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Bürgerinitiative und Grüne fordern Überprüfung des Werkes und Maßnahmen zur Schadstoffreduktion
vero / 28.08.2007 21:03
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Wörgl  Grüne  Bürgerinitiative  Umwelt  Luftgüte  Spanplattenwerk  Egger 
"Das Umweltbundesamt kritisiert teils erhebliche Überschreitungen bei Feinstaub seit 2002. Im Bericht heißt es, dass einen nennenswerten Beitrag zu den regelmäßigen Grenzwertüberschreitungen das Spanplattenwerk Wörgl und ein holzverarbeitender Betrieb in Kundl beitrage und schlägt vor, diese Belastung durch Maßnahmen zu reduzieren", zitierte Richard Götz aus der Publikation.

"Die Gewerbebehörde forderte bereits 1994, die Luftschadstoffe nach dem Stand der Technik zu begrenzen. Aber seit 25 Jahren ist hier nichts passiert, der blaue Rauch ist nicht bewilligt und steigt nach wie vor gleich auf. Unsere Beschwerden bei der Gewerbebehörden haben bis heute nichts genützt", macht Heinz Mey seinem Ärger Luft. "Ich lebe seit 37 Jahren neben dem Egger-Werk. Seit Jahren wurden wir als Anrainer nicht mehr zu gewerberechtlichen Verhandlungen geladen", woraus Mey schließt, dass auch keine baulichen Einrichtungen zum Umweltschutz umgesetzt wurden: "Eine Rauchgaswäsche gibt es bis heute nicht."

Die Beschwerden der Anrainer

heinz_mey.jpg "Laut mehrerer Bescheide müsste Egger seit über 20 Jahren den "Blauen Rauch" wesentlich vermindert bzw. eliminiert haben. Es kommt aber immer noch zu zeitweise extremer, reizender Geruchsbelästigung", stellte Heinz Mey (Foto links) fest. Kritisiert wird auch die Hackschnitzellagerung im Freien: Zum einen werde die erlaubte Schütthöhe von 14 Metern überschritten, zum anderen werde auch Sägespäne im Freien gelagert, was nicht erlaubt sei. Außerdem fehle die bescheidmäßig vorgeschriebene Sprinkleranlage, zum Windverfrachtungen von Staub zu vermindern.

Auf das Fehlen einer vorgeschriebenen Baumreihe südwestlich des Werkes zum Schutz der benachbarten Wohnsiedlung wurde ebenso hingewiesen wie auf das Fehlen von Messdaten. GR Evelyn Huber: "Wir wollten Einsicht in die Messdaten und erhielten bei der Gewerbebehörde in Kufstein die Auskunft, dass keine vorhanden seien. Auch eine Anfrage von Stadtamtsleiter Alois Steiner brachte die selbe Auskunft."

blue haze b0065007200200077r0067006c.jpg egger_bluehaze1.jpg "Blue Haze" über Wörgl (Fotos: Bürgerinitiative/Grüne).

"Die letzte uns bekannte behördliche Aufforderung zur Reduzierung des Blauen Rauches erfolgte 1996", erklärt Mey und sieht sich in den Bedenken, dass diese Abgase gesundheitsschädlich sind, in Maßnahmen des Salzburger Spanplattenherstellers Kaindl bestärkt . Dieser installierte bereits 1996 freiwillig eine Rauchgasfilterung und warf daraufhin dem Ministerium Wettbewerbsverzerrung vor, da nicht überall in Österreich die gleichen Luftreinhaltewerte gelten würden. Mey: "Auch in den letzten Jahren gab es immer wieder Anrainerbeschwerden und Anzeigen bei der BH Kufstein. Die Antworten sind immer sehr dürftig und eigenartig ausgefallen."
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Um hier nun Klarheit zu schaffen, fordern die Grünen einerseits eine Kontrolle der Bescheide durch die Behörde sowie Messungen der Emissionen durch einen unabhängigen Gutachter. GR Richard Götz  (Bild links) stört vor allem der Blue Haze: "In diesem Giftcocktail sind extrem viele unbekannte Stoffe enthalten und wir wollen, dass da jetzt endlich was unternommen wird. Die Bürgerinitiative kämpft hier auch schon seit 20 Jahren um die Einhaltung von Bescheiden, da gibt es gewisse Parallelen zum Riederberg."



Gewerbebehörde sah keinen Handlungsbedarf
Keinen Grund zum Einschreiten sieht der Leiter der Gewerbebehörde bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein, Michael Czaska: "Wenn der Betrieb klaglos funktioniert, schreitet die Behörde nicht  ein." Dem Vorwurf mangelnder Kontrolle hält er entgegen: "Wir können nicht jede Woche kontrollieren, dazu haben wir nicht das Personal. Von Anzeigen ist mir nichts bekannt. Außerdem hat der Betreiber eine Eigenverantwortung, den Betrieb bescheidgemäß zu führen."

Was die laut Anrainer fehlende Sprinkleranlage betrifft, meint Czaska: "Ich kann das jetzt nicht bestätigen, ob diese vorgeschrieben ist, da ich den betreffenden Bescheid nicht vor mir habe." Der Vorwurf, die Behörde sei untätig, bezeichnet er als Unterstellung - es habe sehr wohl Verhandlungen gegeben, zu denen mit öffentlichem Aushang eingeladen worden sei, nicht aber mit persönlichen Schreiben an die Anrainer. Die Messdaten würden im Betrieb lückenlos aufliegen und die Behörde könne Einsicht nehmen. Wann das das letzte Mal der Fall war, konnte er aber nicht beantworten. Czaska: "Wenn die Anrainer und die Grünen die Messdaten wollen, können sie beim Betreiber anfragen. Dieser ist sehr kooperativ."

Reaktion der Werksleitung
Das Unternehmen reagierte auf Anfragen betreffend die Vorwürfe mit einer Presseaussendung: "
Der verantwortungsvolle Umgang mit der Umwelt ist im Leitbild von EGGER verankert. Dementsprechend betreiben wir alle unsere Werke bestimmungsgemäß, so auch Wörgl. Der Schadstoffausstoß unseres Werkes Wörgl liegt innerhalb der behördlich genehmigten Grenzwerte und unterschreitet diese sogar deutlich. Die Ergebnisse von Emissionsmessungen werden von uns an die Bezirkshauptmannschaft Kufstein gemeldet und liegen dort auf.

Der sog. Blaue Rauch, der witterungsabhängig mehr oder weniger sichtbar wird, ist eine Begleiterscheinung der Holztrocknung im Rahmen unseres Produktionsprozesses. Da wir uns der Sensibilität dieses Themas bewusst sind, haben wir in den letzten drei Jahren unseren Trockner optimiert und die Trocknungsfeuchte schrittweise angehoben. Der Blaue Rauch wird dadurch verringert.

Wir lagern auf unseren Freiflächen derzeit keine Sägespäne sondern  Hackschnitzel, also grobstückiges Holzmaterial mit einem geringen Feinteilgehalt. Die derzeitige Lagerhöhe überschreitet die genehmigte Lagerhöhe nicht.

Für den Fall, dass in Ausnahmefällen Sägespäne im Freien gelagert werden, ist eine Sprinkleranlage zur Befeuchtung vorhanden, um Verwehungen von Feinteilen zu verhindern", heißt es in der Aussendung.

Auftakt für Aktivitäten
"Wir sehen die heutige Pressekonferenz als Auftakt für Aktivitäten", erklärte Götz abschließend. Die Grünen werden im nächsten Gemeinderat am 18. September 2007 Messungen einfordern. Was die Aktivität der Behörde betrifft, hat die Bürgerinitiative die Möglichkeit, eine Anfrage nach dem Umweltinformationsgesetz zu stellen. Ziel sei aber keinesfalls, eine Schließung des Werks zu erreichen. "Aber auf lange Sicht ist ein guter und sicherer Arbeitsplatz nur einer, der den heutigen Umwelbedingungen entspricht", meinte Mey.

egger-tirolmilch0207.jpgDie Problematik der Luftqualität im Inntal hat sich in den vergangenen Jahren u.a. durch die massive Zunahme des Transitverkehrs zugespitzt, was vor allem im Winter bei Inversionswetterlagen über Tage und Wochen zur Überschreitungen bewilligter Schadstoff-Grenzwerte führt. Das Wörgler Becken wird zudem durch Abgase der Mülldeponie Riederberg belastet, die bei Inversionswetterlage ebenfalls talauswärts nach Wörgl ziehen. Für eine zusätzliche Luftbelastung sorgt außerdem der Ausbau des Tirol-Milch-Standortes Wörgl ebenfalls am Eingang des Brixentales, wozu auch die Errichtung eines Hackschnitzelheizwerkes zählt.