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11:10 Entscheidung im Wörgler Gemeinderat am 30. März
vero / 31.03.2006 13:17
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Gemeinderat  Wörgl  Rettungsdienst 

Nachdem im Vorfeld die Tiroler Tageszeitung bereits eine Mehrheit für den Rot-Kreuz-Vertrag geortet hatte, war der Ausgang der bis zum Schluss spannenden Diskussion erst im Augenblick der Abstimmung klar. „Wir wurden falsch informiert“, begründet FWL-Gemeinderat Mario Wiechenthaler den Meinungsumschwung seiner Fraktion, die den Ausschlag für die 11:10 Entscheidung für die Kündigung des Rot-Kreuz-Vertrages zum ehestmöglichen Zeitpunkt gab.

Grund für den Antrag des Gesundheitsausschusses über die Festlegung der weiteren Vorgangsweise bezüglich des Rettungswesens in Wörgl war ein Angebot des Samariterbundes Tirol, fünf Jahre lang ab 1.1.2007 den örtlichen Rettungsdienst zu einer Kopfquote von 7 Euro bei gleicher Versorgungsqualität durchzuführen. Die Kopfquote des Roten Kreuzes beträgt derzeit 8,62 Euro. Der zuständige Ausschuss fasste dazu keine Empfehlung und brachte das Thema zur Abstimmung in den Gemeinderat.

 

Gesundheitsreferentin Hedi Wechner betonte, dass es bei der anstehenden Entscheidung nicht um die Vergabe des Rettungsdienstes geht, sondern um die Option, Angebote von mehr als einem Anbieter einzuholen und sich so eine Auswahlmöglichkeit vorzubehalten (linkes Bild). Bgm. LA Arno Abler argumentierte gegen eine Kündigung der Rot-Kreuz-Vereinbarung (rechtes Bild).

Derzeit existiert kein unterschriebener Rettungsvertrag

Gesundheitsreferentin Hedi Wechner schilderte den Sachverhalt und stellte eingangs fest, dass es keinen unterfertigten Vertrag mit dem Roten Kreuz über die Durchführung des Rettungsdienstes gibt, sondern lediglich eine Vereinbarung aus dem Jahr 1987. Vertragsentwürfe aus späteren Jahren wurden nie unterzeichnet. In dieser Vereinbarung ist weder eine Kündigungsfrist vorgesehen, noch eine Indexanpassung für die Kopfquote festgelegt. „Heute geht es nur darum, diese Vereinbarung vom 16.6.1987 zum ehestmöglichen Zeitpunkt zu kündigen oder nicht. Es geht nicht um eine Neuvergabe“, stellte Wechner fest und gab den Rat, den Rettungsdienst künftig unabhängig vom Anbieter auf jeden Fall vertraglich sicherzustellen.

Frage des Notarzt-Selbstbehaltes als Entscheidungsgrundlage

Die im Vorfeld der Sitzung gestreute Unsicherheit über den Notarzt-Selbstbehalt wollte FWL-Gemeinderat Mario Wiechenthaler von Bürgermeister LA Arno Abler und Gesundheitsreferentin Hedi Wechner geklärt haben: „Darf dieser Selbstbehalt jetzt eingefordert werden oder nicht?“

Bürgermeister LA Arno Abler ging darauf zunächst nicht ein und holte in der Stellungnahme für seine Fraktion, die eine Auflösung der Vereinbarung ablehnte, weit aus. Abler verwies darauf, dass der Rettungsdienst derzeit von einem solidarischen System aller Gemeinden des Bezirkes organisiert wird und listete auf, dass das Rote Kreuz dazu 410 Mitarbeiter beschäftige, 28 Rettungsmittel und vier Wachen vorhalte und in der Flächendeckung die Stärke und Qualität des Systems liege. Die Stützpunktfrage könne deshalb nur in Zusammenhang mit umliegenden Gemeinden gesehen werden, da ein Ausgleich mir schwächeren Regionen gefunden werden muss. Das Rote Kreuz erbringe darüber hinaus viele zusätzliche Leistungen.

Bürgermeister LA Abler argumentierte damit, dass sich die anderen Bürgermeister große Sorgen über das Ausscheren Wörgls machen, da damit 11,92 Prozent des Finanzierungsanteils der Gemeinden wegfallen. Wörgl zahlt jährlich 94.000 Euro Kopfquote ans Rote Kreuz. Wörgl würde sich mit dem Samariterbund-Angebot 17.625 Euro einsparen. Als „Egoismus“ werde es Wörgl angekreidet, „wenn andere Gemeinden zum Handkuss kommen, nur weil sich die reiche Stadt Wörgl ein paar Netsch holen will“, meinte Bürgermeister Abler und verwies auf das Anliegen bei der Bürgermeisterkonferenz vom 27. März, bei der Berechnung der Kopfquoten künftig die Nächtigungszahlen mit einzubeziehen: „Das würde für Wörgl 5000 Euro weniger bedeuten“, rechnete Abler vor.

Der Bürgermeister meinte dann zur Selbstbehalt-Frage, dass das eine Frage des Konsenses auf Bezirksebene sei: „Ich behaupte, dass wenn dieser Konsens wegfällt, die Stadt wahrscheinlich den Selbstbehalt aus der eigenen Tasche bezahlen muss. Das wären 40.000 Euro jährlich.“

Wechner und Dander: "Kassenvertrag schließt Notarzt-Selbstbehalt aus"

Eine andere Ansicht vertraten Gesundheitsreferentin Hedi Wechner und UFW-Fraktionsführer Emil Dander. „Man versucht, uns hier für dumm zu verkaufen. Die Tiroler Gebietskrankenkasse hat eindeutig festgestellt, dass das Rote Kreuz keinen Selbstbehalt verlangen darf“, stellte Wechner fest. 

„Das Rote Kreuz hat einen Vertrag mit der Gebietskrankenkasse und ist deshalb nicht berechtigt, zusätzlich einen Selbstbehalt zu verlangen. Damit ist das Thema vom Tisch“, ist Dander überzeugt und zitierte aus dem Protokoll der Gemeinderatsitzung vom 10. Februar 2005: „Im Wortprotokoll sagt der Bürgermeister, dass der Selbstbehalt gefallen ist und das keine negativen Auswirkungen auf andere Gemeinden hat." FWL-GR Ekkehard Wieser wies außerdem auf die Tatsache hin, dass alle Gemeinden gültige Verträge mit dem Roten Kreuz hätten, in denen die Kopfquote fix geregelt ist. Da könne nicht einfach mehr verlangt werden. 

„Bedeutet das Rechtssicherheit?“ fragte Wiechenthaler erneut nach, worauf Bgm. Arno Abler als worst case eine Aufkündigung des Kassenvertrages zitierte – in diesem Fall sei das Rote Kreuz berechtigt, 180 Euro vom Bürger einzuheben. Ein Szenario, das Emil Dander als unrealistisch erachtete. Hedi Wechners Schlussfolgerung, um ganz sicher zu gehen: „Den Notarztvertrag im Februar 2007 kündigen.“

Auch unter dem Begriff Solidarität versteht die Opposition etwas anderes. Wechner: „Warum sollte ein solidarisches System nur mit einer Organisation stattfinden? Solidarität heißt für mich gelebte Zusammenarbeit aller.“

Diesen Standpunkt vertritt auch Emil Dander: „Es geht nicht um eine rotes oder ein weißes Kreuz, sondern um eine gemeinsame Lösung. Wir können jetzt die Initialzündung geben, alle an einen Tisch zu holen und eine Lösung zum Wohle aller zu finden.“ Wechner stimmt dem zu: „Eine bezirksweite Lösung muss aus der Basis kommen – also von den Gemeinden.“ FWL-Gemeinderat Ekkehard Wieser und SPÖ-GR Rainer Raunegger sahen weiters im Vermittlungsangebot des neuen Bezirkshauptmannes einen Grund dafür, zu kündigen. BH Dr. Michael Berger erachtet eine Zusammenarbeit der Rettungsorganisationen als beste Lösung.

Als Argument für die Kündigung führte Dander weiters Wörgls Vergabe beim Wachdienst an, wo die Ausgangslage für eine Neuausschreibung der Dienstleistung ähnlich war - da sorgte ebenfalls ein günstigeres Angebot für die Neuausschreibung. „Da gaben 16 Cent pro Arbeitsstunde den Ausschlag für einen Anbieterwechsel“, so Dander.

Grüne wollen mehr Rechtssicherheit und einen gültigen Vertrag
Den grünen Standpunkt brachte Richard Götz ein: „Wir sind grundsätzlich für die Auflösung des Vertrages unter dem Aspekt, mehr Rechtssicherheit und einen gültigen Vertrag zu erhalten.“ Vor der Kündigung wolle er allerdings den Ausschreibungstext und ein Anforderungsprofil formulieren, um nicht Ähnliches wie bei der Notarzt-Vergabe zu erleben. Das beste Angebot bedeute für ihn nicht unter allen Umständen ein billigste, sondern das bessere.

„Einen Ausschreibungstext in der Sitzung jetzt vorzuformulieren wäre vermessen“, stellte Bgm. Arno Abler dazu fest. „Wir verbauen uns nichts, wenn wir jetzt kündigen. Da bleibt noch soviel Zeit, um Kostentransparenz zu erhalten – unabhängig davon, wer das Rennen macht“, argumentierte GR Dr. Herbert Pertl vom Unabhängigen Forum.

„Das Anforderungsprofil an Rettungsorganisationen ist klar geregelt im Rettungsgesetz“, stellte Gesundheitsreferentin Hedi Wechner dazu fest. Wie Wechner will auch ihr Fraktionskollege Rainer Raunegger eine klare Kostenkalkulation sehen. Wechner: „Beim Rettungsdienst muss man auch die wirtschaftliche Komponente kennen. Die Gemeinden zahlen für Rettungsdienst und Notarzt. Für andere Leistungen wie die Essensausgabe erhält das Rote Kreuz Spenden. Bisher hat es nie dezidierte Zahlen gegeben.“  Die Gefahr eines Qualitätsverlustet sieht Vizebgm. Hedi Wechner nicht – im Gegenteil. Bei einer Ausschreibung wolle schließlich jeder das Beste liefern.