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Caritas Sozialmarkt in Wörgl - Tag der offenen Tür am 11. September 2010 |
CarLa-Projektleiterin Heidi Rißlegger bedankte sich bei den beiden Hak-Maturantinnen Clauia Mauracher und Carina Margreiter (Bild links), die im Rahmen der Jahresfeier auch eine Spendenaktion einbauten: Die Gäste wurden ersucht, um 1 Euro Mehl und Zucker zu kaufen und es dem Sozialmarkt zu spenden. Ehrenamtliche CarLa-Mitarbeiterinnen waren am Kuchenbuffet im Einsatz (Bild rechts).
Am 22. September 2009 eröffnete die Caritas in Zusammenarbeit mit der Stadt Wörgl, der Pfarre Wörgl und der AK Tirol im Parterre des Tagungshaues den CarLa-Sozialmarkt, in dem Menschen mit wenig oder keinem Einkommen zu einem Drittel des üblichen Handelspreises Lebensmittel einkaufen können. "220 Kunden kaufen derzeit im CarLa-Sozialmarkt ein", erklärte Caritas-Projektleiterin Heidi Rißlegger, wobei der Kundenstamm von jungen Familien bis zu Pensionisten reicht.
Um hier günstig die Dinge des täglichen Lebens einkaufen zu können, muss ein Einkommensnachweis erbracht werden. Die Grenzen liegen für Einzelpersonen bei 800 Euro, für Paare bei 1.200 Euro und für jede weitere Person im Haushalt 100 Euro. Begrenzt ist auch der Umsatz - mit 30 Euro pro Woche bei Vorlage der gültigen Kundenkarte.
Die kostengünstige Weitergabe der Waren wird durch Warenspenden ermöglicht, wobei das Sortiment großteils aus nicht mehr marktkonformen Produkten besteht. Das heißt es sind Waren aus Sonderaktionen, kurz vor dem Verfallsdatum oder Produkte mit leichten Verpackungsmängeln. Für den Wörgler Sozialmarkt stellt die SPAR ebenso regelmäßig Waren zur Verfügung wie die Tirol Milch.
"Ohne unsere freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wäre der Sozialmarkt nicht durchführbar", betonte Rißlegger. Die Helfer holen die Waren ab, kümmern sich um Logistik und Verkauf sowie um Verwaltungstätigkeiten. "Wir sind in einem tirolweiten Sozialmarkt-Dachverband und tauschen landesweit Produkte aus", so Rißlegger. Die viele nötige Arbeit wäre für die hauptamtlich beschäftigte Teilzeitkraft nicht bewältigbar.
Pfarrer Mag. Theo Mairhofer - Bild Mitte und links im Bild mit dem ehrenamtlichen Sozialmarkt-Mitarbeiter Hans Gwiggner und Mag. Franz Schnellrieder, der das Maturaprojekt vermittelte (rechts) - schätzt die Arbeit des Sozialmarktes, dessen Notwendigkeit er allerdings bedauert: "Leider Gottes gibt es den Sozialmarkt, weil es viele Menschen gibt, die trotz Arbeit kein Geld haben. Jeder 10. Österrreicher hat trotz bezahlter Arbeit zu wenig zum Leben!" Vor diesem gesellschaftlichen Hintergrund gebe "Gott sei Dank den Sozialmarkt", der für die Betroffenen ein Segen sei - auch wenn es nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei - für alle jene, deren Not damit gelindert wird, mache es Sinn. "Mein besonderer Dank gilt den Ehrenamtlichen", reihte sich Pfarrer Mairhofer in die Dankesworte ein und meinte schmunzelnd zum Schluss: "Hoffentlich habt ihr nicht viele Kunden!"
Alles Gute für die weitere Arbeit wünschte Wörgls Sozialreferentin Vizebgm. Evelin Treichl (Bild oben rechts), die dem Sozialmarkt auch weiterhin die Unterstützung der Stadt zusagte.
Als "erfreuliches Ereignis" bezeichnete Caritas-Direktor Mag. Hans Kreuzeder (links) die Jahresfeier des "erfolgreichen Unternehmens, das aber nicht einfach nur ein Geschäft ist, sondern auch eine soziale Dimension hat. Eine Steigerung des Umsatzes heißt eine Zunahme von Not und Armut - das ist der Wehrmutstropfen heute." Der Wörgler Sozialmarkt sei zur richtigen Zeit eröffnet worden und helfe nun in der Wirtschaftskrise. Kreuzeder bevorzugt die Sozialmarkt-Philosophie vor der Gratis-Verteilung von Lebensmitteln: "Sozialmarkt-Kunden sind keine Almosenempfänger, sondern kaufen ein - das bewahrt mehr die Würde des Menschen." Zudem sei der Sozialmarkt ein wichtiges gesellschaftliches Signal der Solidarität - denn ohne ehrenamtliche Arbeit wäre das Angebot nicht möglich.
Carina Margreiter und Claudia Mauracher (Bild Mitte) stellten die Inhalte ihres Maturaprojektes vor, das eine Reihe von Ansätzen umfasst: Lieferanten suchen, Neukunden finden, die Bekanntheit steigern und die Philosophie verbreiten. Dazu entwarfen sie Werbematerial, warben in der Presse und organisierten den Tag der offenen Tür. Dazu gehörte auch, im Sozialmarkt mitzuarbeiten und Kundeninterviews zu führen.
Der CarLa Sozialmarkt ist jeweils dienstags und mittwochs von 9 bis 12 Uhr und freitags von 15 bis 18 Uhr geöffnet.
Abschließend noch ein persönlicher Kommentar:
Bei der CarLa-Feier wurde von einem Besucher, der vor der Versammlung das Wort ergriff, der Vergleich zwischen Behinderten und finanziell Armer gezogen. Er meinte, bei den Behinderten habe es auch an die 15 Jahre gedauert, bis das Thema gesellschaftlich anerkannt worden sei und schlug vor, analog zu den Einkaufswagerl in Shoppingcentern, die Tierfutterspenden sammeln, auch Einkaufswagerl für das Sammeln von Lebensmittelspenden für den CarLa aufzustellen.
Behinderte Menschen zu akzeptieren ist eine Frage der Menschlichkeit - Armut zu akzeptieren eine der Unmenschlichkeit. Im Gegensatz zu Behinderungen, mit denen man sich wirklich abfinden muss, müssen wir uns nämlich mit gesellschaftlicher struktureller Gewalt des herrschenden Systemes nicht abfinden! Armut ist kein Schicksal, sondern gemacht. Wer die Not der Armutsverwaltung dann noch zur Tugend stilisieren will, ist auf dem falschen Weg. Bei allem ehrenamtlichen Engagement bleibt zu hoffen, dass sich der persönliche Einsatz nicht nur auf die Hilfe für Notleidende beschränkt und damit nur die Auswüchse des Systems gemildert werden, sondern dass man sich auch für die Ursachen interessiert und mit der gleichen Energie eine Änderung einfordert! Wer die Augen vor den Ursachen verschließt verschärft nämlich auf lange Sicht das Auseinanderdriften unserer Gesellschaft und die Zunahme von Armut.