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Beschluss vom Wörgler Gemeinderat am 5. November 2009

Eine Änderung der Wohnungsvergaberichtlinien der Stadt sorgte am 5. November 2009 für Kontroversen im Gemeinderat. Vizebgm. Maria Steiner (Bild links) stellte die vom Sozialausschuss befürwortete Neuregelung vor: "Neu ist, dass maximal 15 % Nicht-EU-Bürger bei der Vergabe bedacht werden dürfen und dass es einen Punkteabzug bei mangelhaften Deutschkenntnissen gibt."

Die Neuregelung ziele darauf ab, eine Ghettobildung zu vermeiden. Probleme ergäben sich im Tagesablauf der Hausbewohner durch Lärm sowie bei der Mülltrennung, wobei Vizebgm. Steiner hier mangelnde Sprachkenntnisse als Ursache sieht.

 Gegen diese Vorgangsweise sprach sich Grün-GR Evelyn Huber aus: "Fakt ist - und darin sind sich alle im Integrationsbeirat einig - dass es Probleme gibt. Diese zu lösen ist ein großes Anliegen aller, und die Deutschkurse werden auch schon umgesetzt. Mit der nun vorgeschlagenen Änderung sind die Probleme aber nicht zu lösen. Wir haben uns bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft erkundigt - diese Regelung ist eindeutig diskriminierend und es ist davon auszugehen, dass es Klagen geben wird. Warum sollen wir wider besseren Wissens etwas beschließen, was nicht EU-konform ist? Das ist populistisch im Hinblick auf die Wahl 2010 und nicht die richtige Lösung." Huber stellte zudem fest, dass die Ratschläge des Integrationsbeirates, dem sie auch angehört, ignoriert wurden: "Warum werden diese negiert? Ich fühle mich mehr als gefrotzelt."

Die FWL-Gemeinderäte Mario Wiechenthaler und Ekkehard Wieser (Bild links) wiesen darauf hin, dass es seit 15 Jahren ein Anliegen der FWL sei, diese Regelung zu treffen. Wieser: "Ich bin froh, dass sich die beiden großen Fraktionen jetzt darauf einlassen."

Den Vorwurf, jetzt im Hinblick auf die Wahl zu agieren, wies Vizebgm. Hedi Wechner zurück: "Mediationsverfahren und Einzugshilfen greifen nicht. Das ist jetzt ein Versuch."

Grün-GR Huber beharrte auf ihrem Standpunkt: "Diskriminierung ist ein rechtliches Vergehen. Da können wir uns nicht herauswinden." Im Übrigen sei die Misere ein Ergebnis des exzessiven Wohnbaues in den vergangenen Jahren. Als gesetzeswidrige Vorgangsweise stufen auch die beiden Rechtsanwälte Alexander Atzl (Grün-GR) und Dr. Herbert Pertl (UFW-GR) die Neuregelung ein.

Wie denn die Deutschkenntnisse festgestellt werden fragte UFW-GR Pertl (Bild rechts) nach. Das Kriterium, wer den Antrag in Deutsch ausfüllen kann, bekommt keinen Punkteabzug, lässt er nicht gelten: "Das ist keine objektive Prüfung der Deutschkenntnisse. Diese Formulierung ist nicht tragbar. Ich stimme nicht einem Gesetzesverstoß zu." Als "diskriminierend und gesetzeswidrig" stufte auch GR DI Gerhard Wibmer die Neuregelung ein, die "der Willkür Tür und Tor öffnet" und stimmte ebenso wie Herbert Pertl, Evelyn Huber, Alexander Atzl und Gemeinderätin Helga Petzer nicht zu.

GR Daniel Wibmer (Bürgermeisterliste) sieht einen Gesetzesverstoß "noch nicht als erwiesen" an. Die städtische Wohnungsvergabe beinhalte keinen Rechtsanspruch, zudem gäbe es immer Einzelfallentscheidungen aus sozialen Gesichtspunkten.

GR Emil Dander (UFW) schlug vor, die 15 %-Klausel noch um den Zusatz "nicht dem gleichen Kulturkreis angehörend" zu ergänzen, der bei der Beschlussfassung in die Formulierung "mit möglichst breiter Volksgruppenstreuung" umgewandelt wurde. "Die Klausel heißt 15 % Nicht-EU-Bürger und nicht 15 % Migranten", stellte Bgm. Arno Abler fest. Die Gruppe der Nicht-EU-Bürger mache derzeit 10 % in der Bevölkerung aus - mit "15 % ist sie also großzügig bedacht", so Abler. Was den Punkteabzug bei mangelnden Sprachkenntnissen betrifft, meinte Abler: "Das ist kein Gesetz, sondern eine Richtlinie. Davon kann auch abgegangen werden. Es wird sozial gewichtet. Eine rechtliche Überprüfung von Richtlinien im Vorfeld ist nicht möglich. Wir machen öfter etwas, das nicht 100 % hält und landen beim UVS." Abler gratulierte den AutorInnen der Neuregelung - diese sei eine Verbesserung.

Als Zuhörer im Publikum: Wörgls Integrations-Beauftragter Peter Warbanoff und Integrationszentrums-Geschäftsführer Kayahan Kaya.