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Beschluss aus dem Wörgler Gemeinderat am 8. November 2012 |
Walter Peer von der Innsbrucker Beratungsfirma Communalp GmbH trat an Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner heran mit dem Angebot, mit seinem Unternehmen Wörgl bei der Erstellung eines strategisches Entwicklungskonzeptes zu beraten. Am 8. November 2012 beantragte die Bürgermeisterin daraufhin im Gemeinderat, dass dieser eine Steuerungsgruppe dafür einrichtet und dieser das Verhandlungsmandat über die Vertragserrichtung mit der Communalp GmbH überträgt. Der so erarbeitete Vertrag solle dann im Gemeinderat beschlossen werden.
Bürgermeisterin Wechner begründet die Beauftragung einer Beratungsfirma mit Wörgls ständigem Wachstum. "Um auf den künftigen Bedarf besser eingehen zu können" schlägt sie die Ausarbeitung eines Entwicklungskonzeptes mithilfe genannter Firma vor, wobei auch die Bevölkerung und die Wirtschaft eingebunden werden soll. Die Arbeitsgruppe habe auch schon getagt und solle um Energie-Koordinator Peter Teuschel sowie den LA21-Beauftragten Peter Warbanoff erweitert werden.
Heiße Diskussion um politische Kultur im Gemeinderat
In der Diskussion zum Tagesordnungspunkt meldete sich zunächst UFW-GR Dr. Herbert Pertl zu Wort, der eine der beiden eigens für den Gemeinderat eingerichteten Präsentationstermine der Communalalp GmbH besucht hatte: "Das würde heißen, dass der Herr Peer mit uns ein Geschäft macht. Was bisher vorliegt, ist mir zu schwammig - was macht diese Firma? Was kostet es? Da ist noch so viel offen." Das auszuverhandeln sei Aufgabe der Steuerungsgruppe, meinte dazu Bgm. Hedi Wechner und Vizebgm. Evelin Treichl: "Wenn das Resultat dem Gemeinderat dann nicht gefällt, kann er den Vertrag ja ablehnen."
"Dieser Vorschlag erschüttert mein Denken. Wir sind gewählte Mandatare, um die Probleme unserer Stadt zu erkennen und zu lösen, nicht Leute damit zu beauftragen. Wir lehnen das ab", eröffnete Vizebgm. Dr. Andreas Taxacher vom Team Wörgl seine emotionale Stellungnahme. "Die erste Auskunft war, dass uns das nichts kostet. Jetzt kostet es doch etwas. Das ist wie beim Notarzt - da hat es auch geheißen, es kostet uns nichts - und dann hat es 907.000 Euro gekostet. Das zweite Messias-Projekt war die Nordtangente. 14 Millionen Euro. Die finanziert sich selbst, hat es geheißen. Ich warne vor solchen messianischen Prophezeiungen und sage bewusst, dass der Herr Peer schon beauftragt ist", so Taxacher und bezog sich damit auf einen TT-Bericht vom 22. August 2012, demzufolge die Auftragsbücher der Communalp GmbH bereits voll seien (siehe http://www.tt.com/Tirol/5284429-2/peer-t%C3%BCftelt-mit-firma-an-gemeinden-zukunft.csp)
Beteiligungsprozesse gäbe es in der Stadt schon zur Genüge - von der Lokalen Agenda 21 bis zur familienfreundlichen Gemeinde und zum Projekt Wörgl 2010, das sich ja ebenfalls mit Wörgls künftiger Entwicklung befasst hat. "Wir wissen, was zu tun ist", so Taxacher, der auf die Kriterien des Landes zur Unterstützung von Bürgerbeteiligungsprozessen verwies: "Das passiert nur, wenn die Prozessbegleiter nicht an Projekten beteiligt sind." Dass das bei der Communalalp anders laufe, schilderte Taxacher anhand eines Vertrages mit der Gemeinde Mieders: "Da ist das Ziel, eine Volksschule zu errichten. Peer will damit 100.000 Euro lukrieren." Die Communalp will dort an der Realisierung beteiligt sein. Sollte die Gemeinde das Projekt ohne dieses Unternehmen umsetzen, muss sie laut Vertrag 100.000 Euro Aufwandsentschädigung zahlen (Vertrag online nachzulesen unter http://www.4mieders.at/files/protokolle/2012-07-02_Protokoll_gemeinderatssitzung_017.pdf)
"Wenn wir soweit sind, dass die Landesregierung zu einer Gemeinde nein und zu Peer, der sich selbst als Lobbyist bezeichnet, ja sagt - sind wird dann in Nicaragua, Kärnten oder Wien?" entrüstete sich Taxacher und meinte "Der Zwillingsbruder des Lobbyismus ist Korruption - da kommen wir nicht drum herum." Weiters stellte Taxacher, der als Raumordnungsreferent bis jetzt eine Teilnahme an der Steuerungsgruppe abgelehnt hat, deren Rolle in Frage: "Diese Arbeitsgruppe soll die Inhalte ausarbeiten. Wenn wir überhaupt in diese Richtung gehen wollen stellt sich mir die Frage, ob wir dazu überhaupt externe Begleitung benötigen. Und wenn ja, dann soll der Vertragspartner mit einer öffentlichen Ausschreibung gesucht werden."
Bürgermeisterin Hedi Wechner wies darauf hin, dass die Communalp GmbH als einzige Firma in Tirol dieses Leistung anbiete und dementierte, dass das Unternehmen kostenlos arbeiten werde: "Das ist ein Wirtschaftsunternehmen. Keine Kosten fallen nur 2013 während der Planungsphase an." Der Gemeinderat habe das Recht, sich Personen zu bedienen, die bei der Gemeindeentwicklung dienlich seien. Dazu befrage man auch Amtssachverständige. Was den Vertrag mit Mieders angeht, sei dieser von der Gemeindeaufsicht bewilligt worden. Bei der Vertragsformulierung für Wörgl werde Rechtsanwalt Dr. Sallinger beigezogen.
Vizebgm. Evelin Treichl bedauerte, dass Taxacher als Raumordnungsreferent nicht in der Steuerungsgruppe mitarbeite. Dieser gehören Bgm. Hedi Wechner, Verkehrsreferent GR Ing. Emil Dander, STR Dr. Daniel Wibmer, STR Mario Wiechenthaler, DI Walter Peer, RA Dr. Ingrid Hochstaffl, Stadtbaumeister DI Hermann Etzelstorfer und Stadtamtsleiter Mag. Alois Steiner an. Treichl warf ein, dass "dass die Notarztsache damals mit externer Begleitung nicht so ausgegangen wäre."
Gegen die Beauftragung des Beratungsunternehmens sprach sich FWL-Ersatzgemeinderat Gerhard Unterberger aus und argumentierte mit der "kaufmännischen Sicht. Das Projekt in Mieders kostet 100.000,-. Die Nordtangente umfasst ein vielfaches dieses Auftragsvolumens und würde damit auch einen vielfachen Betrag für die Beratungsfirma bedeuten, was Peer bei der Präsentation nicht verneint hat. Das sind alles Zusatzkosten."
"2007 wurde die Steuerungsgruppe 2010 ins Leben gerufen. Wie wir wissen, hat das auch einiges gekostet. Und dann haben wir 70.000 Euro für einen Archtiktenwettbewerb ausgegeben, dessen Siegerprojekt nicht verwirklicht wird, weil wir kein Geld haben", meldete sich Grün-GR Richard Götz zu Wort und verwies darauf, dass mit der LA21 ein ähnlicher Prozess bereits bestehe. Zudem befasse sich das Stadtmarketing in 7 Projektgruppen mit dem selben Thema. "Ich verstehe diese Doppelgleisigkeiten nicht", so Götz, der erst sehen will, "was die eigenen Akteure herausbringen. Ich sehe nicht ein, dass wir Geld und Zeit in ein Entwicklungskonzept stecken, für dessen Umsetzung wir dann kein Geld haben."
"In ganz Österreich werden Lobbyisten an die Wand genagelt - und eine kleine Gemeinde in Tirol will im November 2012 den Abschluss eines Lobbyisten-Vertrages - i net!" begründete Grün-GR Mag. Alexander Atzl seine Ablehnung während sich UFW-GR Ing. Emil Dander darüber wunderte, dass man sich bereits einem Gespräch darüber verschließen will. "Hier werden Vertragsverhandlungen beschlossen", warf Vizebgm. Taxacher ein. Dander wies weiters darauf hin, dass Wörgls Stadtradt Dr. Daniel Wibmer ja im gleichen Metier wie die Communalp arbeite. GR Christiane Feiersinger vom Team Wörgl fragte, wie man auf die Communalalp gekommen sei, da diese im Internet nicht zu finden sei und fragte nach der Seriosität, was Bürgermeisterin Hedi Wechner als Unterstellung zurückwies. Der Kontakt sei zustande gekommen, weil Peer bei der Stadt angefragt hat und sie ihn schon seit Jahren kenne.
Dass direkte Anfragen bei Gemeinden üblich seien, bestätigte STR Dr. Wibmer: "Der Herr Peer arbeitet in Teilbereichen ähnlich wie ich. Man schaut, dass man ins Geschäft kommt." Er arbeite in der Steuerungsgruppe mit, weil er darin eine Chance sehe, nicht Peer als Konkurrenten. "Die Arbeitsgruppe soll eine Entscheidung vorbereiten. Ich bin jedenfalls nicht für Aktionen zu haben, die das Bundesvergaberecht verletzen." Der Fall Mieders sei nicht auf Wörgl zu übertragen, da in einem Vertrag nur das stehe, was die Steuerungsgruppe will. Wibmer: "Man wird nachdenken dürfen. Und wenn wir draufkommen, dass das nichts für uns ist, dann wird es eben nichts."
"So wie der Antrag jetzt formuliert ist, können wir nicht mehr sagen, das machen wir dann nicht", warf Pertl ein, der nach den Kosten fragte, die die Steuerungsgruppe verursache. "Keine", lautete die Antwort Wechners. "Ich habe nichts dagegen, wenn jemand bei Bund und Land Fördergelder lukriert", meinte STR Mario Wiechenthaler und schränkte die Arbeit der Stadtmarketing-Projektgruppen ein: "Das hat nur mit Marketing zu tun."
"Hier geht es nicht um ein Entwicklungskonzept, sondern um jemanden, der nach Innsbruck fährt und Geld holt, weil wir die Nordtangente nicht fertigbauen können", brachte GR Atzl seine Sichtweise nochmals auf den Punkt und stellte den Abänderungsantrag, dass der Gemeinderat den Vertrag mit der Communalp GmbH im öffentlichen Teil der Sitzung behandeln soll. Was Bürgermeisterin Hedi Wechner in der Antragsformulierung aufnahm und diese noch um das Wort "eventuelle" ergänzte: "Der Gemeinderat erteilt der Steuerungsgruppe das Mandat, die entsprechenden Vorarbeiten für eine eventuelle Vertragserrichtung zu tätigen. Der Vertrag hat im öffentlichen Teil im Gemeinderat beschlossen zu werden." Diesem Antrag stimmten 13 Mandatare zu, 8 dagegen.