vorzudringen, in die sonst keiner mehr Zugang hat“, erklärt Conny Lange.  „Er ist auch ein Seelentröster – Kinder erzählen ihm ihren Kummer“, berichtet Karin. Ein Hund nimmt jedes Kind an, wie es ist und wertet nicht. Er lehrt Kinder, Vertrauen zu einem Lebewesen aufzubauen, mit allen Sinnen wahrzunehmen, setzt aber auch Grenzen.  Die Hunde wirken sich positiv auf die Empathiefähigkeit, das Aggressionsverhalten, den Stresspegel und den Wissenserwerb aus.

Lenni kam ebenfalls als Welpe mit drei Monaten in die Klasse, bekam da seine Hundehütte. „Der Hund wurde ständig als Belohnung eingesetzt und wir erreichten schon im ersten Jahr eine starke Verbesserung im Verhalten der Kinder“, berichtet Karin. Zum Resultat zählen viel weniger Störungen des Unterrichtes und bessere Lernerfolge, so konnte bei einem Kind der sonderpädagogische Förderbedarf sogar aufgehoben werden.

Für die Ausbildung der Hunde pendelten die beiden Lehrerinnen nach Ostösterreich. „Joy of Schloss Windsor“ erhielt seine Ausbildung in Wien und Oberösterreich, Lenni in Oberösterreich und Salzburg. In Tirol bietet der Verein Mensch und Tier in Telfs jetzt auch Therapiehunde-Ausbildung an. Die engagierten Lehrerinnen nehmen weite Wege mit ihren Vierbeinern in Kauf, da jährliche Fortbildungen und Hundetests weiterlaufen. Die positiven Effekte im Unterricht wiegen den Aufwand allerdings mehr als auf. Die Hunde sind bis zu maximal drei Tage in der Woche in den Klassen. „Der Hund signalisiert, ob er mit will“, weiß Conny. Und er zeigt mit Freudensprüngen, dass er sich auf seinen Job in der Schule freut. Joy wird im Unterricht, beim Sozialen Lernen und im Seniorenheim Wörgl eingesetzt. „Danach braucht er zum Stressabbau ausreichend Auslauf“, erzählt Conny. Hunde spüren, ob auf ihre Bedürfnisse Rücksicht genommen wird. Und so stößt deren Einsatz bei Schwerstbehinderten auf Grenzen.

„Grundsätzlich sind alle Hunderassen als Therapiehund geeignet. Es kommt auf die Sozialisierung und Prägephase an“, sind Conny und Karin überzeugt. Ein Hindernis stellt in vielen Gemeinden das Hundeverbot in öffentlichen Gebäuden dar. An den Wörgler Volksschulen wurden die vierbeinigen „Lehrer“  mit Unterstützung der Stadt von Anfang an willkommen geheißen und von allen ins Herz geschlossen. „Die Zeiten, in denen wir jede Jause streng bewachen mussten, sind vorbei. Aber das Lernen geht weiter“, sagt Conny und alle hoffen, dass die Therapiehunde noch lange den Schulalltag „versüßen“.