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10 Jahre Kinderschutzzentrum in Wörgl - Feier am 20. November 2012 |
vero / 20.11.2012 18:54
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Die Mitarbeiterinnen des Kinderschutzzentrums Wörgl Mag. Anne Lintner und Renate Ascher (Bild links) gaben Einblick in den Beratungsalltag. Bild Mitte: Geschäftsführerin Mag. Karin Hüttemann vom der Tiroler Kinderschutz GmbH, Landeshauptmannstellvertreter Gerhard Reheis, Bürgermeisterin Hedi Wechner, Anne Lintner und Renate Ascher. Unter den interessierten BesucherInnen der Jubiläumsfeier war auch Nationalrätin Carmen Gartelgruber - hier im Bild rechts mit Bgm Wechner, LH-Stv. Reheis und Karin Hüttemann.
Betroffen vom Ausmaß von Gewalt und Missbrauch an Kindern und Jugendlichen zeigte sich Landeshauptmannstellvertreter Gerhard Reheis am 20. November 2012 vor der Feier zum 10-Jahr-Jubiläum des Kinderschutzzentrums Wörgl. Als Soziallandesrat war er konfrontiert mit dem Beginn der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in Tiroler Heimen, aber auch hinter privaten Türen sei noch viel Gewalt zu finden. "Der Kinderschutz ist mir ein großes Anliegen, vom Kinderschutzzentrum bis zur Schulpsychologie. Gewalt darf null Toleranz haben!", so Reheis, der den Stellenwert der Arbeit der "motivierten, einfühlsamen Mitarbeiterinnen" des Kinderschutzzentrums Wörgl hervorhob: "7.240 Beratungen und 2.160 Klienten in 10 Jahren, zu zweit!"
Beratung von Betroffenen, Angehörigen sowie Personen aus Berufsgruppen wie KindergärtnerInnen und LehrerInnen gehört ebenso zum Arbeitsspektrum wie die Zusammenarbeit mit anderen sozialen Einrichtungen wie der Jugendwohlfahrt, sozialpädagogischen Wohneinrichtungen, Ärzten, ambulanten Familienbetreuerinnen und anderen Familienberatungsstellen. Was hat die Arbeit der vergangenen 10 Jahre bewirkt? "Es herrscht jetzt eine wesentlich größere Sensibilität für das Thema, Vorfälle werden wesentlich früher bemerkt und heute traut man sich viel öfter, sich einzumischen oder anzuzeigen", erklärt Mag. Anne Lintner. Während Jugendliche von sich aus bereits den Weg zur Beratung suchen, sind im Fall von betroffenen Kindern oft Personen aus dem Umfeld, die Verdächtiges melden. Das Kinderschutzzentrum bietet auch LehrerInnen und KindergärtnerInnen Unterstützung und Begleitung an.
Geändert habe sich auch die Haltung der Justiz, die ebenso einvernehmlich mit dem Kinderschutzzentrum zusammenarbeite wie die Polizei. Die beiden Mitarbeiterinnen sehen es aber nicht als ihre Aufgabe an, die Anzeigen zu erstatten. Oberste Priorität sei die Sicherheit des Kindes, dazu brauche es oft eine sensible Vorgangsweise im gesamten Umfeld. Wenn sich KlientInnen für eine Strafanzeige entscheiden, werden diese vor und während des Strafprozesses auch begleitet und beraten. Wichtiger Teil der Arbeit des Kinderschutzzentrums ist es auch, mit betroffenen Kindern und Jugendlichen Hilfsmaßnahmen zu erarbeiten, die vor weiteren Gewalterfahrungen schützen sollen.
Als besonders wichtig erachtet Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner eine Enttabuisierung des Themas. Betroffene von Gewalterfahrungen leiden ihr Leben lang darunter. Wechner, selbst Lehrerin, registriert ebenfalls einen Wandel in der Gesellschaft: "Früher wurde Gewalt als Familiensache angesehen - gottseidank gibt es da jetzt schon ein neues Bewusstsein." Gewalt manifestiere sich allerdings nicht immer sichtbar. Die Statistik sei schon erschütternd genug, dabei gäbe es noch eine hohe Dunkelziffer. Das 10jährige Geburtstagsfest sei zwar ein freudiger Anlass, habe aber einen bitteren Beigeschmack: "Diese Arbeit ist besonders wertvoll, aber auch besonders schwierig."
Eine Zunahme körperlicher häuslicher Gewalt sei auch im Zuge der Wirtschaftskrise angesichts massiver beruflicher Überforderung und wirtschaftlichen Druckes festzustellen, so Lintner. Gewalt komme dabei in allen gesellschaftlichen Schichten unabhängig von Einkommenshöhe und ethnischer Herkunft vor. Wichtig sei es, den Teufelskreis von Gewalt zu durchbrechen. "Wer schlägt ist geschlagen", drückte es Hedi Wechner aus, dass Gewalterfahrung weitergegeben wird.
Das Kinderschutzzentrum in Wörgl wird von den Bundesministerien für Wirtschaft, Familie und Jugend sowie Justiz, vom Land Tirol und der Stadt Wörgl finanziell unterstützt und ist telefonisch unter 05332/72148 sowie per mail unter woergl(at)kinderschutz-tirol.at erreichbar, weitere Infos finden sich auf der Homepage www.kinderschutz-tirol.at Das Angebot ist kostenlos, anonym und vertraulich.