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Beschluss aus dem Wörgler Gemeinderat am 29. März 2012

 

Diskussion zur Stadtgalerie am Polylog - von links: Kulturreferent Mag. Johannes Puchleitner, Bürgermeisterin Hedi Wechner und Stadtrat Mario Wiechenthaler (im Bild mit GR Ekkehard Wieser)

"Bei der letzten Stadtratsitzung wurde beschlossen, die Räumlichkeiten in der Speckbacherstraße (ehem. Drechslerwerkstatt Riedmann) anzumieten und eine Stadtgalerie zu errichten", beginnt der schriftlich formulierte Antrag des Kulturreferates der Stadt Wörgl an den Gemeinderat, der am 29. März 2012 gebeten wurde, dafür die benötigten finanziellen Mittel frei zu geben: 33.840 Euro inklusive Adaptierungsmaßnahmen für 2012 und jeweils 22.260 Euro für die Folgejahre 2013, 2014 und 2015.

"Die Räumlichkeiten wurden im Herbst der Stadtmarketing GmbH zu einem günstigen Mietpreis angeboten, zunächst auf drei Jahre", erläuterte Kulturreferent Mag. Johannes Puchleitner, der dann gemeinsam mit Komma-Manager Luggi Ascher und dem Kurator Mag. Günther Moschung ein Betreiberkonzept ausarbeitete, in das das Kunstkulturkeller-Konzept von Luggi Ascher aus dem Jahr 2006 einfloss. Eine Stadtgalerie erfülle zudem ein Anliegen der LA21.

Das Betreiberkonzept sieht vor, die "Stadtgalerie am Polylog" als Außenstelle des Veranstaltungszentrums Komma zu führen, das die Vermietung der Räumlichkeiten vornimmt. Für die inhaltliche Gestaltung soll ein eigener Trägerverein gegründet werden, in dem Stadtmarketing, der Kulturausschuss und Mag. Günther Moschig vertreten sind. "Drei Mal jährlich sollen für je zwei Monate Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst durchgeführt werden, die anderen sechs Monate stehen die Räumlichkeiten Vereinen oder Kulturschaffenden zu günstigen Mietpreisen zur Verfügung", erläuterte Kulturreferent Puchleitner die geplante Vorgangsweise. So hätten neben einer professionellen Ausstellungsschiene auch Ausstellungen von Hobbykünstlern sowie andere Aktivitäten wie Lesungen oder philosphische Cafés Platz.

"Es war die Forderung des Stadtmarketings, dass die Hälfte der Zeit nicht professionelle Ausstellungen stattfinden, sondern auch Vereine und andere zum Zug kommen", erklärte Stadtmarketing-Geschäftsführer STR Mario Wiechenthaler, der in der neuen Stadtgalerie die einmalige Chance sieht, Räumlichkeiten mitten in der Stadt zu einem günstigen Mietpreis zu erhalten. Die Stadtmarketing GbmH zahlt jährlich eine Mietstützung in Höhe von 6.000 Euro, worauf Bürgermeisterin Hedi Wechner einwandte, dass das Stadtmarketing ja auch von der Stadt finanziert werde. Einnahmen durch die Vermietung seien in maximaler Höhe von 6.000 bis 8.000 Euro zu erzielen, da die Tarife für Wörgler Vereine billiger als im Komma seien. Eine Kostenreduktion könne sich weiters durch Subventionen von Land und Bund ergeben, die vom Trägerverein beantragt werden können, teilte Puchleitner mit. Soweit die Fakten.

Diskussion im Gemeinderat über Kunstverständnis


Dieses Schild aus der UNZONE Schwoich drückt aus, was in der ausführlichen Diskussion des Wörgler Gemeinderates zu Tage kam. Noch bevor GR Richard Götz die Frage nach der Zukunft des Polylogs stellte, meldete sich Bildungsreferentin GR Christiane Feiersinger zu Wort und bezog sich auf eine Auskunft, derzufolge "zwei der vier Personen im Trägerverein Hausfrauenkunst nicht wollen" - damit wäre sie nicht einverstanden. Ohne qualifizieren  zu wollen stellte Puchleitner fest, dass auch die sogenannte Hausfrauenkunst ihre Berechtigung habe, dafür die Stadtgalerie auch die Hälfte der Zeit zur Verfügung stehe: "Was Kunst ist, ist immer subjektiv."

Was denn unter Hausfrauenkunst zu verstehen sei wollte Bürgermeisterin Hedi Wechner wissen und Vizebgm. Evelin Treichl drückte ihr Missfallen über die Ausdrucksweise klar aus: "So abwertend darüber zu reden ärgert mich maßlos!" Misstrauen hinsichtlich einer ausreichenden Berücksichtigung heimischer Kreativer sprach auch aus dem Vorschlag von GR DI Bettina Müller: "Die Gemeinde soll entscheiden, wer die Räumlichkeiten mieten kann, der Trägerverein soll nur Empfehlungen aussprechen. Wer entscheidet, was Kunst ist? Diese Diskussion jetzt hat mir nicht gefallen. Die Galerie ist eine Supersache - aber die Entscheidung über die Einmietung soll bei der Stadt bleiben."

Worauf Kulturreferent Puchleitner nochmals klarstellte, dass sich entsprechender künstlerischer Anspruch nur auf die sechs Monate professioneller Ausstellungsgestaltung beziehe, die in Zusammenarbeit mit dem Kurator Mag. Günther Moschig gestaltet werden soll.

Was wird aus dem Medienkunstwerk Polylog?

Die Namensgebung für die neue Stadtgalerie am Polylog brachte dann neuerlich das Kunstverständnis der Stadtverantwortlichen zum Ausdruck. "Auch ich hab am Rand gehört, dass der Polylog abgebaut werden soll. Das ist eines der wenigen Kunstwerke im öffentlichen Raum in Wörgl. Ein Software-Update würde 1.000 bis 2.000 Euro kosten. Wir wollen den Polylog künstlerisch nutzen, um auf die Stadtgalerie hinzuweisen. Der Polylog ist eine `landmark`", plädierte Kulturreferent Puchleitner für den Erhalt.

Worauf zu Tage kam, dass der Stadtrat auf Initiative von Bürgermeisterin Hedi Wechner einstimmig den Abbau des Polyloges bereits beschlossen hat und die Kosten dafür von den Stadtwerken mit 6.000 Euro beziffert wurden (ohne Neuaufstellung): "Dieser Polylog ist längst nicht mehr ein Kunstwerk. Er wurde 10 Jahre sträflich vernachlässigt. Er schaut nicht gut aus. Die Farbe blättert ab. Darauf habe ich im Stadtrat angeregt, den Polylog beim Stadtplatz abzutragen und woanders aufzustellen. Der Polylog strahlt eine technische Kälte aus, ist verwahrlost und gefällt mir nicht. Man kann ihn ja bei den Stadtwerken, beim Wave oder sonstwo aufstellen. Ich stehe zu meiner Ansicht." Wechner bezweifelte zudem, dass die Software-Adaption so billig sei.

"Bisher war niemand da, der den Polylog aktiviert hätte. Mittlerweile hat sich Günther Moschig dazu bekannt, den Polylog zu warten. Wenn das so ist, soll er bleiben", erklärte daraufhin Vizebm. Evelin Treichl. Die Künstlerschaft wolle, dass der Polylog bleibt, bekräftigte Kulturreferent Puchleitner.

Grün-GR Mag. Alexander Atzl zweifelte an, dass der Stadtrat zur Entscheidung über den Abbau das richtige Gremium sei - das müsse der Gemeinderat entscheiden. "Wie ist das gegangen? Ist der Polylog nur mehr 1000 Euro wert?", so Atzl, der ankündigt, sich an die Gemeindeaufsichtsbehörde zu wenden. Der Polylog wurde vor 12 Jahren als Folge eines internationalen Kunstwettbewerbes als Abschluss der Neugestaltung der Bahnhofstraße aufgestellt. Den Zweck als Kommunikationssäule erfüllte er nur eingeschränkt, da er aufgrund der komplizierten Dateneinspeisung vorwiegend nur für Werbung stadteigener Einrichtungen und Veranstaltungstipps, nicht aber für die geplanten SMS-Botschaften genutzt wurde. Auch ein Kunstprojekt vor 10 Jahren von SPUR mit lyrischen Texten brachte keine langfristige Belebung. Seit längerer Zeit flackern nun nicht einmal mehr Werbeaufschriften über das Spruchband.

Das Kunstwerk im öffentlichen Raum kostete damals rund eine Million Schilling - womit die finanzielle Kompetenz des Stadtrates überschritten ist. Der Polylog ist Eigentum der Stadtwerke Wörgl, die die Sache neutral sehen. Man brauche ihn nicht, führe aber aus, was die Politik vorgebe, meinte Stadtwerke-Geschäftsführer Reinhard Jennewein dazu.

Auf ein Einlenken zugunsten der Polylog-Erhaltung setzte Kulturreferent Puchleitner: "Der Stadtratsbeschluss erfolgte zu einem Zeitpunkt, als das Stadtgalerie-Konzept noch nicht bekannt war. Jetzt gibt es ja eine neue Faktenlage." Die Bürgermeisterin Hedi Wechner nicht gleich zum Umschwenken bewog - die Aktivierung des Polyloges könne ja beantragt werden. Sie jedenfalls stehe zu ihrer Meinung, ihn abzutragen.

"Dass man über die schiachsten Dinge immer am längsten diskutieren muss! Ich oute mit, nicht ein elitärer Kunstfan zu sein - das ist mir zu viel Geld für zu wenig Leute", meldete sich zum Schluss der Diskussion Vizebgm. Dr. Andreas Taxacher, worauf Vizebgm. Evelin Treichl umgehend konterte: "Das siehst du offenbar bei der Sprungschanze nicht so."

Kunstverständnis hin oder her - gegen die Stadtgalerie führte UFW-GR Emil Dander die Stadtfinanzen ins Rennen. Das Konzept sei gut, aber dafür sei kein Budget da. Dander forderte Budgetdisziplin ein, die auch in anderen Ressorts verlangt werde. Die Finanzierung der heurigen Stadtgaleriekosten in Höhe von 33.840 Euro soll aus dem Rechnungsüberschuss von 2011 (laut Jahresrechnung 1,96 Milllionen Euro) erfolgen, in den Folgejahren entsprechend im Budget verankert werden, lautete der Antrag.

Dem Antrag zur Errichtung der Stadtgalerie am Polylog stimmten schließlich 14 der 21 Mandatare zu.