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Pressekonferenz von Vizebgm. Maria Steiner und Hedi Wechner zum Thema Integration |
"Es gibt Probleme. Diese wurden in der Vergangenheit oft beschönigt und über die Multi-Kulti-Romantik vergessen", leitete Vizebgm. Hedi Wechner ein. "Wir haben einen hohen Anteil Kinder nicht deutscher Muttersprache in den Schulklassen sowie im Kindergarten. Im Jugendsektor bestehen auch Probleme mit Gangs", so Wechner weiter. Probleme in Form von Lärm und Verständigungsschwierigkeiten gäbe es vor allem mit türkischstämmigen Migranten. Wechner: "Hier findet man am häufigsten integrationsresistente Persönlichkeiten."
Vizebgm. Maria Steiner verwies auf Wörgls Tradition als Zuwanderungsgemeinde seit dem Bau der Eisenbahn ab 1850. "In den letzten Jahren ist aber eine Parallelgesellschaft entstanden, Integrationsarbeit wurde jahrelang verdrängt", so Steiner. Bei 12.500 Einwohnern hätten laut Statistik 10,5 % einen türkischen Hintergrund, 11 % in Ex-Jugoslawien. "Bei den Wohnungsansuchen liegen derzeit 281 für Mietwohnungen vor, 88 davon von Migranten, was 31 % entspricht. Bei den 78 Ansuchen für Mietkaufwohnungen sind mit 42 Ansuchen 53 % von Migranten", berichtete die Sozialreferentin aus der Ausschussarbeit, die u.a. in der städtischen Wohnungsvergabe besteht. Zudem liegen noch weitere 150 Wohnungsansuchen im Stadtamt von Personen vor, die aufgrund zu kurzer Aufenthaltsdauer in Wörgl oder anderer Kritirien noch kein Anrecht auf eine Wohnungszuteilung erlangt haben.
Bei der Wohnungsvergabe wollen die beiden Politikerinnen nun ansetzen und dem Gemeinderat die Aufnahme von Deutschkenntnissen in den Punkte-Bewertungskatalog für die Wohnungsvergabe vorschlagen. "Wir wollen damit Integrationswillige belohnen", so Wechner, die darin auch keine Diskriminierung sieht. Diese Maßnahme sei mit dem Geschäftsführer des Integrationszentrums auch abgesprochen und werde dem Gemeinderat als Vorschlag unterbreitet. Für die Beurteilung der Deutschkenntnisse werde "eine Fachkraft" zugezogen.
Ziel sollte sein, Ghettobildungen zu vermeiden. Bislang liegt bei städtischen Wohnungsvergaben der Anteil von Migranten bei höchstens einem Drittel.
Sprachförderung im Kindergarten
Da in allen städtischen Kindergartengruppen der Anteil von Kindern nicht deutscher Muttersprache über 40 % liegt, richtete die Stadt nun eine zweite Sprachstartgruppe zur Frühförderung ein. "Diese Einrichtung hat sich sehr gut bewährt. Wir haben jetzt dazu eine zweite türkischsprachige Kindergartenhelferin eingestellt", berichtete Sozialreferentin Maria Steiner, die in ihren Sprechstunden immer wieder hautnah mit Integrationsproblemen konfrontiert wird: "Wo Probleme auftauchen, versuchen wir auf Gesprächsbasis zu vermitteln und die Betroffenen an einen Tisch zu holen."
Vizebgm. Hedi Wechner erläuterte weitere Schritte, mit der Integration gefördert werden sollte. Sie will Gespräche zum "Abbau von Berührungsängsten führen, gegenseitige Rücksichtnahme einfordern und gemeinsame Veranstaltungen wie die Kochkurse des Integrationszentrums fortführen." Gut bewährt habe sich auch die Hygieneschulung für Mädchen der 4. Hauptschulklassen, bei der sie Ratschläge von einer Frauenärztin in der Schule bekommen.
Abschließend meinte Hedi Wechner noch, dass das Netzwerk aus Sozialausschuss, LA21, Integrationszentrum und Integrationsbeirat nicht als Konkurrenz gesehen werden sollte, sondern als Ergänzung.
Ungelöst ist die Problematik, vor der die Lehrer angesichts der Sprachprobleme in den Schulen stehen - zusätzliche Unterstützung für die Lehrer gibt es derzeit nicht. Es werden zwar Deutschförderkurse angeboten, aber diese erfüllen vor allem in den Volksschulen nicht den angestrebten Zweck. Auf die Frage, wie die Stadt in diesem Fall reagieren wird, verwies Hedi Wechner darauf, nicht zuständig zu sein: "Diese Frage ist ans Land Tirol zu stellen. Es steht fest, dass hier Handlungsbedarf besteht und es notwendig wird, auch Geld in die Hand zu nehmen."
Integrationsbeirat war nicht eingebunden
Ein Grundsatz, auf den offenbar vor dem Vorpreschen mit Maßnahmen in der Presse vergessen wurde. Wörgls LA21- und Integrationsbeauftragter Peter Warbanoff, der entgegen der Behauptung der beiden Vizebürgermeisterinnen inhaltlich nicht eingebunden war: "Mir war nur bekannt, dass eine Pressekonferenz stattfinden wird - aber nichts vom Inhalt. Da wurde auch der Beirat nicht gefragt und einfach drübergefahren!"
Warbanoff, der verständlicherweise verärgert reagiert, will jetzt eine Aussprache mit dem Beirat und hat zur heutigen außerordentlichen Sitzung des Integrationsbeirates auch die Vizebürgermeisterinnen eingeladen. Er sieht im Land Tirol zwei grundlegend verschiedene Herangehensweisen an das Thema Integration und hält wenig vom Zoller-Frischauf-Kurs, der sich etwa in der "Deutschpflicht in Jugendzentren" ausdrückt. Warbanoff: "Landesrat Reheis geht da einen anderen Weg, es gibt andere Methoden, mit denen attraktive Hilfestellungen zum Erlernen von deutsch geboten werden können. In Innsbruck setzt man beispielsweise auf Gemeinwesenentwicklung, will die Sozialarbeit an der Basis in den Wohnblocks forcieren und so das Miteinander fördern."