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Rede von Percy Schmeiser im Januar 2008 in Österreich
vero / 17.03.2008 17:42
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Monsanto  Gentechnik  PercySchmeiser 

REDE VON PERCY SCHMEISER, gehalten u.a. am 16. Jänner 2008 in Linz und am 17. Jänner 2008 auf Einladung des Vereins IG-Milch in Leonding
 

Sehr geehrte Damen und Herren!

Es ist mir eine große Freude, in Österreich und diesen Abend bei Ihnen zu sein. Wie viele von Ihnen wissen, komme ich aus West-Kanada. Dort wo ich herkomme, freuen wir uns, dass so viele unterschiedliche Pflanzen und Getreidearten wachsen. Bevor ich weitermache, möchte ich Ihnen sagen, dass unsere Familie sehr tiefe Wurzeln in Europa hat. Meine Großeltern mütterlicherseits stammen aus Wien. Meine Großeltern väterlicherseits kommen aus Rosenheim. Und die Mutter meiner Frau kommt aus Budapest und ihr Vater aus Luxemburg. Wir haben wirklich sehr viele internationale Gene in unserer Familie. Und ich kann Ihnen sagen, ich bin sehr stolz auf mein Erbe. Ich komme aus der Gemeinde namens Bruno, ein wirklich deutscher Name und 80 bis 90 Prozent der Bewohner aus Bruno stammen entweder aus Österreich oder aus Bayern. Als ich die Blasmusik heute gehört habe, da habe ich gedacht, es ist wie zu Hause. Ihr habt gehört, als ich zu Beginn meiner Tour nach Deutschland kam, feierte ich meinen 77. Geburtstag. Zur Weihnachtszeit waren meine Frau bei verschiedenen Weihnachtsfeiern. Meine Freunde haben gehört, dass ich rund um meinen Geburtstag in Österreich und Deutschland sein werde. Sie fragen mich: „Was machst Du zu Deinem Geburtstag, wenn Du in Europa bist?“ Und ich sagte: „Wenn ich in Deutschland und in Österreich bin, trinke ich soviel Bier wie ich kann.“ Ich freue mich sehr, heute in Österreich sein zu dürfen.

 

Mehr Chemie, Superunkräuter und weniger Ertrag

Ich möchte Ihnen erzählen, was uns kanadischen Bauern mit der Einführung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) 1996 passierte. Zur gleichen Zeit wurden in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Kanada gentechnisch veränderte Organismen eingeführt: Raps Soja, Mais und Baumwolle. Die wichtigsten Pflanzen im Westen Kanadas waren Raps und Soja. Den Landwirten hat man damals gesagt, dass man weniger Chemikalien braucht, die Erträge und der Nährwert höher sind. Nach ein bis zwei Jahren haben wir gemerkt, dass genau das Gegenteil der Fall war: Die Erträge gingen zurück. Man hat mehr Chemikalien gebraucht, weil sich neue Superunkräuter entwickelten und der Nährwert vieler Nahrungsmittel ist um 50 Prozent gefallen. Meine Frau und ich waren im Westen Kanadas bekannt, dass wir Rapssaatgut vermehrt und entwickelt haben. Wir haben Rapssaat entwickelt, das wir an die klimatischen Bedingungen angepasst haben und das auch krankheitsresistenter war. Neben meiner Tätigkeit als Bauer war ich in meiner Gemeinde auch 25 Jahre Bürgermeister. Ich war auch in meiner Provinz Saskatchewan im Parlament. Und ich war damals in landwirtschaftlichen Ausschüssen tätig und ich habe mir immer gedacht, hier werden Regelungen und Gesetze verfasst, die immer im Interesse der Landwirte sind. Ich habe das nicht nur auf Ebene unserer Provinz gemacht, sondern habe auch unsere Provinz auf Bundesebene vertreten.

Monsanto klagt 1998 – Saatgut aber nie verwendet

Zwei Jahre nach der Einführung von gentechnisch veränderten Organismen, also 1998, hat Monsanto mich und meine Frau wegen Patentrechtsverletzung geklagt. Sie haben gesagt: Wir haben den gentechnisch veränderten Rapssamen von Monsanto verwendet, ohne von ihnen eine Lizenz zu haben. Wir haben aber nie dieses Saatgut von Monsanto gekauft und wir haben auch nie das Herbizid Roundup verwendet, das in Zusammenhang mit diesem Rapssaatgut verwendet werden muss. Meine Frau und ich haben uns große Sorgen gemacht, denn wir haben gemeinsam über 50 Jahre dieses Saatgut entwickelt und jetzt ist es auf einmal mit gentechnisch veränderten Organismen verunreinigt. Wir haben Monsanto geantwortet: „Wenn ihr unser Saatgut gegen unseren Willen verunreinigt habt, dann solltet ihr haftbar für die Schäden gemacht werden und ihr müsst uns etwas zahlen.“ In Kanada ist es wie in den meisten anderen Ländern der Welt, dass das Patentrecht unter die Bundesgesetzgebung fällt. 

Wir standen auf und sind im Bundesgericht in Kanada vor Gericht gezogen. Bevor wir noch zu Gericht gegangen sind, hat Monsanto zugegeben, dass wir nie bewusst ihren Samen verwendet haben und dass wir auch ihre Chemikalie Roundup niemals auf unserem Raps verwendet haben. Wir waren dann vor dem Bundesgericht mit einem Einzelrichter und die Entscheidung des Einzelrichters hat dann diesen Fall über Nacht international bekannt gemacht: Wie biologische und konventionelle Landwirte ihre Rechte auf ihr Saatggut und ihre Pflanzen über Nacht verlieren können. Die Entscheidung des Richters war: Es ist egal, wie die Kontamination erfolgt. Ob das über Auskreuzung, Samen, über Wind oder über Fremdbestäubung geschieht, ist ganz egal. Man hat dann keine Eigentumsrechte mehr auf sein eigenes Saatgut oder auf die eigenen Pflanzen, das wird dann das Eigentum von Monsanto. In unserem Fall hat er dann geurteilt, dass mein Frau und ich unser Saatgut, unsere Pflanzen nicht mehr verwenden dürfen. Und aufgrund dieser Kontamination, bekommt Monsanto das Ergebnis unserer 50jährigen Forschung und Entwicklung und wir durften unser Saatgut und unsere Pflanzen nicht mehr weiter verwenden. 

Das Leben ist heilig

Sie können sich vorstellen wie zerstört wir waren, vor allem meine Frau, die hauptsächlich auch dieses Saatgut über 50 Jahre entwickelt hat, dass wir plötzlich dieses Saatgut nicht mehr verwenden dürfen. Wenn die Felder eines Bauern kontaminiert werden, dann hat er keine Rechte mehr auf sein Saatgut oder seine Pflanzen. Monsanto hat dann von uns eine Million Dollar von uns verlangt – das waren Lizenzgebühren, Strafgebühren und so weiter. Wir haben dann dagegen berufen und zu guter Letzt landeten wir vor dem Kandischen Höchstgericht. Vor dem Obersten Gerichtshof haben wir aber dann auch über andere Dinge verhandelt, nicht nur über die Patentrechtsverletzungen für das Saatgut. Beim Obersten Gerichtshof haben wir dann einen Punkt vorgebracht, der für mich und meine Frau sehr wichtig war: Keine Einzelperson oder kein Unternehmen soll das Recht haben, ein Patent auf Lebensformen anzumelden. Niemand sollte die Kontrolle über das Leben haben. Das Leben ist heilig. Wir haben auch gesagt, dass die Landwirte immer das Recht haben müssen, ihre eigene Pflanzen, ihr eigenes Saatgut zu verwenden. Der Oberste Gerichtshof entschied, dass wir Monsanto kein Geld schulden. Der Oberste Gerichtshof entschied, dass wir niemals das Patent von Monsanto verletzt haben, weil wir die Chemikalie Roundup niemals auf diese Pflanzen gesprüht haben. Was aber nicht fair war, war der Gerichtsentscheid, dass Monsanto die eigenen Gerichtskosten von rund zwei Mio. Dollar tragen muss und auch wir unsere Gerichtskosten in der Höhe von 400.000 Dollar tragen müssen. Wie kann ein einzelner Bauer sich gegen ein Milliarden-Unternehmen vor Gericht wehren, wenn er dann 400.000 Dollar zahlen muss, um für seine Rechte und Freiheit einzutreten? Wir haben ein Rechtssystem in Kanada, aber haben wir wirklich Gerechtigkeit für den Durchschnittsbürger, wenn man ein Multi-Millionen-Dollar-Unternehmen vor Gericht zum Gegner hat? 

Aber das Gute an der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs war, dass der Ball wieder ans kanadische Parlament zurückgespielt wurde und die müssen Gesetze beschließen, im Hinblick darauf, dass man Lebensformen nicht patentieren kann und dass die Landwirte das Recht haben sollen, ihre eigenes Saatgut zu verwenden. Das steht jetzt im Parlament zur Diskussion. Es gibt noch sehr viele andere Fragen, wenn es um die Einführung von gentechnisch veränderten Organismen geht: z.B. die Gesundheitsfrage oder die Frage des Umweltschutzes oder das Recht auf geistiges Eigentum von Unternehmen im Vergleich zum Recht der privaten Bauern oder Bürger. Auf einige dieser Themen komme ich später noch zurück. Wie ich schon sagte, wurden GVO 1996 eingeführt. Zunächst wurde aus dieser gentechnisch veränderten Rapspflanze ein Superunkraut – schon im ersten Jahr nachdem die GVO eingeführt wurden. Dieses Superunkraut war eigentlich nur eine reguläre, konventionelle Rapspflanze, die GVO von drei oder vier unterschiedlichen Saatgutarten aufgenommen hat, die von verschiedenen Firmen bei uns verkauft wurden. Wir nennen das ein Superunkraut.

Seit der Einführung von GVO muss man jetzt giftigere und dreimal mehr Chemikalien verwenden, um das noch in Grenzen halten zu können. Monsanto hatte gesagt, wir brauchen weniger Chemikalien, jetzt brauchen wir mehr. Monsanto sagte: „Kein Problem, jetzt kommen wir mit einer Superchemikalie, um dieses Superunkraut umzubringen.“ Es wurden neue, sehr giftige, toxische und starke Chemikalien entwickelt. Es ist eine Chemikalie, die 70 Prozent Agent Orange enthält. Das verwenden wir heute in Kanada. Können Sie sich die Sorgen um die Gesundheit und die Umwelt vorstellen? Die Erträge sind mindestens um zehn Prozent bei Raps und um mindestens 15 Prozent bei Soja zurückgegangen. Der Nährwert ist um mindestens 50 Prozent gefallen. Alles, was dies Firmen und auch die kanadische Regierung der Bevölkerung darüber gesagt haben, stellte sich als das genaue Gegenteil und falsch heraus.

Es gibt keine Koexistenz!

Wenn ich nach Deutschland und Österreich komme, dann habe ich immer wieder gehört, dass die Unternehmen Ihnen sagen: „Es gibt eine Koexistenz.“ Glauben Sie mir, wenn Sie GVO einführen, gibt es keine Koexistenz und der GVO wird sich innerhalb von wenigen Jahren über das ganze Land ausbreiten. Es gibt keine Eindämmung. Der Wind verträgt die Samen. Das kann man nicht aufhalten. Zwei wichtige Punkte: Keine Koexistenz und keine Eindämmungsmöglichkeit. Am Anfang machte Monsanto das Versprechen: „Sie haben die Wahl, ob Sie ein biologischer, ein konventioneller oder ein Gentechnik-Landwirt sein wollen.“ Wenn Sie GVO einführen, dann haben Sie keine Wahlmöglichkeit mehr, denn langfristig wird alles GVO wie es in Kanada geschehen ist. Die Unternehmen sagten: Alles was Sie tun müssen, ist Sicherheitsabstände einzuführen. Zuerst 3 Meter, dann zehn Meter, 50 Meter 100 Meter und dann ein Kilometer. Die Wissenschafter in Kanada sagen jetzt einhellig: es gibt keine sichere Entfernung. Jetzt haben wir in Kanada keine reinen Rapssamen mehr in Kanada. Es ist alles GVO. Wir haben auch kein reines Sojasaatgut mehr, es ist alles gentechnisch verändert. Diese zwei Pflanzen können nicht mehr biologisch angebaut werden.

Aber das ist noch nicht alles. Rapssaatgut kommt aus der Familie der Kreuzblütler. In dieser Familie haben wir auch andere Pflanzen wie Rüben, Karfiol oder Senf. Durch die Fremdbestäubung gelangen diese gentechnisch veränderten Organismen in diese anderen Pflanzen. Jetzt kann man einige dieser Gemüsepflanzen gar nicht mehr biologisch oder konventionell züchten. Es wirkt sich nicht nur auf unsere Pflanzen oder unser Saatgut selbst aus, sondern sogar unser Honig ist durch GVO verseucht. Es wurde also wieder ein Industriezweig im Westen Kanadas zerstört.

Terminator- und Schummel-Gene

Was ist sonst noch geschehen? Monsanto wollte vor einigen Jahren das Terminator-Gen einführen. Ein Terminator-Gen wird in die Pflanze eingebracht und wenn diese Saat zur Pflanze wird ist das Saatgut dieser Pflanze steril, also nicht fortpflanzungsfähig. Dann kann es zu einer Fremdbestäubung kommen und dann wird das Saatgut Ihres Nachbarn z.B. steril. Dann haben die Firmen die totale Kontrolle über unsere Lebensmittelversorgung, denn dann müssen die Landwirte jedes Jahr zu Ihnen kommen, um ihr Saatgut zu kaufen. Das ist der größte Angriff auf das Leben, den wir jemals auf diesem Planeten gesehen haben. Das Terminator-Gen beendet auch das zukünftige Leben. Die Gefahr bei diesem Terminator-Gen besteht auch darin, dass es auch in andere, höhere Lebensformen eingebracht werden kann, nicht nur in Saatgut oder in Pflanzen – auch in Bienen, Vögel, ein Tier und sogar in Menschen. Jetzt kommen sie noch mit dem „Schummel-Gen“ heraus, das folgendermaßen funktioniert: Beide Gene, das Terminator-Gen und das Schummel-Gen, werden in ein Saatgut eingebracht. Man baut das an und das wird dann eine Pflanze. Aber die Pflanze produziert erst dann Samen, wenn man sie mit einer Chemikalie besprüht. Man sprüht diese Chemikalie auf, es wird ein Same erzeugt und dann kommt das Terminator-Gen und macht den Samen steril. So wollten sie die totale Kontrolle über das Saatgut erlangen, aber die kanadische Regierung hat das nicht erlaubt.
 

Kein Recht auf Redefreiheit

Ich sollte auch über die moralischen, ethischen und anderen Aspekte sprechen, wie Menschenrechte zum Beispiel, wenn GVO eingeführt werden, werden nämlich alle diese Rechte auch beschnitten. Ich zeige Ihnen kurz einen Vertrag von Monsanto. Er nimmt den Landwirten das Recht auf Redefreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung weg. Nur einige kurze Klauseln aus diesen Verträgen: Zunächst einmal steht hier, dass der Landwirt sein eigenes Saatgut nicht weiterverwenden darf. Saatgut und Chemikalien sind immer von Monsanto zu kaufen. Die Polizei von Monsanto, die Untersuchungsbeamten, dürfen jederzeit drei Jahre, nachdem Sie diesen Vertrag unterzeichnet haben, auf Ihr Land kommen, um Sie zu untersuchen. Sie können mit oder ohne Ihre Genehmigung auf Ihr Land kommen, sie können in Ihren Kornspeicher gehen oder auch in Ihre Steuerakten Einsicht nehmen. Sie müssen an Monsanto 40 Dollar Lizenzgebühr pro Hektar  fürs ganze Grundstück zahlen. Wenn ein Landwirt eine der Bestimmungen dieses Vertrages verletzt, dann kann Monsanto entweder die Zerstörung der gesamten Ernte veranlassen oder dass der Gewinn ihnen zufließt. Der Landwirt darf auch nicht der Presse oder anderen davon erzählen, was ihm Monsanto angetan hat, sonst wird er wieder vor Gericht gezerrt. Den Landwirten wird die Redefreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung weggenommen.

Eine neue Klausel von 2007 oder 2008 ist die folgende: Wenn irgendetwas schief geht bei der Ernte, darf man niemals für den Rest seines ganzen Lebens gegen Monsanto vor Gericht ziehen – und auch kein einziges Mitglied der Familie darf das. Das ist der Vertrag. Ich spreche nicht über ein Dritte-Welt-Land, sondern über Kanada. Wir haben uns gedacht, das kann bei uns nie sein. Das ist eine Broschüre von Monsanto. In ihrer Werbung fordert Monsanto zum Petzen auf, wenn man glaubt, der Nachbar würde gentechnisch veränderten Raps oder Sojabohnen ohne Lizenz anbauen. Wenn die Landwirte einen anderen verpetzen, bekommen sie als Belohnung eine Lederjacke oder Gratis-Chemikalien. Sobald ein derartiges Gerücht aufkommt, entsendet Monsanto sofort zwei ihrer Privatdetektive. Sie gehen zu dem Landwirt und seiner Frau und sagen: „Wir haben Grund zu der Annahme, dass Sie ohne Lizenz unser Saatgut verwendet haben.“ Und sie sagen: „Wir glauben, dass das der Fall ist und wenn Sie das leugnen, werden wir Sie zerstören und Sie werden am Ende keinen landwirtschaftlichen Betrieb mehr haben.“ Der Bauer und seine Frau sagen: „Wir haben Ihr Saatgut nie gekauft, wir wollen es auch nicht, wir sind Bio-Landwirte, wir wollen damit nichts zu tun haben.“ Monsanto versucht sie dann einzuschüchtern und sagt: „Geben Sie es zu, denn ansonsten werden wir Sie zerstören und am Schluss verlieren sie ihren Hof.“ Was glauben Sie, was passiert, nachdem Monsantos „Gen-Polizei“, wie sie in Kanada bezeichnet wird, da war? Die Landwirte denken sich dann: „Hat mich der Nachbar, der oder der andere denunziert?“ Jetzt haben die Bauern auf einmal Angst, miteinander darüber zu reden, was sie anbauen, denn sie haben Angst voreinander. Jetzt haben wir den Zusammenbruch der Zusammenarbeit unter den Landwirten. Ich glaube, dass ich das Schlimmste was seit der Einführung von GVO passieren konnte. Wir haben sehr viele Telefonanrufe von Landwirtinnen erhalten. Sie haben geweint und gesagt: „Die Polizei von Monsanto war da, sie hat und bedroht und ich weiß nicht, was ich tun soll.“ Wir versuchen sie zu beraten und ihnen zu sagen, wo sie Rechtshilfe bekommen können.

 

Konzerne als Feudalherren

Ich habe Ihnen vorher gesagt, dass meine Vorfahren vor mehr als 100 Jahren von Europa kamen. Sie kamen in ein neues Land, nach Kanada, um frei zu sein, um zu säen und um das zu tun, was sie wollen. Meine Großeltern und meine Eltern mussten mit ihren Nachbarn zusammenarbeiten, um das Land aufzubauen, unsere Schulen, Krankenhäuser, Kirchen und so weiter. Wie ich sagte, der Zusammenbruch der Kommunikation ist eines der schlimmsten Dinge, die geschehen konnten. Früher gab es so etwas ähnliches im Feudalsystem, als es Barone und Großgrundbesitzer gab. Jetzt sind es keine Barone oder Könige die alles kontrollieren, sondern Großunternehmen. Es ist ein Kreis, der sich nach 100 Jahren schließt.

Jetzt spreche ich kurz über die Auswirkung von GVO auf die menschliche Gesundheit und auf die Tiergesundheit. Die Firmen haben den Bauern und den kanadischen Menschen erzählt, dass GVO einfach durch den menschlichen und tierischen Körper hindurchgehen und dass das vom Körper wieder vollkommen ausgeschieden wird. Das ist aber ganz falsch. GVO gelangen durch die Magenschleimhaut in die Blutbahn und dann in den Körper des Menschen. Und genau das gleiche geschieht bei Tieren. Wenn Sie ein Tier, eine Kuh oder ein Schwein mit GVO-Futtermittel füttern, wenn Sie das Fleisch dieses Tieres essen, essen Sie GVO. Genauso findet man die GVO nicht nur im Honig, sondern auch in der Biene selbst.
 

Pharma-Pflanzen als Verbrechen

Jetzt werden in Nordamerika Pharmazeutika auch durch gentechnisch veränderte Pflanzen erzeugt. Sechs rezeptpflichtige Arzneimittel werden derzeitig durch gentechnisch veränderte Pflanzen erzeugt. Es ist wirklich ein Verbrechen, dass die amerikanische und die kanadische Regierung das im Freilandversuch erlauben. Es ist schlimm genug, dass man Lebensmittel zu sich nimmt, die GVO enthalten. Aber jetzt nehmen wir die GVO mit dem Arzneimittel zu uns. Wir haben keine Lebensmittelkennzeichnung in Kanada. Wir wissen nicht, was in unseren Lebensmitteln drinnen ist. Wir sagen: „Das ist eine dramatische Verletzung der Menschenrechte, wenn die Menschen nicht wissen, was sie zu sich nehmen.“ Meine Frau und ich haben fünf Kinder, fünfzehn Enkelkinder und ein Urenkel. Wir sind sehr besorgt darüber, was wir unseren Kindern und Enkeln zu essen geben. Auch Sie alle sollten sich auch ernsthaft darüber Gedanken machen, was heute und was in Zukunft in unseren Lebensmittel drinnen sein wird.

Ich bin nicht nach Österreich gekommen, um Ihnen zu sagen, was Sie tun sollen. Ich bin hier in Österreich, um Ihnen zu sagen, was den kanadischen Landwirten zugestoßen ist, seit GVO eingeführt wurden. 1996 hatten wir niemand, der uns sagte, was geschieht, wenn wir GVO einführen. Aber Sie haben die Wahl. Die Entscheidung, die Sie treffen, ist Ihre Entscheidung. Aber wenn Sie jetzt GVO einführen, dann können Sie nicht mehr sagen: „Ich habe nicht gewusst, was da geschehen wird.“ Ich möchte Ihnen noch sagen, dass es nicht leicht ist für eine Einzelperson, sich gegen ein Multi-Million-Dollar-Unternehmen vor Gericht zu behaupten. Wir haben acht oder neun Jahre vor Gericht verbracht und haben 400.000 Dollar Gerichtskosten bezahlen müssen und zwar nur für das Recht, unser eigenes Saatgut verwenden zu dürfen. Monsanto hat alles getan, um meine Frau und mich zu zerstören. Sie haben versucht, uns mental zu zerstören. Sie haben uns den ganzen Tag am Feld beobachtet. Oder sie kommen bis zu unserer Einfahrt und schauen meiner Frau zu – stundenlang. Und oft erhielt sie Anrufe und da haben sie gesagt: „Passen Sie nur auf, wir kriegen Sie auch noch.“ Sie können sich vorstellen, welche Angst mit solchen Taktiken verbreitet wird. Sie versuchen eine Kultur der Angst zu verbreiten, damit niemand es wagt, sich mit ihnen anzulegen. Sie versuchten unser Haus, unser Grundstück, unser Land und unsere landwirtschaftlichen Geräte zu beschlagnahmen, damit wir uns nicht gegen sie wehren können. 

„Wir zerstören Euch“

Dann haben wir noch ein Gerichtsverfahren mit Monsanto gehabt, um unser Eigentum zu schützen. Meine Frau und ich waren vor ein paar Jahren in Südafrika, in Kapstadt im Parlament und einer der Vertreter von Monsanto kam damals zufällig aus dem Parlament heraus. Der Vertreter von Monsanto hat meiner Frau und mir die Faust gezeigt. Er sagte: „Niemand kann sich erfolgreich gegen Monsanto zur Wehr setzen. Wir kriegen Euch, wir zerstören Euch, irgendwann.“ Sie können sich vorstellen, wie es meiner Frau dort erging.

Wir müssen uns alle ernsthaft Gedanken machen. Wir müssen die Lebensgrundlage unserer Kinder und Enkelkinder schützen. Ich weiß, dass meine Frau sehr stark ist. Aber manchmal denke ich: „Mein Gott, was habe ich ihr angetan – den ganzen Stress, den ich ihr aufbürde.“ Obwohl sie an Bluthochdruck und an Brustkrebs litt, sagte sie immer zu mir: „Gib nicht auf, es ist so wichtig, ich unterstütze Dich.“ Oft hat sie mir gesagt, dass sie in der Nacht öfter betet als zu schlafen. Ich könnte Ihnen noch viel mehr darüber sagen, aber wir versuchen als Ehepaar das richtige zu tun. Vor einigen Jahren hat uns Monsanto dann noch einmal kontaminiert. Wir haben rechtzeitig gemerkt, was geschehen ist. Jetzt haben wir Monsanto geklagt und zwar auf Haftung für die Zerstörung unseres Eigentums. Und wir haben gesagt: Monsanto hat nicht das Recht, eine Lebensform in Verkehr zu bringen, die das Saatgut von Landwirten zerstört. Wenn ich zurückkomme, wird am 23. Januar das neue Verfahren von uns gegen Monsanto beginnen. Es ist ein sehr wichtiger Fall, denn wenn meine Frau und ich gewinnen, dann muss Monsanto Entschädigungszahlungen in Millionenhöhe weltweit bezahlen.

 

Genweizen abgewehrt

Es war für mich eine sehr schwierige Entscheidung, gegen Monsanto vor Gericht zu ziehen. Ich wusste, dass meine Frau, meine Familie und unsere Nachbarn einem großen Stress ausgesetzt sein würden. Und erst als meine Frau dem zugestimmt hat, haben wir uns entschlossen, zu klagen. Sie fragen sich vielleicht: Welches Vermächtnis möchte ich meinen Kindern und Enkelkindern hinterlassen? Meine Frau und ich machen uns auch Gedanken darüber, welches Vermächtnis wir unseren Kindern und Enkelkindern hinterlassen wollen. Wir müssen uns wirklich die Frage stellen: Wollen wir jetzt und in unserer Zukunft Gift in unserer Umwelt, in unseren Böden, in der Luft, im Wasser haben? Ich glaube nicht, dass das irgendjemand von uns möchte. Aber wir haben noch die Wahl in Kanada, wir können noch die Entscheidung treffen, dass wir in der Zukunft keine Gifte in unserer Umwelt in unseren Böden, in Luft und Wasser haben. Das Positive ist, dass wir in den letzten zwölf Jahren keinen gentechnisch veränderten Organismus neu eingeführt haben. Vor zwei oder drei Jahren wollten sie gentechnisch veränderten Reis, Weizen und Luzerne einführen. In ganz Kanada gab es einen fürchterlichen Aufschrei von Landwirten, Konsumenten und anderen Organisationen. Wenn Genweizen jemals zugelassen werden würde, würde das alle Bio-Landwirte ausrotten. Denn Weizen gehört zur Familie der Gräser. So würde man die Biobauern total zerstören, es ist schlimm genug, wenn sie manche Futterpflanzen nicht anbauen können.

 

Was können Sie tun, um die Einführung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln zu verhindern? Ich möchte Ihnen kurz berichten, was wir in Kanada getan haben. Zunächst einmal hat sich die Regierung geweigert, diese drei gentechnisch veränderten Pflanzen zuzulassen. Aber das kanadische Volk musste sich wirklich sehr anstrengen. Die größte Hilfe dabei erhielten wir von allen Kirchen. Alle Kirchen in Kanada sind zusammengekommen und haben derartige Broschüren über die Gefahren von gentechnisch veränderten Lebensmitteln in allen Kirchen ausgelegt. Und das hat wirklich einen großen Beitrag dazu geleistet, dass die Menschen besser verstehen, welche Gefahr es bedeutet, dass es Patente auf Leben gibt. Eine der Schlagzeilen dieser Broschüren war: „Patente schaffen Hunger. Das Leben steht nicht zum Verkauf frei.“ Mit verschiedenen Organisationen, kirchlichen Organisationen, Verbraucherverbänden kann man die Einführung von GVO verhindern.

 

Kontamination durch Feldversuche

Jetzt noch abschließend einige Kommentare: Unsere Farmen in Kanada sind sehr groß. Ich weiß, in Österreich sind die Bauernhöfe viel kleiner. Wenn große Farmen kontaminiert werden können, schauen Sie sich an, wie schnell das bei kleinen möglich ist. Die Kontaminationen am Anfang kamen gar nicht von den Landwirten, sondern von den Feldversuchen von der Regierung und von den Unternehmen. Wenn Sie also Feldversuche in Ihrem Land haben, dann ist das wie einen Schalter umzulegen und schon sind Sie kontaminiert.

Ich möchte noch einmal kurz erläutern, warum sich meine Frau und ich uns 1998 gegen Monsanto aufgelehnt haben. Wir haben Saatgut vermehrt und wir wissen, wenn man nur ein, zwei Sorten hat und dann eine Krankheit auftritt, dann hat man einfach keine Reserve mehr. GVO zerstören die biologische Vielfalt und schädigen die Umwelt. Man hat dann keine Wahl mehr, es gibt keine Koexistenz und man kann es auch nicht eindämmen.

Meine Frau ist 76 und ich wurde letzte Woche 77. Wir wissen nicht, wie viele gute Jahre uns noch bleiben. Und ich sage Ihnen: So lange noch ein Funken Leben in mir ist, werden wir in der ganzen Welt für die Rechte der Landwirte kämpfen.

Zum Schluss: Niemand kann Leben kontrollieren. Es ist großartig, in Österreich zu sein. Ich fühle mich so zu Hause. Danke und es schütze Sie Gott!