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Beschluss im Wörgler Gemeinderat am 19. Februar 2015 |
vero / 21.02.2015 10:49
0 Wörgl Politik Gemeinderat Stadt Volksbefragung BadEisenstein Badl Badl-Ankauf |
So viele ZuhörerInnen wie selten bei Gemeinderatsitzungen verfolgten die Diskussion und Beschlussfassung zur Causa Ankauf Liegenschaft Bad Eisenstein.
Bürgermeisterin Hedi Wechner beantragte die Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 19. Dezember 2014, mit dem das Badl-Areal um 1,25 Millionen Euro angekauft und beschlossen wurde, dazu den Erlös aus dem Verkauf der städtischen Wohnungen in der Kranewitterstraße zu verwenden. Wechner begründete in der Gemeinderatsitzung am 19.2.2015 nach der Antragsverlesung, warum sie die Unterschrift unter dem Kaufvertrag - der bereits von den Vizebürgermeistern unterzeichnet ist - verweigerte. Die Stadt habe ihrer Meinung nach keinen Nutzen vom Ankauf. Sie kritisisiert den Verkauf der städtischen Wohnsiedlung, von deren Verkaufserlös in der Höhe von 1,2 Millionen Euro durch die einfließende Mietzinsrücklage (119.000,- Euro) sowie die Immobiliensteuer von 42.000 Euro gemindert werde. Der Rest des Badl-Kaufpreises werde aus der Mietzinsrücklage und damit von den Mietern finanziert, behauptete Wechner und wiederholte ihren bereits bekannten Standpunkt.
FWL-STR Mario Wiechenthaler blieb ebenso bei seiner Ablehnung, eine "ruinöse Liegenschaft ohne Nutzungskonzept" zu kaufen und dafür zweckentfremdet auch Mietzinsrücklagen zu verwenden und diese den Mietern "wegzunehmen". Angesichts anstehender Großprojekte sei kein Geld für den Badlankauf da. Zum Ansinnen, dort Flüchtlinge unterzubringen, habe "die BH das Objekt als gänzlich ungeeignet bezeichnet", so Wiechenthaler, der im Falle eines Beharrungsbeschlusses eine Aufsichtsbeschwerde überlege. Was die Flüchtlingsunterbringung betriftt meinte Treichl: "Die BH hat bestätigt, dass dieses Ansuchen einlangte. So wie das Haus jetzt aussieht natürlich nicht, aber wenn die Eigentümer es sanieren, sieht die Sache anders aus."
Falsche Zahlenspiele
Vizebgm. Evelin Treichl rief in Erinnerung, dass die Tennisplatz-Problematik Auslöser für den Ankauf der Liegenschaft war, was sich im Zuge von monatelangen Verhandlungen als "günstigste und beste Lösung" herausgestellt habe. Treichl zitierte aus Ausschuss-Protokollen, denenzufolge FWL-GR NR Carmen Schimanek sowohl am 8.9. als auch am 20.10. das Badl für die Stadtl als sehr interessant bezeichnet habe. "Und plötzlich ist in Wörgl der Wahnsinn ausgebrochen. Man hetzt Vereine gegeneinander auf - so etwas hat es noch nie gegeben. Es ist eine Katastrophe, was man mit so einer Politik anrichtet", so Treichl, die daraufhin auf kolportierte Zahlen einging. Beim angegebenen Kaufpreis von 750.000 Euro vor 10 Jahren fehlte der Liegenschaftsanteil von Thomas Riedhart - mit diesem wäre der Preis bei rund einer Million Euro gelegen. Was die Mietzinsrücklage der Kranewitterstraße betrifft, so sei hier zu unterscheiden zwischen der Sanierungsrücklage in Höhe von 119.000 Euro, die bei der Alpenländischen Heimstätte den Mietern erhalten bleibt, und dem Geld, das aufgrund nicht vorgenommener Sanierungen nach 10 Jahren der Stadt zufällt.
Auch Grün-GR Alexander Atzl wies auf diesen Unterschied hin und reihte Wechners Aussage, die Mieter würden das Badl finanzieren, "in die Kategorie der politischen Hinterfotzigkeit." Vor drei Jahren sei der Verkauf der städtischen Wohnungen einstimmig beschlossen worden. Was den Badl-Kaufpreis betrifft, entspreche die 1 Million Euro 2004 bei Anrechung des Verbraucherpreisindexes dem heutigen Kaufpreis von 1,25 Millionen Euro. "Ums Badl geht´s ja im Grunde garnicht mehr - da wurde der Vorwahlkampf gestartet, den man sich von den Wörglern in Form einer Volksbefragung bezahlen lässt", so Atzl.
Das wies Bgm. Hedi Wechner zurück und griff Vizebgm. Treichl an, diese sei als Wohnungsreferentin für die Sanierung der Wohnungen in der Kranewitterstraße zuständig gewesen. Es sei "ein Versäumnis der Stadt, wenn diese nicht renoviert wurden". Worauf Treichl widersprechen, Wechner ihr das Wort aber nicht erteilen wollte. "I red trotzdem! Das weise ich strikt zurück. Über jede Wohnung wurde im Stadtrat abgestimmt, die Entscheidungen waren immer einstimmig! Bei einem Mietpreis von 1,40 Euro pro Quadratmeter kann man nicht sanieren", erklärte Treichl. Deshalb seien solche Wohnungen auch nicht mehr vermietet worden. Da nicht saniert wurde, sammelte sich das Geld am Rücklagenkonto. "Es sind exakt 275.798,45 Euro in der Kranewitterstraße, die nie für Sanierungen ausgegeben wurden. Diese können dem Budget zugeschlagen werden für Projekte", räumte Wechner ein und eröffnete eine neue Front: "Wer war Verhandlungsleiter?" Sie sei übergangen worden. Ein Ausschuss habe nur empfehlenden Charakter, laut TGO habe nur der Bürgermeister die Vertretung der Gemeinde nach außen. Und auch nur der Bürgermeister könne per Verordnung Vertretungsrechte an den Vorstand delegieren, was sie nicht getan habe. "Ihr habt kolportiert, dass die Stadt das Badl kauft - dazu wart ihr nicht berechtigt", erklärte Wechner und bestand auf die Volksbefragung.
"Volksbefragungen sind sehr demokratisch und da wird auch keiner dagegen sein. Laut TGO dienen sie zur Entscheidungsfindung vor einem Beschluss, nicht nachher! Das ist ein Schildbürgerstreich", meinte Treichl, wobei Bgm. Wechner entgegnete, dass der §52 der TGO kein Schildbürgerstreich sei, sondern ein legitimes Mittel.
UFW-GR Dr. Herbert Pertl bedauerte, dass die Badl-Debatte leider sehr emotional und nicht objektiv geführt werde und Unstimmigkeiten zwischen Personen statt der Sache selbst im Vordergrund stehen und erinnerte daran, dass das UFW 2004 für den Ankauf war. Jetzt eine Hotelwidmung zurückzukaufen wäre ein Schildbürgerstreich. Was den Verkauf städtischer Wohnungen betrifft: Bei der Schätzung des Familiensilbers sei vom Verkauf nicht die Rede gewesen.
Keine neuen Argumente
"Seit drei Monaten haben sich die Argumente nicht viel verändert", stellte SPÖ-GR Christian Kovacevic fest, der den Verkaufserlös aus den Stadtwohnungen für die "Projekte in der Pipeline" wie Feuerwehrhaus, Musikschule und Seniorenheim verwenden will. Das Badl sei zwar "sehr schön, aber angesichts anstehender Projekte nicht leistbar".
Von den drei ausgeschriebenen städtischen Wohnanlagen wurden zwei zurückgestellt, da der erzielbare Erlös zu gering war. Darauf wies Schimanek hin, die sich "über den Tisch gezogen fühlt", da die Verknüpfung des Badl-Ankaufes mit dem Verkauf der Kranewitterstraße-Liegenschaft erst später erfolgte.
Vizebgm. Treichl erinnerte an den Communalp-Gemeindeentwicklungsprozess, bei dem das Badl als priorisiertes Projekt drin gewesen sei und die Finanzierung der anstehenden Großprojekte unabhängig vom Badl-Ankauf erfolgen werde. Wechner entgegnete, dass bei den 16 favorisierten Projekten ein Badl-Ankauf nicht dabei war.
Warum erst jetzt eine Volksbefragung?
Zwei Fragen richtete GR Atzl an die Befürworter der Volksbefragung: Warum wurde diese nicht im Herbst vor der Beschlussfassung im Dezember-Gemeinderat angestrebt? Alle Fraktionen wussten drei Monate vor dem Ankaufsbeschluss Bescheid über die Absicht. Die zweite Frage. Was erwartet man sich jetzt? "Der mehrheitliche Gemeinderatsbeschluss löst eine vertragliche Verpflichtung aus, die Volksbefragung ist nicht binden für den Gemeinderat. Der Gemeinderatsbeschluss bleibt aufrecht, unabhängig vom Ergebnis der Volksbefragung", so Atzl, der von Wechner wissen wollte, ob sie dann auch nicht unterschreibt. Solange rechtlich nicht geklärt sei, welche vertraglichen Verpflichtungen durch den Gemeinderatsbeschluss und die bereits geleisteten Unterschriften der Vizebürgermeister bestehen, sei für ihn privat das Ergebnis der Volksbefragung uninteressant. "Was ist mit den Ansprüchen der Verkäufer?" wollte Atzl wissen und bezog sich auf ein Schreiben der Badl-Eigentümer an die Stadt.
Unterschiedliche Rechtsauffassungen
"Ein Gemeinderatsbeschluss ist kein Vorvertrag. Für mich ist die Volksabstimmung bindend", erklärte Bgm. Wechner und sie werde den Vertrag nur unterschreiben, wenn die Bevölkerung den Ankauf will. Schadenersatzforderungen der Eigentümer "entlocken mir ein mildes Lächeln. Ich habe mich von ernst zu nehmenden Anwälten beraten lassen. Schadenersatz ist nur bei rechtswidrigem Verschulden, missbräuchlicher oder schikanöser Vorgangsweise fällig, nicht solange vernünftig vorgegangen wird. Der Sprecher der Stadt nach außen ist der Bürgermeister - ich wurde umgangen. Die Außenvertretung ist damit nicht erfolgt. Laut § 55 TGO, der die Vertretungsbefugnis regelt, sind Ausschussmitglieder nicht vertretungsbefugt. Der Gemeinderatsbeschluss ist eine rein interne Willensbildung und kein Vertrag. Niemand hat privatrechtlich einen Anspruch auf Umsetzung", so Wechner, die keine Schadenersatzpflicht sieht.
Finanzreferent STR Dr. Daniel Wibmer bestätigte zur Causa Kranewitterstraße, dass 275.000 Euro Guthaben der Gemeinde auf einem Treuhandkonto der Stadt liegen, die Mietzinsrücklage darin nicht enthalten ist. Der Badl-Ankauf habe sich über einen Zeitraum von einem halben Jahr entwickelt, längst nach den Verkaufsverhandlungen für die städtischen Wohnungen. Zur Volksbefragung meinte er, dass das jetzt laut TGO eben seinen Weg gehe. GR Mag. Johannes Puchleitner sieht den Zeitpunkt der Volksbefragung kritisch. "Warum hat man nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, dass der Gemeinderat mit einer Zweidrittelmehrheit im Herbst die Volksbefragung eingeleitet hat? " wollte er wissen und sorgt sich um die Wahlbeteiligung. Die Politikverdrossenheit wachse ständig durch die mediale Auseinandersetzung. "Wenn dann nur 10 oder 20 % hingehen - wie repräsentativ ist das dann noch?" so Puchleitner.
Streitfrage: Ab wann ist eine Volksbefragung repräsentativ?
Worauf Bgm. Wechner einen Aufruf an die Bevölkerung richtete, möglichst zahlreich hinzugehen. Zum Zeitpunkt der Volksbefragung: laut TGO habe sie als Bürgermeisterin erst nach dem Beharrungsbeschluss des Gemeinderates dazu die Möglichkeit, diese einzuberufen. Vizebgm. Treichl erinnerte daran, dass bei der letzten Volksbefragung in Wörgl zur Frage Tempo 30 die Wahlbeteiligung bei 20 % lag und Bürgermeisterin Hedi Wechner das Ergebnis als nicht repräsentativ abgelehnt hatte.
GR Elke Aufschnaiter vom Team Wörgl teilte mit, dass man weiterhin für den Kauf eintrete, um den Tennisclub nicht in der Luft hängen zu lassen. Der 2. Wörgler Tennisclub vom ESV habe "da oben auch leicht Platz".
STR Wiechenthaler stellte wiederum den Antrag auf namentliche Abstimmung. 9 Mandatare von SPÖ, UFW und FWL waren für die Aufhebung des Ankauf-Beschlusses, 11 Mandatare von Bürgermeisterliste Arno Abler, Team Wörgl und Grün-GR Atzl beharrten auf dem Ankauf, Grün-GR Richard Götz enthielt sich der Stimme.
Da der Beharrungsbeschluss mehrheitlich gefasst wurde, erfolgt nun die Ausschreibung der Volksbefragung innerhalb einer Woche durch die Vizebürgermeisterin. Die Befragung hat dann innerhalb von sieben Wochen an einem Sonn- oder Feiertag stattzufinden. Die Gemeinderatsfraktionen Bürgermeisterliste, SPÖ und FWL haben je Wahllokal drei Beisitzer und drei Ersatzmitglieder zu stellen.
Götz: "Volksbefragungsergebnis ist für Grüne bindend"
Per Presseaussendung meldete sich am Tag nach der Gemeinderatsitzung Grün-GR Richard Götz und teilte mit: "Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, wollen die Wörgler Grünen auf diesem Wege klarstellen, dass für die Wörgler Grünen eine Volksbefragung selbstverständlich bindend ist. Die Aussage von Gemeinderat Alexander Atzl bei der gestrigen Gemeinderatssitzung, dass für ihn eine Volksbefragung nicht bindend sei, ist NICHT die Meinung der Wörgler Grünen!! Gemeinderäte sind Vertreter des Volkes und wir verstehen eine Volksbefragung und das Ergebnis daraus als Auftrag des Volkes. ´Alle Macht geht vom Volk aus´."