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Vortrag der Veranstaltungsreihe "Ökologische Mustergemeinde" am 13. Mai 2011 in Kirchbichl: Margarethe Holzer erklärt Permakultur

    

Franz Hörmann begrüßte zum Vortrag von Margarethe Holzer, die auch auf zwei Exkursionen hinwies.

Haben Sie schon einmal von Permakultur gehört? Was damit in Verbindung gebracht wird, zeigen Antworten wie Hügelbeete, Laufenten, Kräuterspiralen und "Unordnung im Garten". Diese Sichtweise gibt aber nur einen kleinen Aspekt wieder: "Permakultur beinhaltet einen ganzheitlichen Ansatz und leitet sich von andauernder Landwirtschaft ab", erläuterte Mag.a Margarethe Holzer einleitend und wies auf den Begründer Bill Mollison hin, der mit David Holmgren in den 1970er Jahren das erste Permakulturhandbuch und damit die Grundlage der Permakulturbewegung verfasst hat.

Mollison lernte aus der Naturbeobachtung und leitete daraus ab, dass "alles mit allem zusammenhängt", das Leben ein "regenerierender Kreislauf" ist. Lebensfördernde Prozesse lassen sich durch das Herstellen der richtigen Beziehungen forcieren mit dem Ziel, vorwiegend sich selbst erhaltende Systeme unter Schonung von Rohstoffen und Arbeitskraft zu schaffen. "Permakultur ist keine Religion, sondern eine Lebensart. Eine Methode, die Weisheit und Wissen der Traditionen übernimmt und sie mit neuen, umweltverträglichen Technologien ergänzt", erklärte Holzer. Auch Ethik spielt bei der Permakultur eine Rolle: "Permakultur kümmert sich um die Erde und um die Menschen - gerecht teilen, Wachstum begrenzen und Verantwortung übernehmen gehören ebenso dazu wie aktiver Naturschutz." Reparieren statt wegwerfen, Abfall vermeiden und umweltfreundliche Mobilität sind weitere Ansätze der Permakultur-Philosophie.

Permakultur betrifft alle Lebensbereiche

"Die Natur ist ein sich regenerierender Kreislauf, der Mensch ist ein Teil davon", so Holzer. Das habe weitreichende Folgen auch über den eigenen Gartenzaun hinaus: "Permakultur ist, mit aller Konsequenz gelebt, eine hochpolitische Methode", wozu die Referentin David Holmgren zitierte: "Das eigene Essen zu produzieren ist ein hochpolitischer Akt." 

Heute werde Permakultur als "Entwurf dauerhafter menschlicher Lebensräume" verstanden. Permakultur beinhaltet neben der Sorge um den Lebensraum die Sorge für den Menschen: "Das heißt, dass die Grundbedürfnisse nach Nahrung, Schutz, Bildung, sinnvollem Tätigsein und zwischenmenschlichen Beziehungen erfüllt wird." Wenn diese Bedürfnisse regional abgedeckt werden, mache das weltweit zerstörerische Praktiken überflüssig. Bei gut eingerichteten Systemen werden dann Überschüsse an Zeit, Geld und Energie frei, die verteilt werden sollten, um eine gerechtere Welt zu erhalten.

Permakultur-Planung

Vier Module umfasst die Permakultur-Ausbildung der Permakulturakademie im Alpenraum: Nahrungskreislauf und Selbstversorgung, Bauen und Wohnen, Kooperationen in Stadt und Dorf und Permakultur in der Landwirtschaft. Bei der Planung gelten 10 bis 12 Gestaltungsprinzipien, die auf die jeweilige Situation individuell abgestimmt werden. Wert wird dabei darauf gelegt, dass jedes Element mehrere Funktionen erfüllt und wichtige Funktionen von mehreren Elementen getragen werden. Der effiziente Umgang mit Energie dominiert die Zonen- und Sektorenplanung. Kreislaufwirtschaft, die Nutzung biologischer Rohstoffe, Vielfalt als Prinzip und die Schaffung optimaler Pflanzen- und Tiergemeinschaften zählen ebenso dazu wie die Nutzung und Optimierung von Randzonen.

Die Grundlage eines Planungsentwurfes liefern die klimatischen und geologischen Verhältnisse. Mit minimalem Energieaufwand alle Funktionen des Systems aufrecht erhalten und dabei maximalen Nutzen zu erzielen gilt als Leitsatz bei der Zonen- und Sektorenplanung. So werden in der Zone 1 rund ums Haus Elemente des täglichen Gebrauches wie Gemüsegarten, Kinderspielplatz oder Kräuterspirale platziert. Weitere Elemente nah am Haus sind Kompostplatz, fallweise Komposttoilette, Regenwasser- und Solaranlage, Nützlingsbiotope, Holzlager, Erdkeller oder Gewächshaus, bestenfalls kombiniert mit einem Hühnerstall.

Weiter entfernt in Zone 2 werden Hecken, Wildkräuter, Lagergemüsebeete, Obst oder ein Ententeich situiert und in der Zone 3 finden sich Acker, Wildsträucherhecken, Aquakulturen, Schweine, Schaf- und Ziegenweiden. Aquakulturen können auch in der Zone 4 mit Wirtschaftswald kombiniert werden und als wichtig gilt die naturbelassene Wildniss in der Zone 5, die nicht bewirtschaftet wird und als Beobachtungs- und Rückzugraum für Kleintiere dient. Wer Nützlinge wie Igel, Ringelnatter und Vögel im Garten begrüßen will, sollte darauf auch bei der Weggestaltung Rücksicht nehmen und Flucht- und Versteckmöglichkeiten für die Tiere schaffen.

"Bei der Sektorenplanung geht es um die bestmögliche Nutzung der von außen einströmenden Energie", erklärte Holzer. Bei der Anordnung von Elementen wird darauf geachtet, dass möglichst viele nützliche Beziehungen untereinander bestehen und sich gegenseitig unterstützen. Ein Beispiel dafür ist die Kombination von das Hühnerstall und Gewächshaus: "Hühner erwärmen das Glashaus, produzieren CO2 und Dünger, was beides gut ist fürs Pflanzenwachstum. Im Glashaus, das durch einen Luftschlitz oben mit dem Hühnerstall verbunden ist, wächst auch Hühnernahrung." Hühner sind auch Helfer in abgezäunten Gartenbereichen: Sie graben vor dem Setzen um und fressen Schneckeneier und andere Pflanzenschädlinge. Ebenso werden Wollschweine in der Landwirtschaft eingesetzt, um Böden für den Obstanbau vorzubereiten.

Margarethe Holzer erklärte dann, wie Wildsträucherhecken, Wurmfarmen oder Hochbeete angelegt werden können und deren Vorteile. Hecken beeinflussen positiv das Mikroklima, bieten Nahrung und Schutz für Kleintiere und Vögel und als angenehmen Nebeneffekt Sicht- und teilweise Lärmschutz. Keine offenen Erdflächen, um Bodenkleinstlebewesen zu schützen, mulchen mit Gras, Heu, aber auch Karton verhindert das Wachstum nicht erwünschter Pflanzen und liefert Wurmnahrung. Würmer düngen optimal und sind ebenso wichtige Helfer wie Bienen und Hummeln, für die Blütenpflanzen wichtig sind. Als Mulchmaterial nicht geeignet ist übrigens Rindenabfall (zu sauer) sowie frischer Rasenschnitt (da Schneckenfutter) - dieser sollte nur in getrockneter Form aufgebracht werden.

Die Natur kennt keinen Abfall...

"In der Natur gibt es keinen Abfall", erklärte Margarethe Holzer das Prinzip der Kreislaufwirtschaft, das im eigenen Garten mit Kompostanlage, Wurmfarm oder Komposttoilette umgesetzt werden kann. Das Know-How dazu wird in Kursen vermittelt. Die "Abfalltreppe" beinhalte die Prinzipien vermeiden, reduzieren, wiederverwenden, reparieren und dann erst recyceln nicht nur bei festen Stoffen, sondern auch beim Wasser: Wasser sollte so lang als möglich am Grundstück gehalten und bestenfalls mehrfach verwendet werden, zum Beispiel Wasser aus der Küche für die WC-Spülung oder die Verwendung von Regenwasser als Gießwasser.

Die Nutzung zu diversifizieren bedeute möglichst kleine, intensiv genutzte Flächen neben großen, extensiv oder garnicht genutzten Bereichen festzulegen. Fruchtfolge, Fruchtwechsel, günstige Pflanzgemeinschaften, Gründüngung durch Mulchen und der Anbau über mehrere Etagen helfen, den Ertrag zu optimieren.

Die Vielfalt gilt dabei als obertstes Prinzip - bei der Auswahl von Pflanzen, Materialien, Tieren, Systemelementen ebenso wie bei den Geländeformen. Ziel ist eine möglichst ganzjährige Ernte und die eigene Saatgutgewinnung, deren Bedeutung Margarethe Holzer besonders hervorhob: "Wir müssen unsere Samenvielfalt erhalten. Jeder, der Samen tauscht oder weitergibt, ist von unschätzbarem Wert!"

"In Randzonen gedeiht es oft am besten und diesen Effekt kann man nützen, indem man die Randzonen optimiert", erklärte Holzer. Das kann durch die Schaffung von Hügeln oder die Verwendung unterschiedlicher Materialien erreicht werden und kann die Anbaufläche erhöhen. Die Elemente eines Permakulturgartens fügen sich zu einem System zusammen. Beispiele dafür sind Gemüsegarten, Beerensträucher, Obstbäume, Wiese für Mulchmaterial, Kräutergarten, Kräuterspirale, Trockensteinmauern, Teiche, Wasserbecken, Regentonnen oder eine Grauwasseranlage.

Permakultur jenseits des Gartenzaunes...

Permakultur kann einen positiven Strukturwandel unterstützen und zu mehr Verteilungsgerechtigkeit beitragen: "80 % der Weltrohstoffe werden von 20 % der Menschen verbraucht", begründet Holzer die Notwendigkeit zum Umdenken und anders wirtschaften, bei dem auch soziale Systeme eine Rolle spielen: Einkaufsgemeinschaften, ErzeugerInnen- und VerbraucherInnen-Gruppen, Gemeinschaftsinitiativen und Komplementärwährungen bieten hier praktische Ansätze.

Margarethe Holzer, die 2007 ihre Diplomarbeit an der Fakultät für Bildungswissenschaften an der Universität Innsbruck zum Thema "Permakultur als Modell für eine zukunftsfähige strukturelle Veränderung der Gesellschaft unter besonderer Berücksichtigung der Bildung für nachhaltige Entwicklung" schrieb, brachte abschließend etliche Praxisbeispiele aus Permakulturprojekten und zahlreiche Literatur-Tipps - hier ihre Empfehlungen:

Literatur zum Einsteigen
 
Es gibt eine große Auswahl an Literatur – auf Deutsch würde ich zunächst folgende empfehlen:
Permakultur kurz und bündig
von Patrick Whitefield, Verlag OLV
 
Der Permakultur-Garten
von Graham Bell, PALA Verlag
 
Permakultur-Gärten sind anders (gut für Gemüse) empfehle ich zum Einsteigen
Marlies Ortner, Erwin Zachl, zu beziehen unter sunshine@therapiegarten.at
 
Gärtnern im Biotop mit Mensch (schon sehr genau – da werden fast alle Fragen beantwortet)
Gerda Kleber, Eduard W. Kleber, Verlag OLV
 
Permakultur für alle
Sepp und Margit Brunner, Löwenzahn-Verlag
 
Handbuch Samengärtnerei
Andrea Heistinger, Arche Noah, Löwenzahn-Verlag
 
Bücher von Sepp Holzer
im Buchhandel – sowieso bekannt, denke ich
 
Handbuch der Permakultur-Gestaltung – Herausgegeben von der Permakultur-Akademie im Alpenraum
Deutsche Ausgabe von A Designers’ Manual von Bill Mollison
 
Die Rübe
Permakultur-Zeitschrift für nachhaltiges Gärtnern und zukunftsfähige Landnutzung
 
Anders gärtnern
Permakultur-Elemente im Hausgarten – Margit Rusch
Verlag ökobuch
 
Auf der homepage von www.permakultur-akademie.com gibt es auch noch diverse Broschüren und Hefte zu Spezialthemen.
 
Ausbildungsmöglichkeiten in Österreich für Permakultur:
Permakulturakademie im Alpenraum: Zertifikatskurse, Spezialkurse, Diplomausbildung: www.permakultur-akademie.com
Permakultur Austria: Zertifikats- und Spezialkurse: www.permakultur.net
Perma-Norikum: Zertifikats- und Spezialkurse: permanorikum.wordpress.com
Sepp Holzer: www.krameterhof.at
Margit und Sepp Brunner am Innergreinhof in Osttirol: Permakulturkurse: www.permakulturwerkstatt.net
 
"Erleben Sie Permakultur" - Exkursionen:
Im Rahmen des Projektes Ökologische Mustergemeinde finden noch zwei Exkursionen statt: Am Sonntag, 19. Juni 2011 zum Thema Selbstversorgung nach Imsterau (Kostenbeitrag 10 Euro) sowie am 2. Juli 2011 nach Dornbirn zum Thema "Permakulturgestaltung". Anmeldung und weitere Info bei Konrad Gwiggner in Kirchbichl, email kgwiggner(at)live.at
 
Urbanes Permakultur-Projekt in Wörgl
Margarethe Holzer steht beratend dem vom Umweltausschuss geplanten Permakultur-Projekt in der Unterguggenbergerstraße 1 in Wörgl zur Verfügung. Weitere Infos dazu gibt es am Freitag, 20. Mai 2011 beim Diskussionsabend Umwelt und Natur um 19 Uhr im Gasthof Lamm in Wörgl.