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Pressekonferenz "Wörgl ist unsere Energie" am 2. September 2010 |
vero / 02.09.2010 21:23
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Die Kraft der Sonne nützen - das will vermehrt die Stadt Wörgl, die in der Volksschule ihre Photovoltaik-Projekte vorstellte. Die kleinen Spielzeug-Hubschrauber sollten dabei allerdings nicht das Verkehrskonzept der Zukunft symbolisieren, sondern mit solarzellen-betriebenen Rotoren Sonnenenergie sichtbar machen.
"Ende 2010 werden rund 10 % der in Tirol installierten Photovoltaikkapazität sich in Wörgl befinden", erklärte Wörgls Stadtwerke-Geschäftsführer DI Helmuth Müller bei der Präsentation von Wörgls Solarstrom-Projekten am 2. September 2010 in der Wörgler Volksschule. Der Grund, warum die Stadtverantwortlichen mit den Pressevertretern hier die Schulbank drückten, befindet sich auf dem Dach: Nach dem Probebetrieb in den vergangenen Tagen wurde die neue Photovoltaik-Anlage ins Netz geschalten.
Wörgl startete im Rahmen der Initiative "Wörgl ist unsere Energie" zur Erreichung der Energieautarkie bis 2025 vor zwei Jahren mit den ersten öffentlichen Photovoltaik-Projekten am Kreisverkehr Wörgl Ost sowie am Dach des Kindergartens Mitterhoferweg, der mittlerweile dank Sonnenenergie als energieautarkes Gebäude gilt.
2009 setzte die Stadt auf Motivation der Bevölkerung, mithilfe von Bundesförderungen des Klima- und Energiefonds private Solaranlagen zu errichten. Die Stadtwerke übernehmen dabei die Dienstleistung des mittlerweile reichlich komplizierten Förderantrages. "2009 brachten wir trotz der erschwerten Einreichbedingungen 36 Anträge ein und erhielten 14 Förderzusagen. Damit holten wir 165.000 Euro nach Wörgl und damit 12 % der gesamten Tiroler Fördermittel, obwohl sich nur 2 % der Tiroler Haushalte in Wörgl befinden", so Müller. Das Resultat: 488 Quadratmeter Solarzellen mit 66 kW Leistung, die 16 Haushalte mit Strom versorgen können.
Heuer setzen die Stadtwerke die ersten großen Anlagen um und reichten dazu 7 Tarifförderungen ein. 4 wurden bewilligt, für die restlichen 3 wird 2011 grünes Licht erwartet. "Diese vier Anlagen befinden sich auf der Volksschule, in Bau derzeit sind jene auf dem Dach der Kompostieranlage sowie auf dem Umspannwerk West und eine weitere kommt 2010 auf dem Dach der Firma Farthofer", so Müller. Das entspricht einer Fläche von 1.102 Quadratmetern mit 156 kWp Leistung. Mit den jährlich erzeugten 144.000 kWh können 41 Haushalte versorgt werden.
Zusätzlich erhalten 2010 in Wörgl 20 Kleinanlagen die Bundes-Investitionsförderung, in Summe 120.000 Euro. Errichtet werden 691 Quadratmeter Photovoltaik-Fläche mit einer Leistung zur Versorgung von 23 Haushalten. "Damit produzieren wir Sonnenstrom für über 80 Haushalte und sparen damit 260 Tonnen CO2 jährlich", rechnet Müller vor. Die jährlich erzeugte Energie aus Solarstrom beträgt damit mit den neuen Anlagen 303.000 kWh. Die 2011/12 eingereichten Großanlagen - zwei bei der Firma Transped im Gewerbegebiet Wörgl West sowie eine bei der Firma Marschner - sollen weitere 171.000 kWh liefern.
Je nach Witterung erzeugen Wörgls Photovoltaik-Anlagen 0,5 bis 2 % des Strombedarfes - hier im Bild die neue Solarstromanlage am Dach der Volksschule.
"Wir sind bestrebt, das Bewusstsein für erneuerbare Energie zu stärken und die entwicklungsfähige Photovoltaik weiter auszubauen", kündigte Bürgermeisterin Hedi Wechner an. Über die "sonnigen Aussichten" freut sich Wörgls Umwelt- und Energiereferent Richard Götz, bremst aber die Euphorie etwas ein: "Ich finde es super, dass sich die Stadtwerke hier so ins Zeug hauen - aber wir erzeugen im Jahresschnitt gerade einmal nur 0,5 Prozent des Strombedarfes aus Solarenergie - hier ist also noch wahnsinnig viel zu tun." Österreich sei bei der Photovoltaik das Schlusslicht in Europa aufgrund der ungünstigen Förderpolitik des Staates. Götz: "Es wird wichtig, die Förderungen voranzutreiben. Ich hoffe, dass wir in Wörgl künftig die Bürger wieder wie früher unterstützen können", wobei er auf die heuer reduzierte Photovoltaik-Förderung der Stadt anspielt.
Die mangelnde Bundesförderung sieht auch Stadtwerke-GF Müller als Hemmschuh: "Die Bundesförderung war 2009 mit 17 Millionen Euro limitiert und heuer mit rund 37 Millionen Euro. Dazu kommt, dass man bei der Fördereingabe sehr schnell sein muss - für heuer sind die Mittel schon aus." Wer sich für die Errichtung einer Photovoltaik-Anlage interessiert, kommt auf die Warteliste. Eine private Anlage mit 30 bis 35 Quadratmeter kostet 20.000 bis 22.000 Euro bei der Anschaffung - abzüglich der Förderungen von Bund und Stadt kommt sie dann auf rund 8.000 Euro.
Die Wirtschaftlichkeit liegt bei 11, 12 Jahren Betriebszeit, wobei die Hersteller eine Garantie von 25 Jahren geben und Anlagen mittlerweile auch schon 35 Jahre problemlos laufen, wie ATB-Becker-Geschäftsführer Thomas Becker aus der Praxis weiß. Das Tiroler Unternehmen zählt zu den Solarstrom-Pionieren in Tirol. "Wir beschäftigen uns seit 1986 mit Photovoltaik, liefern Systeme, Komponenten und Know How", so Becker, der Deutschland als Vorbild vor Augen hat: "Dort baut man jährlich Anlagen für einige Gigawatt - ein Gigawatt entspricht der Leistung eines Atomkraftwerkes." Grund sei die Förderpolitik - und hier können die Initiativen von Kommunen eine wichtige Rolle spielen: "Die Politik geht das Thema hier bei uns sehr zögerlich an. Die deutsche Photovoltaik-Erfolgsgeschichte mit entsprechenden Förderungen und Einspeistarifen ging von einer Initiative der Stadtwerke in Aachen aus." Becker ist überzeugt davon, dass sich die Photovoltaik "von unten nach oben durchsetzen wird". Das zeige der große Andrang auf die Fördermittel, die derzeit noch eine künstliche Bremse seien. Die Preisentwicklung am Markt zeige allerdings, dass über kurz oder lang sich auch ohne Förderungen rentiert: "Wir haben derzeit bei Photovoltaik Wachstumsraten von 40 bis 60 % und der Preisverfall 2009 lag zwischen 15 bis 30 Prozent."
Dem Strom aus Sonnenenergie gehöre aus mehreren Gründen die Zukunft: "Energie vor Ort mit Photovoltaik zu erzeugen schafft lokale Wertschöpfung, Arbeitsplätze und hält die Umwelt sauber." Die dezentrale Produktion bringe ebenso Vorteile. Für Häuslbauer gibt´s bereits interessante, gebäudeintegrierte Dachmodule, die Stromerzeugung mit optimaler Gebäudeisolation kombinieren.
Damit in Wörgl jeder - egal ob er in einem Wohnblock oder Privathaus wohnt - zur Energiewende beitragen kann, bereiten die Stadtwerke derzeit ein Bürgerbeteiligungsmodell vor, das Anfang Oktober dieses Jahres vorgestellt werden soll.
Schöner konnte das Wetter am 2. September zur Präsentation der neuen Photovoltaik-Anlage am Dach der Volksschule garnicht sein - von links Umweltreferent Richard Götz, ATB-Becker-GF Thomas Becker und Stadtwerke-GF Helmuth Müller.
Photovoltaik in Wörgl ist noch sehr ausbaufähig - Bürgermeisterin Hedi Wechner und Stadtwerke-GF Helmuth Müller beim Rundblick über Wörgls Dachlandschaft. Bild Mitte: Kleiner Schalter mit großer Wirkung - Bürgermeisterin Hedi Wechner schaltete die neue Photovoltaik-Anlage offiziell ins Netz frei. Jetzt kommt der Strom fürs Elektro-Auto der Stadtwerke u.a. hausgemacht vom Dach der Volksschule (Bild rechts).