Kommentare (0)

Anrainer-Info der Stadt Wörgl zur Flüchtlingsunterbringung in Pinnersdorf 3a am 22.6.2015 im Volkshaus Wörgl

Im Volkshaus Wörgl fand am 22. Juni 2015 die Anrainer-Information betreffend die Flüchtlingsunterbringung in Pinnersdorf statt, am Podium v.l. Harald Bachmeier, Geschäftsführer der Tiroler Sozialen Dienste GmbH, Pfarrer Theo Mairhofer, Bürgermeisterin Hedi Wechner und Moderator Dr. Anton Hütter (rechtes Bild).

Bürgermeisterin Hedi Wechner eröffnete den Abend mit der Begrüßung und einer Erklärung zur Vorgeschichte (mehr dazu im untenstehenden Kommentar). Erstmals wurde sie am 1. April 2015 von Harald Bachmeier über die geplante Unterbringung von Flüchtlingen informiert, wobei die Adresse falsch bekannt gegeben wurde. Dann wurde mitgeteilt, die Unterbringung verzögere sich auf Juli/August.

"Derzeit sind in Tirol 3.200 Asylwerber in Grundversorgung in 80 Einrichtungen untergebracht", teilte Harald Bachmeier, Geschäftsführer der Tiroler Sozialen Dienste GmbH mit, die heuer für die Organisation des Asylwesens in Tirol vom Land eingerichtet wurde und derzeit  75 Angestellte und viele freiwillige HelferInnen beschäftigt. Mehr als die Hälfte der registrierten Flüchtlinge kommen derzeit aus Syrien, weitere Hauptländer sind Iran, Irak und Afghanistan, wobei der Bezirk Kufstein als Transitraum gilt und der Großteil weiterziehen will.

Was die Unterbringung in Pinnersdorf betrifft, bezifferte Bachmeier die Zahl zunächst mit 25 bis 30 Menschen, wobei 30 die "technische Obergrenze" sei und bei der Besiedelung "behutsam" vorgegangen werde. Derzeit gehe man vorwiegend von Syrern aus, vorgesehen ist die Unterbringung als Selbstversorger-Struktur, das heißt die Flüchtlinge kochen selbst. Asylwerber erhalten bei dieser Unterbringungsform 200 Euro Verpflegungsgeld und 40 Euro Taschengeld monatlich. Für die Beschäftigung seien gemeinnützige Einrichtungen und Gemeinden aufgerufen, Arbeiten anzubieten.Deutschkurse für die Flüchtlinge sollen im Haus vom Roten Kreuz abgehalten werden. Was die Sicherheit betrifft, gäbe es vom Start weg begleitende Security, die Stadtpolizei werde eingebunden und im Falle eines Schadens bestehe eine Haftpflichtversicherung für die Asylwerber.

"Vier Fünftel sind Kriegsflüchtlinge, Menschen, die um Leib und Leben fürchten", erklärte Pfarrer Theo Mairhofer, der auch von seinen Erfahrungen in Uganda berichtete und darauf hinwies, dass Flüchtlings-Familien oft schwerst traumatisiert sind und Wörgl viele Ressourcen habe, um diesen Menschen helfen zu können.

Nach diesen einleitenden inhaltlichen Statements zum Thema des Abends eröffnete Moderator Dr. Anton Hütter die Diskussion, zu der die Stadt mit schriftlicher Einladung die unmittelbare Nachbarschaft in Weiler Haus, Pinnersdorf und einem Teil von Wörgl-Boden eingeladen hatte. Wer kommt überhaupt? Familien oder nur Männer? Gibt es medizinische und sicherheitspolizeiliche Checks? Wie lange läuft der Mietvertrag? Wer ist Ansprechpartner bei Schwierigkeiten? Wieviel kassiert der Hausbesitzer? Hat die Flüchtlingsunterbringung Einfluss auf die Straßensanierung? - so lauteten die Fragen der ersten Publikumsrunde, wobei die Frage nach der Straßensanierung zunächst Gelächter auslöste, da die für Dezember 2014 bis Juni 2015 angekündigten Sanierungsarbeiten bisher nicht stattfanden, die bereits angebrachten Vermessungsstangen entfernt und neuerdings die Bautafel der Strabag wieder zugehängt wurde. Bürgermeisterin Hedi Wechner sicherte in diesem Punkt zu, dass die Bauarbeiten zur Straßensanierung heuer noch erfolgen werden.

 

Von links: Harald Bachmeier, Theo Mairhofer, Hedi Wechner, Georg Mackner, Irmi Moritz.

Der Hinweis auf die Haftpflichtversicherung führte zur Nachfrage, was es denn heiße, "wenn etwas schiefläuft". Worauf Harald Bachmeier konkretisierte, dass diese bisher in einem Fall gebraucht wurde, bei dem Kinder eine Glasscheibe eingeworfen hatten - der Geschädigte bleibe nicht auf dem Schaden sitzen. Bei der Belegung bemühe man sich, Familien auszuwählen - durch den vorhandenen Garten sei das Haus dafür gut geeignet. Medizinische und polizeiliche Prüfungen erfolgen in den Erstaufnahmezentren des Bundes, bevor die Flüchtlinge auf die Länder verteilt werden. Die Miete pro Person und Monat betrage 100 Euro, der Mietvertrag wurde auf 10 Jahre abgeschlossen. Für die Betreuung vor Ort wird Frau Exenberger als Betreuerin zuständig sein, voraussichtlich 15 bis 20 Stunden pro Woche vor Ort, ansonsten am Handy erreichbar.

Nach weiteren Fragen zur Bewegungsfreiheit der Asylwerber stellte Bachmeier klar, dass Flüchtlinge  in der Grundversorgung frei sind, keiner Reglementierung unterliegen. Ob sich die Menschen in den zugewiesenen Unterkünften auch aufhalten, werde von einem Security-Streifendienst festgestellt, der im ganzen Land unterwegs ist. Die Betreuung im Haus erfolgt stundenweise, wobei hier die Tiroler Sozialen Dienste auf die Hilfe von Freiwilligen bei der Gestaltung der Tagesstruktur hinsichtlich erlernen von Kultur und Sprache hoffen. Für die Beschäftigung gebe es Kooperationen mit dem Freiwilligenzentrum in Hopfgarten und Gespräche mit kirchlichen Einrichtungen. Sollten Familien mit Kinder kommen, seien auch "Lernomas und Lernopas" willkommen. Zur Tagesstruktur zähle einkaufen gehen, kochen, Haushalt.

Flüchtlingsbetreuerin Elisabeth Heinzl erklärte, warum vor allem junge Männer als Flüchtlinge bei uns ankommen, nachdem der Vorwurf laut wurde, diese würden ihre Familien im Stich lassen. Die Männer stehen vor der Wahl sterben im Krieg oder überleben durch Flucht, sich retten und die Familie nachholen. Viele haben auch nicht das Geld, um für alle die teueren Schlepperkosten aufzubringen. Viele wollen ihre Frauen und Kinder auch nicht den Gefahren und Strapazen der lebensgefährlichen Flucht aussetzen. Erhält der Asylwerber den Status, holt das internationale Rote Kreuz auf sicherem Weg die Angehörigen ins sichere Land nach.

"Die Adresse 4 und 4a stimmt nicht - welches Haus ist es überhaupt? Und wie sieht es dort mit Sicherheit und Brandschutz aus?" lauteten weitere Fragen von Anrainern, worauf Bachmeier mitteilte, dass die Adresse Pinnersdorf 3a lautet und Brandmelder installiert werden. Da seit zwei Wochen die Umbauarbeiten im Haus laufen, tauchten weitere Fragen nach Verwendung der großen Garage auf, die direkt an der Grundgrenze des Nachbargrundstückes gebaut wurde. "Was zahlt das Land zu diesem Umbau? Wer ist jetzt der Besitzer? Und wenn diese Garage jetzt für Wohnzwecke genützt wird, dann bau ich meine Garage auch um!" lautete ein weiteres Statement.

Überbelegung befürchtet

Der Umbau inklusive Küche sei vom Eigentümer zu finanzieren, das Mobiliar bringt die Tiroler Sozialen Dienste GmbH. Georg Mackner von der Abteilung Soziales beim Land Tirol, zuständig für Immobilien, teilte mit, das das Objekt von einem Zillertaler erworben wurde. Bei der Miete sei mit 100 Euro pro Person und Monat "der Deckel drauf".

"Nach den vorliegenden Plänen dieses Hauses haben hier keine 30 Leute Platz. Das ist ein Einfamilienhaus", wandte Bürgermeisterin Hedi Wechner ein, worauf Bachmeier erklärte,  dass sich aufgrund des Berechnungsschlüssels die "technische Obergrenze von 30 Leuten" ergebe. Georg Mackner grenzte die Maximalbelegung mit 25 Personen ein, das Haus sei dafür "sanitärtechnisch ausreichend".

Bedenken, dass das Haus überbelegt wird und den Bewohnern "der Lagerkoller droht", kamen von Anrainerseite, wobei festgehalten wurde, dass im Falle eines Garagenumbaues für andere Zwecke auf dem ursprünglichen Verwendungszweck bestanden wird. 

"Wie groß ist die Wohnnutzfläche?" wollte Vizebgm. Dr. Andreas Taxacher wissen und erhielt darauf nicht gleich Antwort. Man müsse rechnen - dann teilte Georg Mackner mit, dass das beim 874 Quadratmeter großen Grundstück 340 Quadratmeter seien. Wobei diese Fläche die Garage beinhaltete. "Ich komme anhand  der Pläne überschlagsmäßig auf 200 Quadratmeter Wohnnutzfläche", erklärte Bgm. Wechner und hielt fest, dass "Umbauten ohne Bauanzeige stattgefunden haben. Das ist ein Wohnhaus, kein Heim." 30 Leute auf 200 Quadratmetern zu "kasernieren", sei "ein Ding der Unmöglichkeit". Mit der Verwendungszweckänderung sei zudem der Gemeinderat zu befassen.

LA21-Vorschläge: Mobilität, Vereinsaktivitäten...

Vorschläge zur Tagesstruktur der Flüchtlinge brachten Mitglieder der Bürgerinitiative LA21 aktiv ein. Etwa nach einem Kontingent von 25 Citybus-Jahreskarten für die Einrichtung oder das Organisieren von Fahrrädern, etwa aus dem in der Gemeinde gelagerten Bestand der gefundenen Räder. Da im Ort Bruckhäusl nicht einmal ein Lebensmittelgeschäft existiert, erhält die Mobilität der BewohnerInnen besondere Bedeutung. Gefragt wurde auch nach der psychologischen Betreuung traumatisierter Flüchtlinge. Wieviele MitarbeiterInnen dafür beim damit befassten Verein der Diakonie Ankyra in Tirol beschäftigt sind und ob diese überhaupt noch Kapazitäten frei haben, war nicht zu erfahren.

Zum Thema Citybus entspann sich noch eine rege und teils schräge Diskussion. Bgm. Wechner erklärte sich bereit, das Anliegen beim nächsten Stadtrat am 29. Juni auf die Tagesordnung zu setzen. Grundsätzlich sei sie dafür, es könne aber auch Einwände geben, warum die Flüchtlinge gratis fahren. "Die Politiker sollen den Arsch in der Hose haben und ja sagen", formulierte es ein Teilnehmer und ein weiterer Anrainer ließ daraufhin im Saal abstimmen, wer für die Freifahrt ist - und bis auf drei, vier Ausnahmen waren alle einhellig dafür. Der Vorschlag, die Fahrzeiten aufgrund der vollen Busse wegen der Schüler vormittags auf den Nachmittag zu begrenzen, fand keinen Zuspruch. Bürgermeisterin Hedi Wechner regte dann noch eine Baustein-Aktion an, mit der die Jahreskarten finanziert werden könnten. Wobei hier festzuhalten ist, dass der Stadt dadurch keine Kosten entstehen - die Busse fahren ja ohnehin. 

"Wer informiert die Vereine, die bei Freizeitaktivitäten beitragen können, nachdem sie heute nicht eingeladen wurden?", lautete eine weitere Frage. Ob Freundschafts-Fußballspiel oder gemeinsame Radtour - wer auf Freiwillige setzt, sollte sie in die Information rechtzeitig einbinden. "Diese Kontakte werden dann von der Flüchtlingsbetreuung vor Ort geknüpft", teilte Heinzl mit.

Mehr Kommunikation zur Asyl-Frage

Über ein Informationsdefizit klagte auch Bgm. Hedi Wechner: "Wir fühlen uns alleingelassen. Es gibt zu wenig Kontakt mit der Gemeinde." Und ergänzte: "Keine freiwilligen Aktivitäten können systematische Betreuung ersetzen."

Wie positiv freiwilliges Engagement von allen Beteiligten erlebt wird, schilderte Irmi Moritz, Obfrau des Vereins Komm!unity. Sie leitet gemeinsam mit Helmut Wechner seit April ehrenamtlich im Tagungshaus Wörgl Deutschkurse für 30 Asylwerber und lud kürzlich alle zum Abendessen zu sich nach Hause ein. "Diese Menschen wollen niemandem etwas wegnehmen und wünschen sich nichts sehnlicher, als in Frieden zu leben", so Moritz.

Derzeit sind in Wörgl 30 Männer in Selbstversorgungs-Wohngemeinschaften untergebracht. "Das Innenministerium rechnet mit 70.000 Asylanträgen heuer. Was kommt da auf Tirol und auf Wörgl zu?" fragte NR GR Carmen Schimanek und plädierte für "mehr Ehrlichkeit" in der Asyl-Diskussion. "In Tirol rechnen wir, dass wir heuer 6.000 Plätze benötigen", teilte Bachmeier mit und forderte eine politische Lösung auf europäischer Ebene ein: "Wir sind nur die Verwaltung", so Bachmeier.

Die Politik und die LA21...

Abschließend möchte ich als aktives Mitglied der Bürgerinitiative LA21 Bruckhäusl aktiv noch die Sicht der Bruckhäusler Bevölkerung einbringen, die aufgrund der verbalen Ankündigungen der Bürgermeisterin via Presse sowie im Gemeinderat und der falsch angegebenen Adresse auf Information drängte und deshalb eine Anfrage an die Tiroler Sozialen Dienste GbmH stellte, ob jemand zu einer Arbeitskreissitzung kommen und informieren würde. Nach vorliegender Zusage der in Wörgl tätigen Flüchtlingsbetreuerin erging die Einladung an den Vereinsvorstand sowie die Leiterinnen von Kindergarten und Volksschule sowie den Ortsausschussobmann Gemeinderat Korbinian Auer für den 15. Juni. Eine Woche vor der Veranstaltung langte ein E-Mail mit der Absage ein und dem Verein wurde auf Nachfrage mitgeteilt, dass auch sonst niemand von der Tiroler Sozialen Dienste GmbH komme, da die Bürgermeisterin dazu ein Stadtteilgespräch abhalte. Wann und wo solle man bei der Stadt nachfragen.

Auf telefonische Anfrage teilte daraufhin Stadtamtsleiter Alois Steiner Termin und Ort mit. Bei der trotzdem am 15. Juni abgehaltenen Arbeitskreissitzung kam die Absage sowie die Information, dass die Bürgermeisterin im Stadtrat sich gegen die Bruckhäusler Initiative aussprach, natürlich nicht gut an. Kritisiert wurde, dass die  Einladungen nur an einen ausgewählten Empfängerkreis im Wörgler Gemeindegebiet, nicht aber an Empfänger auf Kirchbichler Seite gerichtet waren. Bruckhäusl ist ein Dorf auf zwei Gemeindegebieten, wobei sämtliche Infrastruktur von Pfarrheim, Schule, Kindergarten, Feuerwehr und sämtliche Vereinslokale auf Kirchbichler Seite angesiedelt sind. Die Integration der Flüchtlinge betrifft also ebenso die Nachbargemeinde.

Bgm. Hedi Wechner eröffnete den Infoabend mit dem Vorwurf, dass es "eine Ortsausschusssitzung gegeben hat, bei der Unterstellungen und Halbwahrheiten verbreitet wurden." Richtig sei, dass sie im Stadtrat gesagt habe, dass die Bruckhäusler LA21-Info "unnotwendig" sei. Außerdem sei von der Stadt niemand eingeladen gewesen. Sie wollte hingegen eine offizielle Bürgerinfo, an der alle teilnehmen. Abschließend warf sie der Bürgerinitiative noch vor, zu versuchen, "parteipolitisches Kleingeld zu schlagen".

Diesen Vorwurf wies LA21 Bruckhäusl aktiv-Obmann Thomas Gasteiger strikt zurück. "Der Verein war nie politisch tätig und wurde als Umweltverein gemeindegrenzüberschreitend gegründet. Nach dem Verwirrspiel um Adressen und Personenanzahl wollten wir informiert werden."

Ortsausschussobmann Gemeinderat Korbinian Auer gilt in Bruckhäusl aufgrund seiner jahrelangen Tätigkeit für die Stadtgemeinde sehr wohl als politischer Vertreter der Stadt. Bei der Zusammenkunft am 15. Juni handelte es sich auch nicht um eine Ortsausschusssitzung, sondern um eine Arbeitskreissitzung des Vereines im Pfarrheim und nicht um eine öffentliche Bürgerinformationsveranstaltung.

Und das war die "Anrainer-Info" der Stadt schließlich auch nicht wirklich, auch wenn aufgrund der Kritik Bürgermeisterin Wechner noch kurzfristig Einladungen in der Volksschule, im Kindergarten und im Pfarrheim aushängen ließ und Bgm. Herbert Rieder verständigte - für eine persönliche Einladung sei die Zeit zu kurz gewesen, so Wechner.

Es ist schade, dass die LA21 offenbar nach wie vor als "Feind" und Konkurrenz betrachtet wird anstatt das Engagement der Bürgerinnen und Bürger zu unterstützen und zu wert zu schätzen. So behandelt zu werden trägt jedenfalls wenig zur Motivation bei -

meint Veronika Spielbichler 

Und hier noch ein Hinweis: Der Standard veröffentlichte online eine Österreich-Karte, die ausweist, welche Gemeinden wieviele Flüchtlinge unterbringen - hier der Link:
http://mobil.derstandard.at/2000017573461/Welche-oesterreichischen-Gemeinden-Asylwerber-unterbringen?dst=m.facebook.com