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Aufsichtsbeschwerde der Wörgler Grünen zum geplanten Kraftwerk Wörgl an der Brixentaler Ache

Das geplante neue Kraftwerk Wörgl betrifft den Abschnitt der Brixentaler Ache von der Pegelmess-Station Bruckhäusl bis zur Grattenbrücke.

Er sei nicht prinzipiell gegen die Errichtung eines Wasserkraftwerkes, aber gegen die Rahmenbedingungen, die der Wörgler Gemeinderat im vertraulichen Teil seiner Sitzung am 29. März 2012 festgelegt hat, teilt  Grün-GR Mag. Alexander Atzl  mit: „Mit 19 Ja-Stimmen beschloss der Gemeinderat den Abschluss einer Vereinbarung mit einer Privatstiftung, die zu 35 % am Projekt beteiligt wird, sowie die Gründung der Tochtergesellschaft Kraftwerk Wörgl GmbH zur Umsetzung des Kraftwerkbaues.“  

Den Grund für ein Einschreiten der Gemeindeaufsicht sieht Atzl in der Finanzierung der mit 11,49 Millionen Euro bezifferten Gesamtinvestition sowie im Umstand, dass die Stadtwerke zu 100 % Eigentum der Stadtgemeinde Wörgl sind. Das Investitionsvolumen für die Stadtwerke betrage fast 7,5 Millionen Euro. „Dieser Betrag soll einerseits durch Rücklagenauflösung in der Höhe von 3,9 Millionen Euro sowie über eine Kreditaufnahme von 3,8 Millionen Euro aufgebracht werden“, so Atzl, der durch Einrechnung der Verzinsung über den Rückzahlungszeitraum die Kreditkosten mit 5,8 Millionen Euro beziffert. „In Anbetracht der finanziellen Situation der Stadt ist das ein Verstoß gegen die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit“, so Atzl, der eine Gebarungsprüfung sowie die Aufhebung der Gemeinderatsbeschlüsse beantragt und andere Projekte wie Seniorenheimerweiterung, Feuerwehrhaus- und Landesmusikschulneubau wichtiger einstuft und dafür Rücklagen der Stadtwerke lieber verwenden würde als für einen Kraftwerksbau.

Atzl kritisiert weiters, dass sich der Gemeinderat „ einem Investor zu Füßen geworfen hat, ohne zu überlegen, ein anderes Bürgerbeteiligungsmodell umzusetzen.“ Dann bliebe die Wertschöpfung bei den Wörglern, nicht bei einem Investor von auswärts. Weiters hegt Atzl rechtliche Bedenken: „Was wäre bei einer Insolvenz der Stiftung oder bei einem Verkauf von deren Geschäftsanteilen? Dann haben wir womöglich jemanden im Boot, mit dem wir keine Geschäfte machen wollten.“

Der Aufsichtsbeschwerde nichts abgewinnen kann Mag. Reinhard Jennewein, Geschäftsführer der Wörgler Stadtwerke. „Wir haben der Aufsichtsbehörde im März dieses Jahres das Projekt vorgestellt, es kam kein Einwand.“ Da das Kraftwerk nicht von der Stadt, sondern von einer GmbH errichtet wird, müsse die Zuständigkeit der Behörde auch erst juristisch geprüft werden. „Kreditnehmer ist die neue Kraftwerks-GmbH, nicht die Stadt. Wir verzichten auch auf eine Haftung der Stadt“, so Jennewein, der falsche Fakten in der Grünen Argumentation sieht: „Die Rücklagenauflösung wäre nicht in dieser Höhe, von den 3,9 Millionen Eigenkapital haben die Stadtwerke 65 %, also rund 2,5 Millionen Euro zu tragen.“  

Jennewein rechtfertigt auch die vertrauliche Vorgangsweise: „Mit der Stromerzeugung stehen wir im Wettbewerb – heute kann jeder ein Wasserkraftwerksprojekt umsetzen und wir wollen uns diesen guten Standort nicht von anderen Betreibern wegschnappen lassen.“ Derzeit arbeite man an der Einreichplanung für das Kraftwerk mit einer Jahreserzeugung von 8.500 MWh. Die Wasserentnahme ist auf Höhe der Pegelmessstation Bruckhäusl, das Krafthaus im Bereich Grattenbrücke vorgesehen. Die betroffenen Grundstückseigentümer signalisierten bereits ihre Zustimmung. Wasser- und naturschutzrechtliche Bewilligungen liegen noch nicht vor, weshalb eine genaue Bewertung der Wirtschaftlichkeit derzeit auch noch nicht möglich sei. Für den Herbst kündigt Jennewein eine umfangreiche öffentliche Bevölkerungsinformation an: „Wir wollen im Einklang mit der Natur bauen. Mit der öffentlichen Diskussion wollten wir warten, bis alle Fakten am Tisch sind.“

Kein Problem sieht Jennewein in der Einbindung der Privatstiftung und verweist auf ähnliche, erfolgreiche Projekte unter Einbindung privater Investoren in Deutschland. „Auch andere Bürgerbeteiligungsmodelle wurden im Gemeinderat diskutiert, aber aufgrund der Höhe des benötigten Beteiligungskapitals verworfen. Wir haben auch Wörgler Unternehmen gefragt, aber 20 bis 25 Jahre auf eine Rendite warten will keiner. Hier geht es um Langfristigkeit und Nachhaltigkeit, die Privatstiftung zielt auf Vermögenserhalt, nicht auf kurzfristigen Gewinn“, so Jennewein der darauf verweist, dass es „beim Sonnenpark II wieder Sonnenscheine geben wird – hier geht es um eine Investitionshöhe von 250.000 Euro, 150 Sonnenscheine sind schon reserviert.“ Für den Kraftwerksbau mit Partnern zu arbeiten sei nicht neu, auch für das Kraftwerk Ehreit in der Kelchsau sei eine eigene GmbH unter Beteiligung der Stadtwerke Wörgl sowie der Kommunalbetriebe Hopfgarten errichtet worden.  Jennewein sieht im Kraftwerk Wörgl einen „wichtigen Meilenstein zur Energieunabhängigkeit“.

Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner war aufgrund einer Auslandsreise für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Verhalten kommentiert Herbert Rieder, Bürgermeister der Nachbargemeinde Kirchbichl die Kraftwerkspläne. Die Brixentaler Ache gehört zur Hälfte Kirchbichl. „Zum aktuellen Projekt liegen uns keine Informationen vor. Vor Jahren wurde seitens der Stadtwerke die Idee angesprochen, aber konkretisiert wurde nachher nichts mehr. Wir werden uns erkundigen, wieweit wir im Rahmen der Verfahren Parteienstellung haben. Die Ache wurde sehr schön renaturiert , auch der Hochwasserabfluss ist zu hinterfragen. Wir werden das Projekt jedenfalls im Gemeinderat behandeln.“