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Kabarett im Komma Wörgl mit Django Asül am 19. Jänner 2009 |
Humor ist, wenn man trotzdem lacht - getreu diesem Motto verwurschtet der bayerisch-türkische Kabarett-Vollprofi Django Asül Wahlschlappen und Krisen aller Art - von der Wirtschafts- bis zur männlichen Identitätskrise - für sein höchst unterhaltsames Programm "Fragil". So nebenbei bekamen natürlich auch österreichische Politiker ihr Fett weg. So etwa in Django Asüls Kommentar zum Wahlausgang und der darauf wieder beschlossenen großen Koalition: "Na, dann macht man den Blödsinn gleich nochmal."
Ins Detail ging der wortgewandte kritische Zeitgeist natürlich in der Schilderung der bayerischen Polit-Landschaft, die auch so ihre Blüten treibt. Im Wahlgewinner, den Freien Wählern, sieht Django Asül "eine Guerilla aus Ex-CSUlern, deren Wähler eigentlich Nichtwähler sind, die nur aus Protest zur Wahl gingen, um der CSU eins auszuwischen." Und wenn dann in der Polit-Führungsriege die Gentechnik angewendet werde, heiße das für einzelne, dass sie gehen dürfen.
Oder den Hut nehmen, wenn der Kopf schon weg ist. Wie es dem Finanzminister Huber nach dem Bayerischen Landesbank-Debakel ergangen sei. Bei deren Schilderung spielte Django Asül die gleiche Ahnungslosigkeit vor, die er der CSU als Prinzip unterstellte. Wie könne es sonst sein, dass der Finanzminister die schließlich 4,9 Milliarden Euro schweren Verluste zunächst mit null bezifferte? So nebenbei lieferte er auch gleich eine Erklärung für die Ahnungslosigkeit der Politik: Man habe sich eben auf Rating-Agenturen verlassen. "Da dachte sich unser Finanzminister Huber, dass so eine Rating-Agentur ja keine EU-Kommission ist und schon nicht alles Volldeppen drinsitzen würden." Pech gehabt - und so sei aus einem Triple A-Rating - "also drei A - ein LMAA-Rating geworden."
Wobei diese Bewertungen in Expertenkreisen ja immer nur als virtuelles Geld gehandelt wurden, das es nicht wirklich gegeben hat. Nur jetzt, wo es weg ist, solle es bezahlt werden! Natürlich vom Steuerzahler. Deutliche Worte fand der Kabarettist auch zu den Investmentbanken, die durch den Verkauf fauler Wertpapiere die Finanzkrise ausgelöst haben: "Diese Investmentbanker waren immer auf der Suche nach einem Blöden, der ihnen ihre wertlosen Papiere abkauft. Sie waren selbst überrascht, wie lange das gut ging. Die Lehre daraus: Es kann nie genug Blöde geben."
Und noch eine Schlussfolgerung aus dem Bankendesaster: Mittlerweile sei die Al Quaida schon neidisch auf Lehman Brothers - während sich die Terrorgruppe "seit 10 Jahren einen Ast sprengt", ruinierte die Bank das System in nur fünf Tagen! Jetzt würden die Terroristen ihre Selbstmordattentäter auf Banker umschulen.
Zerbrechlichkeit ortete Django Asül aber nicht nur in Politik und Wirtschaft, sondern auch im Privatleben. Wenn der Mann so auf die 40 zugeht - dann setze ihn die "übersexualisierte Welt" schon gehörig unter Druck. Auf der Suche nach den Fragen, die den Mann so bewegen, landete er im Internet bei MensHealth.de und damit bei einer ergiebigen Quelle für sein Kabarettprogramm: Sex im Wasser und die Frage, ob Übergewicht ansteckend ist, interessierte ihn aber dann doch nicht wirklich.
Schon eher das Thema Integration, wofür er gekonnt in die Identität eines türkischen Zuwanderers der ersten Generation und die eines Fußballtrainers in der Provinz schlüpfte. Um schließlich festzustellen, dass er "Deutscher werden will". Weil Deutschland das sympathischste Land der Welt sei und so "gemächlich orientierungslos dahindämmere". Der Aufbau Ost sei gescheitert, der Abbau West funktioniere. "Das ist der Kompromiss zur sozialen Gerechtigkeit - wir bringen den Westen auf Ost-Niveau." Deutschland sei "ein gallisches Dorf in der globalisierten Welt - mit Angela Merkel als Hinkelstein."
Und was die Liebe zum gewählten Heimatland noch trübt, ist die Tendenz zum Überwachungsstaat, die sich auch am Flughafen zeige. Wofür er schon seine eigene Strategie betreffend das Handgepäck entwickelt hat: Nachdem ihm erstmals Zahnpasta und Rasierschaum als "terrorverdächtige Flüssigkeiten" abgenommen wurden, sammelt er im Haushalt fleißig leere Verpackungen... Weniger spaßig werde es, wenn man an eine US-Kontrolle komme: "Die interessieren sich für Laptops, Handy und Unterlagen und kopieren alles!" Schließlich noch ein nützlicher Ratschlag ans Publikum zum Umgang mit den vielen Überwachungskameras: "Lächeln Sie nicht, das ist verdächtig!" Am besten blicke man "biometrisch - wie ein Serienkiller mit schwieriger Kindheit aus einem rumänischen Waisenhaus."
Dass sich die Schlingen des Staates immer enger um die Menschen ziehen, verunsichere. Das sei allerdings gut für die Wellness-Branche, wie Django Asül in der Rolle eines Wellness-Beraters verdeutlichte. Wer nicht glaubt, dass es tatsächlich die zitierte Firma Darmreinigung.net und den Verkaufsschlager Osmoseumkehrwasser gibt - siehe Internet...
Aktuelle Bezüge fehlten in Django Asüls Programm natürlich auch nicht. Etwa die "Obama-Mania" - als der angehende US-Präsident Berlin besuchte. Und was hätten die Deutschen danach in Anlehnung an Kennedys legendären Besuch danach ausgerufen? "Wir sind N(n)eger..."
Das Stegreif-Kabarett im Dialog mit dem Publikum beherrschte der Bayer zum Leidwesen des betroffenen "Opfers" ebenso ganz ausgezeichnet. Da plaudert er ganz unverfänglich, fragt allerlei und hängt seine Gags an den Antworten auf. Wenn etwa nicht gleich eine eindeutige Antwort auf die Frage, was man arbeitet kommt: "Ah - höchste Geheimhaltungsstufe! Du darfst es selbst nicht wissen?!" Die Lehre daraus für alle KabarettbesucherInnen in der ersten Reihe: Sagt nie die Wahrheit!! Oder setzt euch in die zweite Reihe...