(0)
Leserbrief von Willi Aufschnaiter im August 2015 zur Hochwasserschutz-Thematik Wörgl |
Leserbrief
Anlässlich des 10. Jahrestages des Wörgler Hochwassers am 23.08.2005 möchte ich mit diesem öffentlichen Leserbrief meine bisherigen Erfahrungen wie auch den Umgang der Politik mit den Ängsten, Nöten und Sorgen der Bevölkerung in dieser Angelegenheit widergeben. Ein Fazit fällt mehr als unwürdig aus. Kurz: Wörgl wird, soll und darf wieder überflutet werden! Wie sonst ist die politische Überlegung zu erklären, besser die nächsten Hochwasserschäden mit 50% durch den Katastrophenfond zu regeln, als in teure Schutzbauten zu investieren (Niederschrift Stadtteilgespräch 11.04.2013). Das sind Aussagen, die tatsächlich passiert sind, Aussagen und Antworten von Politikern auf viele unserer Fragen. Die tausendmal strapazierte aber auch ignorierte Floskel „es wird alles rasch und unbürokratisch erledigt“ soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Seit 10 Jahren, wenn großer Regen kommt, bangen einige tausend Bewohner und Firmeneigentümer um ihre Wohnungen bzw. Baulichkeiten, Wertverluste sowie monatelangen Arbeitseinsatz, nur weil alle Zuständigen wie auch Politiker ihre Abgehobenheit und deren Machtstreben über ihre eigentliche Aufgabe stellen. Nämlich für die Menschen da zu sein. Bei allen 2005 Betroffenen herrscht nach wie vor Angst und Zukunftssorge. Auch dadurch erleiden sie eine eingeschränkte Lebensqualität. Dass ich mich seit 10 Jahren immer wieder regelmäßig melden muss, hängt nur mit dem Wahrheitsgehalt diverser Zusagen und Versprechungen seitens der eigentlich zuständigen Behörden ab. Hunderte Vorsprachen, gemeinsame Sitzungen, Vorträge und Interviews haben mich und unser Interessenteam schon fast zu Fachleuten betreffend Hochwasserschutz werden lassen. Aber was nützt uns unser ehrlicher Einsatz und größtes Bemühen? Nichts. Nachfolgend nur ein paar Beispiele, wie sich vor allem die Politik und deren Befehlsempfänger in dieser Angelegenheit verhalten haben. Allemal kein Ruhmesblatt.
1. Wir werden belogen:
Ex Bgm. Arno Abler in der TT vom 25.04.2008 und in diversen Sitzungen: „Wörgl baut in Eigenregie, denn wir haben das Recht, uns zu schützen“. Fazit: es gab keine zugesagte Schotterfalle, noch wurde an der Realisierung eines Schutzdammes bei der Autobahn gearbeitet. Auch die nach wie vor akute Gefahr des Gießenbachs samt Zuläufen ist ebenfalls nach wie vor nicht gelöst und besorgniserregend.
2. Wir werden um die Hälfte des Wertes unseres Grund und Bodens betrogen:
„Das betroffene Gebiet in Wörgl ist und bleibt rote Zone“, so die Aussage des von der Landesregierung zuständigen Ing. Hubert Steiner vom Hochwasserschutz. Nach einer Informationssitzung mit vielen Zuhörern durch die FPÖ vertreten durch NAbg. Carmen Schimanek beeilte sich dann auch Landeshauptmann Günther Platter am nächsten Tag hinaus zu posaunen: „Die Wörgler bekommen ihren Schutzdamm innerhalb von 4 Jahren“. Herr Landeshauptmann, wir brauchen keine wertlosen Zusagen, sondern Beschlüsse der Landesregierung. Wir alle mussten ihre mangelnde Handschlagqualität feststellen, wie auch in vielen Informationen und vollmundigen Zusagen diverser scheinbar zuständiger Beamter in ihrem Amt. Ein Herr Josef Geisler, seiner Zeichens Landeshauptmannstellvertreter oder der gewesene Kufsteiner Bezirkshauptmann wussten scheinbar nichts vom Wörgler Unglück, sonst hätten sie sich wenigstens einmal gemeldet oder uns gar geholfen. In diversen Veröffentlichungen wird uns suggeriert, dass, wenn der Autobahnüberflutungsdamm gebaut ist, ca. 400 Häuser und über 20 Firmengebäude wieder aus der roten Zone fallen. Das zu glauben fällt mir schwer.
3. Wir wollen den Inn in seinem Bett nur umleiten – nicht aufhalten.
Über 4000 Unterstützungserklärungen zum Bau des Hochwasserabwehrdammes bleiben ungehört. Daher wendeten wir uns mit diesen auch an die Präsidentin des Nationalrates, Frau Doris Bures, mit der Bitte um dringende Intervention beim Tiroler Landtag. Bis heute ohne Reaktion!
4. LH Günther Platters Worte sind nichtssagende Attidüden!
Bei einer Besprechung mit Landeshauptmann Günther Platter im April 2014 im Gasthof St. Leonhard/Kundl gab er sich interessiert und versprach, sich über das gesamte Anliegen bzw. die Folgen des Wörgler Hochwassers zu erkundigen, um zukünftige Abwehrmaßnahmen ins Auge zu fassen. Zitat: „Wir sind alles Tiroler, helfen zusammen und machen Nägel mit Köpfen“. Anschließend schickte er uns mit LAbg. Alois Margreiter einen politischen Mandatar, den die Anliegen der Wörgler Bevölkerung nur vordergründig zu interessieren scheinen. Erst nach Tagen erklärte er sich bereit, uns 50 Minuten seiner kostbaren Zeit zu gewähren. Mit dem Ergebnis, dass aufgrund der sogenannten Regensburger Verträge eine größere Lösung unumgänglich sei. Überzeichnet betrachtet müssten demnach die Tiroler den Inn an der Grenze den Bayern trocken übergeben. Es handelt sich allerdings nur um eine Absichtserklärung, keine Muss-Bestimmung. Ansonsten wurden wir mit belanglosem „Blabla“ überschüttet. Einmal mehr eine Zusammenkunft für die Katz.
5. Unsere Sorgen und Nöte werden von oberster Stelle ins Lächerliche gezogen bzw. gar verhöhnt:
Bestes Beispiel dafür ist ÖVP Minister Andrä Rupprechter, einer dieser selbsternannten Tiroler mit Mark (Rückgrat?), der lt. Zeitungsmeldung am 20. Mai 2015 zu unserer Unterstützerin NAbg. Carmen Schimanek während eines Staatsaktes in Anspielung auf den verlangten Schutzdamm wörtlich antwortete: „Mach nicht so ein Theater wegen so a bisserl Wasser“. Wir fühlen uns damit verraten oder zu neudeutsch „verarscht“.
Ohnmächtig ob dieser Situation bin ich zum Entschluss gekommen, mich als einer der Sprecher der Hochwasseropfer zurückzuziehen. Meine Kraft geht zur Neige, zugegeben bin ich es auch Leid, mich Woche für Woche für dumm verkaufen zu lassen. Trotzdem bitte ich meine mitbetrogenen Kollegen, ohne Unterlass weiterzuarbeiten und zu kämpfen. Auch innerhalb unserer Stadtregierung, des Stadtrates. Dieser bewies in den letzten Jahren mehrmals Uneinigkeit, mit Ausnahme unserer Bürgermeisterin Hedi Wechner, ihrem Vize Andreas Taxacher und Gemeinderat Manfred Mohn, die uns immer wieder bestärkten, unsere Sache weiter zu verfolgen und uns auch Unterstützung gewährten. Es ist ein trauriges Bild, welches unsere Gemeindepolitik außer den in diesem Brief positiv erwähnten Regionalpolitikern bietet. Es scheint „en vogue“ zu sein, sich über Misserfolge anderer Fraktionen zu freuen. Auch wenn es auf Kosten der leidgeplagten Bevölkerung ist.
Nun zu den hier angesprochenen Personen, den Negativbeispielen in diesem unwürdigen Ränkespiel. Vom Landeshauptmann bis hin zum letzten Gemeinderat. Ich erlaube mir, hier an dieser Stelle eine Frage zu stellen:
Würdet ihr im Wissen um die besprochene Situation und euer Handeln euch selbst wieder wählen? Wenn ja, dann seid ihr entweder Sadisten oder gar verrückt.
Willi Aufschnaiter, Prandtauer Straße 13, Wörgl
August 2015