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Hochwasser-Infoabend in Wörgl
vero / 12.01.2006 23:05
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Baumaßnahmen zum Hochwasserschutz starten
 
"Am 16. Jänner starten wir mit dem Bau des gebrochenen Dammes beim Gießen-Pumpwerk“, stellte Dietmar Günther vom Stadtbauamt Wörgl einleitend die geplanten Baumaßnahmen vor. Neu ist, dass der Damm nun einen Stahlbetonkern erhält, der bereits in drei Wochen soweit fertiggestellt sein soll, dass er zur Schmelzwasserperiode Schutz bietet. Einen neuen Damm wird es auch im Bereich der überfluteten Autobahn geben.
„Die Bahnunterführungen bei der Spar und nun auch beim Reitstall  werden mit Schutzmaßnahmen in Form von vor Ort gelagerten Stahlbetonplatten versehen, die von der Feuerwehr im Ernstfall in Minutenschnelle eingehängt werden können“, teilte Günther mit. Die Dämme des Wörgler Baches werden ebenfalls verstärkt, wobei der Bau der Nordtangente in diesem Bereich vorgezogen wird. Zur Errichtung eines Dammes werden zudem mobile, einen Meter hohe Stahlbetonbauteile bei der Kompostieranlage gelagert.
Aufgerüstet wird auch das Gießen-Pumpwerk der Tiwag – künftig sollen statt zwei vier Pumpen und weitere zwei Pumpen für den Aubach und den Latreinbach die sechsfache Pumpleistung bringen.
Die TIWAG legt ab 12. Februar für einen Monat lang die Kraftwerke Kirchbichl und Langkampfen still, um den Stauraum zu entleeren und die nötigen Uferreparaturarbeiten in Angath und Langkampfen durchzuführen. Von Dezember 2005 bis März 2006 räumt zudem das Baubezirksamt Anlandungen aus der Innschleife.
„Im Zuge der Ursachenforschung zum Hochwasser aktivierten wir jetzt wieder ein Projekt aus den 1990er-Jahren, das die Errichtung einer Kiesfalle im Bereich Wörgl-West vorsieht“, erläutert Georg Huber, Bereichsleiter der TIWAG das beim Infoabend erwähnte Projekt. Da dafür wasser- und naturschutzrechtliche Verfahren sowie die Regelung der Zufahrt nötig sind, rechnet er mit einer Umsetzung im nächsten Winter. „Geplant ist, das Flussbett über eine Länge von 100 bis 150 Metern einzutiefen, um so mitgeführten Schotter zu sammeln und mittels einer Schrapperanlage in den Niederwasserzeiten aus dem Flussbett zu räumen.“
Als „Schuldeingeständnis“ will Huber die nun gesetzten Maßnahmen der TIWAG aber keinesfalls verstanden wissen: „Wir ziehen damit nur die Lehre aus dem Hochwasser und wollen damit zu mehr Sicherheit beitragen.“
Hochwasser-Geschädigte wollen Kostenersatz für entstandene Schäden
Versäumnisse sehen die Geschädigten allerdings sehr wohl in einem Zusammenhang mit dem Ausmaß der Katastrophe. Sie ließen sich beim Info-Abend auf eigene Initiative von den Vorarlberger Rechtsanwälten Dr. Hans-Jörg Vogl und Thomas Huf über die weitere Strategie zur Erlangung von Kostenersatz für die entstandenen Schäden beraten.
Günther Marschner, Gerhard Unterberger und Willi Aufschnaiter wollen jetzt im Namen der Betroffenen in Verhandlungen eintreten, wobei dabei die TIWAG, TIGAS und Asfinag ebenso als Ansprechpartner genannt wurden wie die Stadt. Zudem steht die Frage im Raum, wieweit die Wasserrechtsbehörde ihren Pflichten nachgekommen ist. „Wenn wir bei Verhandlungen nichts erreichen, steht uns immer noch der Gerichtsweg offen“, kündigte Marschner an.
Bevölkerung spendete 905.000 Euro
„Auf dem Spendenkonto für die Hochwasseropfer langten bisher 905.000 Euro ein, die auch bereits ausbezahlt wurden“, informierte Vizebgm. Maria Steiner. Kein Geld erhielten die anwesenden Geschädigten bisher vom eigens gegründeten Wiederaufbaufonds „Tiroler helfen Tirolern“ sowie vom Katastrophenfonds ausbezahlt, viele wissen aufgrund der eingereichten Unterlagen auch noch keine Quote für den Kostenersatz.
Wer zahlt die hohen Energiekosten?
Sorgen bereiten den Leuten nach verunsichernden Auskünften der Stadtwerke auch die hohen ins Haus stehenden Energierechnungen für die Trockenlegung der Wohnräume. Nachdem im Herbst 2005 den Betrofffenen versprochen wurde, dass von den Stadtwerken nur der bisherige durchschnittliche Jahresenergieverbrauch in Rechnung gestellt wird, wurden bereits anderslautende Auskünfte erteilt. Willi Aufschnaiter: "Mir wurde gesagt, es gäbe einen Stadtratsbeschluss, wonach pro Geschädigtem maximal 300 Euro vergütet werden." Stadtamtsdirektor Alois Steiner stellte dazu fest, dass darüber im Stadtrat diskutiert wurde, aber kein Beschluss darüber gefallen sei. Die Entscheidung im Stadtrat über die Vergütung der erhöhten Energiekosten steht noch aus.
 
 
„Uns wurde versprochen, dass wir nur den Jahresdurchschnitts-Stromverbrauch zahlen müssen!“, erinnerte Dr. Michael Riedl an die Zusage vom Herbst, nachdem Betroffene die Auskunft erhalten hatten, dass nur 300 Euro pro Geschädigtem bezahlt werden. Riedl: „Das wäre ja nur ein Zehntel der Kosten.“
 
 
Die Anwälte Dr. Hans-Jörg Vogl und Thomas Huf infomierten die Verhandler Günther Marschner und Gerhard Unterberger (v.l.) sowie die anwesenden Geschädigten über rechtliche Fragen.
 
Über 110 Betroffene der Hochwasserkatastrophe vom 23. August 2005 kamen ins Volkshaus.
 
Fotos: Veronika Spielbichler
Dazu veröffentlicht:
Bericht in der Tiroler Tageszeitung vom 12. Jänner 2006