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Beschluss vom Wörgler Gemeinderat am 17. Dezember 2009


Eigentlich war alles auf Schiene: Beim Architektenwettbewerb wurde das Gebäude des Gasthofes Neue Post als geeignet für eine Adaptierung als Musikschule befunden. Am 26. Juni 2009 beschloss der Gemeinderat die Übersiedelung der Landesmusikschule in das Gebäude, das die gemeinnützige Wohnbaugesellschaft Frieden für diesen Zweck umbauen sollte. Die Stadtgemeinde sollte die Räumlichkeiten anmieten und spätestens ab 1.1.2015 Miete zahlen. Die Umbaukosten beziffert die Stadt mit rund 2 Millionen Euro, woraus sich eine monatliche Gesamtbelastung aus Miete und Nebenkosten von 10.588 Euro netto bei einer 30jährigen Laufzeit ergeben hätten.

Jetzt ist alles anders: Nach neuerlicher Prüfung empfahl der Verwaltungs- und Regionalausschuss des Gemeinderates, die Verpflichtungserklärung zur Anmietung der Räumlichkeiten nicht zu unterschreiben und das ganze Projekt abzublasen. Damit auch die am Gradl-Areal geplante 150 Quadratmeter umfassende Galerie und die 30 öffentlichen Stellplätze in der Tiefgarage - diese hätten sich als "unwirtschaftlich" erwiesen. Auch die "Wirtschaftlichkeit und langfristige Finanzierbarkeit der Galerie" sei "aus derzeitiger Sicht sehr fraglich", lautete die Begründung.

Als "äußerst unangenehmes Thema" bezeichnete Bgm. Arno Abler den Rückzieher der Stadt. Grundsätzlich seien die Gespräche mit der Wohnbaugesellschaft und dem Eigentümer der Neuen Post sehr konstruktiv verlaufen. Die Entwicklung der Gemeindefinanzen lasse die Umsetzung jetzt aber nicht zu. "Wir können uns nicht auf so hohe Verpflichtungen einlassen - 3,7 Millionen Euro hätte der reine Pachtzins ausgemacht." Dazu komme, dass im Gebäude 1.600 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung stehen, die Musikschule aber nur gut 1000 Quadratmeter brauche und für die 600 Quadratmeter  "noch nicht einmal eine Idee bestehe", wie diese genutzt werden könnten. In den Kosten seien weder die Einrichtung noch die Betriebskosten enthalten. Dazu komme, dass es weder vom Land von von den Nachbargemeinden Zuschüsse gäbe. Bgm. Abler erklärte, dass "die Hälfte der Schüler aus dem Umland komme. Die Gemeinden zahlen nichts für die Gebäudenutzung, was auch im Tiroler Landesgesetz so verankert sei. Die Bürgermeister hätten lieber Exposituren." Ein weiterer Grund sei, dass man ursprünglich davon ausgegangen sei, sich die Mehrwertsteuer zu sparen. Ein Vorsteuerabzug für Miete, Pacht und Baurecht sei der städtischen VermögensverwaltungsKEG aber nicht möglich, was eine Verteuerung des Projektes um 20 % bedeuten würde.

Mit der Absage sei das Projekt Landesmusikschule aber nicht endgültig erledigt, so Abler, der sich eine "Nachdenkphase" wünscht. Die Frieden-Wohnbaugesellschaft brauche jetzt allerdings eine Entscheidung für die weitere Planung.

Unterstützung erhielt Abler in der Gemeinderatsitzung von Vizebgm. Maria Steiner. Ihr tue es "wahnsinnig leid um das tolle Projekt. Aber der Knackpunkt sind die Finanzen - und da gilt: Ohne Geld koa Musig!"

Grün-GR Evelyn Huber erinnerte daran, dass eine langfristige Sanierung der Musikschule nicht ausbleibe und stellte fest, dass damit auch das Künstlerviertel im Gradlanger "gestorben" ist und nur mehr Wohnbau übrigbleibt. Vizebgm. Hedi Wechner (SPÖ) bedauerte die Absage ebenfalls - man habe nach Bekanntwerden der Budgetzahlen aber keine andere Lösung gefunden: "Das durchzuziehen wäre unverantwortlich."

Die Abstimmung im Gemeinderat ging mit Ausnahme der Stimmen der Grünen gegen die Anmietung von Musikschule, Galerie und Tiefgaragenplätzen auf. GR Alexander Atzl hatte sich für befangen erklärt und den Saal verlassen, Grün-GR Evelyn Huber stimmte gegen die Absage.

Stellungnahme des Musikschul-Direktors

"Neben meiner persönlich großen Enttäuschung, dass ich erst vorgestern nach persönlicher schriftlicher Anfrage an den Herrn Bürgermeister über den vorbereiteten Beschluss informiert wurde, möchte ich ein Argument, das in der Diskussion vorgebracht wurde, unbedingt richtig stellen", meldete sich nach dem Gemeinderatsbeschluss Mag. Johannes Puchleitner, Leiter der Landesmusikschule Wörgl zu Wort.

„Es ist nicht richtig, dass alle unsere MusikschülerInnen (derzeit 995 SchülerInnen mit 1029 Fächerbelegungen!) am Hauptstandort in Wörgl ausgebildet werden!  Fakt ist, dass 490 SchülerInnen bereits in unseren Sprengelgemeinden (in Kundl 237, in Kirchbichl 109, in Bad Häring 61, in Angerberg 58, in Breitenbach 15 und in Angath 10) vor Ort ihren Unterricht in Räumlichkeiten erhalten, die der Musikschule von den genannten Gemeinden zur freien Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Diese Gemeinden leisten somit sehr wohl einen wichtigen Beitrag zu einem gut funktionierenden Unterrichtsbetrieb.

Von den tatsächlich am Hauptstandort in Wörgl unterrichteten 539 SchülerInnen sind derzeit 339 Wörgler Gemeindebürger!

Der von mir abgegebene Raumbedarf für den Hauptstandort Wörgl bezieht sich auf eine realistische Schülerentwicklung für die Zukunft bis maximal 600 SchülerInnen. Die restlichen 50% unserer MusikschülerInnen werden auch weiterhin in den Außenstellen und Exposituren unterrichtet werden.“

Da unsere derzeitigen Arbeitsbedingungen am Hauptstandort in Wörgl wirklich prekär sind (eklatante Raumnot, desolate Heizung, unzureichender Schallschutz/Akustik, kein behinderten gerechter Zugang, Brandschutz…) bitte ich alle Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sich nun gemeinsam mit uns um eine andere möglichst rasche, tragfähige Lösung der Raumprobleme der Landesmusikschule zu bemühen und lade hiermit alle recht herzlich ein, sich einmal vor Ort selbst ein Bild zu machen."