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Pressekonferenz am 16. Dezember 2009

Wörgl auf dem Weg in eine klimafreundliche Energie-Zukunft

Im Dezember 2007 beschloss der Wörgler Gemeinderat die Initiative "Wörgl ist unsere Energie" mit dem Ziel, 2025 bei der Energieversorgung mit Ausnahme des Verkehrs autark zu sein - also sämtliche in der Stadt benötigte Energie hier herzustellen. Mit Energieförderungen begonnen wurde allerdings bereits im Jahr 2006. "Anlass waren die Überschreitungen bei der Feinstaubbelastung", erklärte Umweltreferent Michael Pfeffer. "Bei der Messstelle in der Stelzhamerstraße wurden 2006 45 Tage mit Überschreitungen bei 30 zulässigen Tagen gemessen, 2007 noch 19 Tage, 2008 11 Tage und 2009 bis jetzt nur mehr 4 Tage", teilte Pfeffer mit und führt die erfolgreiche Senkung auch auf Maßnahmen im Energie-Bereich zurück.

2006 gab die Stadt für Energieförderungen rund 48.000 Euro aus. Mit der Initiative Wörgl ist unsere Energie wurde das Budget dafür deutlich angehoben. "Wir veranschlagten jedes Jahr 100.000 Euro. Diese waren aber nie begrenzt", so Pfeffer. So betrug die Fördersumme für 117 Maßnahmen 2007 rund 143.000 Euro, 2008 bereits über 227.000 Euro für 126 Maßnahmen und heuer für bislang 105 Projekte über 107.000 Euro. Insgesamt schüttete Wörgl von 2006 bis jetzt rund 525.000 Euro Fördergeld aus, wobei  Dämmungsmaßnahmen mit rund 314.000 Euro den größten Anteil ausmachen, gefolgt von 140.000 Euro für Solarförderungen, 35.000 Euro für Biomassefeuerungsgeräte und 16.000 Euro für Erdgasförderungen. 

"2008 und 2009 wurden Energieförderungen von über 300.000 Euro ausbezahlt und damit energiesparende Maßnahmen von über 2 Millionen Euro unterstützt", freut sich Pfeffer, der die bisherige Förderpolitik beibehalten will. Wie es mit Wörgls Energieförderung weitergeht, entscheidet der Gemeinderat am 17. Dezember 2009.

Ein Rückblick auf 2008 und 2009

"Die Natur hat 1250 Jahre gebraucht, um die fossilen Brennstoffe zu erzeugen, die wir heute auf diesem Planeten täglich verfeuern", erklärte Stadtwerke-Direktor Helmuth Müller, um die Dringlichkeit der Umstellung auf erneuerbare Energiequellen zu unterstreichen. Müller erläuterte die Maßnahmen der vergangenen beiden Jahre und gab einen Ausblick auf 2010.

"In den vergangenen beiden Jahren wurde in Kooperation mit Energie Tirol die monatliche kostenlose Energieberatung kräftig ausgebaut - von 24 Beratungen 2008 auf bis jetzt 102 Beratungen dieses Jahr", so Müller. Beraten wird dabei auch darüber, welche Förderungen Wörgl für Biomasse, Solarthermie, Dämmungsmaßnahmen, Fotovoltaik-Anlagen und Wärmepumpen gewährt. Für die Förderungen gelten keine Einkommensgrenzen.

Während 2006 und 2007 der Förderschwerpunkt auf Solarthermie und Biomassenutzung lag, verlagert sich der Schwerpunkt immer mehr zu Dämmungsmaßnahmen und Fotovoltaik. Wo die "energetische Entwicklung" hingehen kann, damit befasst sich das derzeit in Ausarbeitung befindliche Energie-Konzept. Dazu wurde die Ist-Situation bereits erfasst. Bis zum Frühjahr 2010 sollen Szenarien vorliegen, wie Wörgl dem Ziel der Autarkie 2025 näher kommen kann.

Was Gebäudesanierungen betrifft, hat die Stadt ihre "Hausübung" in den vergangenen beiden Jahren bereits gemacht und investierte rund 800.000 Euro: Die Erweiterung des Kindergartens Mitterhoferweg wurde ebenso im A+-Passivhausstandard vorgenommen wie die Erweiterung der Volksschule. Solarthermie wird zur Warmwasseraufbereitung im Seniorenhaus genutzt. Die Mehrkosten für den Modell-Kindergarten inklusive solar-gestützter Biomasseheizung und Fotovoltaik-Anlage lagen bei 200.000 Euro, für die Volksschule bei 200.000 Euro. Die Solaranlage auf dem Seniorenheim kostete 150.000 Euro, der Solon-Mover am Kreisverkehr Ost 50.000 Euro. Eingerechnet werden hier auch die Kosten fürs neue Radwegkonzept - das beauftragte Unternehmen bekam dafür 20.000 Euro.

Ein Ausblick in die Zukunft

Neben der Fertigstellung des Energieentwicklungskonzeptes arbeiten die Stadtwerke am Ausbau des Energie-Contractings sowie der Eigenproduktion von Strom. "Die Südtiroler Siedlung entlang der Steinbacherstraße/Schubertstraße soll schrittweise bis 2025 zu einem energieautarken Stadtteil werden. In Zusammenarbeit mit der Uni Innsbruck und der Neuen Heimat wird dazu für eine 27.000 Quadratmeter große innerstädtische geschlossene Grundstücksfläche derzeit ein Konzept entwickelt. Das beinhaltet auch, dass es keinen motorisierten Oberflächenverkehr mehr geben wird", berichtete DI Müller.

2010 bereits ausgebaut werden soll das Wärme-Contracting - was meint, dass die Stadtwerke Wärmepumpen und Pelletsheizungsanlagen errichten und die Energie an verkaufen - für 2010 ist die Versorgung von 185 Wohnungen angedacht. Im Frühjahr entscheidet sich zudem, ob für 200 neue Wohnungen an der Hagleitner-Straße (Bild links) sowie 100 bestehende angrenzende Wohnungen ein Nahwärmenetz errichtet wird. Ein Nahwärmenetz ist auch fürs Gradlareal (10.000 Quadratmeter) geplant.

Ausbau der Wasserkraft und Fotovoltaik

Mehr Strom aus eigener Erzeugung lautet ein weiteres Ziel, wobei hier die Wasserkraftnutzung mehrfach zur Diskussion steht: "2010 errichten wir ein Trinkwasserkraftwerk am Hennersberg, das Strom für ca. 25 Haushalte liefert. Nächstes Jahr fällt auch die Entscheidung, ob wir an der Brixentaler Ache auf der Höhe Tunneleinfahrt gegenüber vom Kirchbichler Gewerbegebiet in Bruckhäusl ein Laufkraftwerk errichten. Das könnte rund 600 bis 900 Haushalte versorgen. Wenn das Regionalkraftwerk am Inn zustande kommt, beträgt der Wörgler Anteil 6,5 Mio. kW/h, was rund 1.700 Haushalten entspricht", so Müller.

Bevor steht zudem ein Ausbau der Stromerzeugung aus Sonnenenergie. Müller: "Für private Kleinanlagen wurden in Wörgl 2009 120.000 Euro Bundesförderung gewährt. 2010 sind damit schon weitere 10 Anlagen fix geplant." 2 bis 3 größere gewerbliche Anlagen sind laut Ökostromgesetznovelle zur Förderung eingereicht. In Wörgl kann eine Investitionsförderung bis zu 4.000 Euro gegeben werden. "Bedingung ist aber, dass der selbst nicht verwendete Strom ins Netz der Stadtwerke eingespeist wird", betont Bgm. Arno Abler. Der Einspeistarif beträgt dabei mit 15 Cent pro kWh gleich viel wie der Strom kostet: "Die Stadtwerke sind damit ein kostenloser Pufferspeicher für den Fotovoltaik-Betreiber", so Müller.

Dezentrale Stromerzeugung - Herausforderung für die Netzbetreiber

Zunehmende Nutzung von Wind- und Sonnenenergie stellt die Netzbetreiber vor neue Herausforderungen, einen Ausgleich zwischen Produktion und Bedarf zu schaffen. "In Zukunft werden hier Elektromobile eine wichtige Rolle spielen", ist Müller überzeugt. Diese können überschüssigen Strom in Akkus speichern, die bestenfalls bei Bedarf sogar wieder angezapft werden könnten. Viele dezentrale kleine Blockheizkraftwerke unter zentraler Steuerung - das erprobt auch der Volkswagen-Konzern mit Erdgas-Automotoren, die für Strom- und Wärmeerzeugung in Haushalten verwendet werden.

Zukunftsmusik Holzvergasung

Vorerst noch Zukunftsmusik bleibt die geplante Biomasse-Vergasung zur Stromerzeugung und ganzjährigen Beheizung des Erlebnisbades. Müller: "Die Errichtung der Anlage ist als Pilotanlage geplant und hängt von der Gewährung von Forschungsförderungsmitteln ab. Der Forschungsförderungsfonds will aber vor einem Pilot-Kraftwerk noch eine kleinere Pilotanlage errichten, die 1000 Stunden im Dauerbetrieb laufen soll. Erst danach will man sich an ein Kraftwerk der von uns benötigten Größenordnung wagen", so Müller. Der Standort für die Pilotanlage entscheide sich in den nächsten Tagen, wird aber nicht Wörgl sein. "Das Gas wird nur abgefackelt - und eine Gasfackel brauchen wir hier nicht", sind sich Bgm. Abler und Müller einig. "Das Grundstück ist weiter dafür reserviert, der Vertrag als Pilotanlage aufrecht. Für uns heißt das eine Wartefrist von ein bis zwei Jahren."