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Vortrag des OGV Wörgl mit Dr. Doris Haidlen-Birnbaumer am 12. Juni 2013 in Wörgl

Gesundheit beginnt beim Essen und im eigenen Garten. Gesundheit braucht Vielfalt - in der Ernährung des Menschen ebenso wie im Ökosystem der Natur. Artenvielfalt vor der eigenen Haustüre trägt so unmittelbar zum eigenen Wohlbefinden bei. Was liegt also näher als im eigenen Garten auf die "chemische Keule" zu verzichten und in naturnahen Gärtnern eine gesunde Grundlage zu schaffen?

Vor diesem Hintergrund lud der Obst- und Gartenbauverein Wörgl am 12. Juni 2013 ins Gasthaus Lamm in Wörgl zum Vortragsabend mit Dr. Doris Haidlen-Birnbaumer (Info: www.bin-im-garten.at). Was aber tun, wenn Schädlinge die Freude am Biogarten verderben?

Nützlinge helfen gegen Schädlinge

Das richtige Milieu für Nützlinge schaffen lautete der Rat der Garten-Expertin, die dabei als oberstes Prinzip "Garten heißt warten" sieht. Was das heißt, verdeutlichte sie am Beispiel der Blattläuse: Wer im Frühjahr beim ersten Befall schon mit der Sprühflasche ausrückt, arbeitet gegen die Natur: "Erste Läuse sind o.k., sie sind das Futter für Nützlinge - die können sich nur so vermehren." Zu diesen Nützlingen zählen Marienkäfer, Ohrwürmer, Flor- und Schwebfliegen. Wenn der Läusebefall dann doch zu stark wird, helfe abwaschen von Pflanzen mit Wasser, auch mit verdünnter Seifenlauge besonders bei hartnäckigen Schildläusen (1 Löffel Schmierseife auf 1 Liter Wasser). Brennnessljauche betreibe zwar nicht Blattläuse, stärke aber die Pflanzen - und "je gesünder Pflanzen sind, umso eher schützen sie sich selbst vor Schädlingen."

Gelb lockt lästige Fliegen...

Wenn Singvögel gegen Raupenbefall zu wenig ausrichten, helfe händisches Entfernen. Bei Befall mit der Weißen Fliege bringen frühzeitig aufgestellte Gelbtafeln Abhilfe - die Insekten werden von der Farbe angelockt und bleiben am aufgetragenen Leim hängen. Das empfiehlt die Naturgärtnerin auch gegen die Kirschfruchtfliege. Das helfe allerdings nur, solang die Kirschen noch grün sind. Wenn ein Befall mit den lästigen Maden vorliegt, kann der Gärtner den Fruchtbarkeitszyklus des Insektes unterbrechen: "Ein Gemüsenetz unter dem Baum aufspannen und die faulen Kirschen vom Boden entfernen. Die Larven kriechen nämlich aus den Kirschen in den Boden, überwintern dort und schlüpfen im nächsten Frühjahr."

Wirksame Hilfe gegen Dickmaulrüssel-Käfer

Kreisrunde Löcher frisst der Dickmaulrüssler, der vielerorts zur Plage wird. Der nachtaktive Käfer ist tagsüber schwer zu finden, lebt im Wurzelbereich der Pflanze und legt auch dort seine Eier. Gegen die 5 Millimeter großen Engerlinge hilft ein Nützling: Nematoden - die Fadenwürmer können gekauft und mit Gießwasser in den Boden eingebracht werden (Info: http://80.254.131.114/nufarm/info/down/nematodenbroschuere_2010.pdf) Wobei bei dieser biologischen Methode exakt auf Außenbedingungen und den Käferzyklus zu achten ist, das Mittel sollte nur bei einer Bodentemperatur von 12 Grad C angewendet werden.

Engerlinge ausgraben...

Zur Landplage werden auch wieder die Maikäfer, die heuer regionsweise ein starkes Flugjahr aufweisen. Vor allem ihr Nachwuchs sorgt für Ärger in Landwirtschaft und Garten. Während für den Flächeneinsatz in der Landwirtschaft Pilzgerste verwendet wird, rät Dr. Haidlen-Birnbaumer im Hausgarten zu aufmerksamem Beobachten der Pflanzen und Ausgraben der Engerlinge. Befall zeigt sich, wenn Pflanzen trotz ausreichender Bodennässe welken.

... und die Schneckenplage...

Zur nach wie vor größten Gärtnerplage zählen die Schnecken, genauer gesagt jene der Familie der spanischen Wegschnecken. Die Nacktschnecken werden ausgewachsen wegen ihres bitteren Schleimes als Futter von den meisten natürlichen Feinden wie Vögeln oder Hühnern nicht gefressen. Laufenten rücken den ungebetenen Kriechtieren zwar zu Leibe, aber nicht jeder kann Enten halten. Ein Schneckenzaun (50 cm breites Blech, am Ende 5 cm im 45 Grad-Winkel umgebogen) als Schutz fürs Gemüsebeet kann ebenso helfen wie Bierfallen. Die sollten allerdings immer mit frischen Bier gefüllt sein, gegen Verwässern durch Regen geschützt sein und Schnecken möglichst vom Beet weglocken. Den Inhalt besser vergraben als nur auf den Kompost werfen. Und noch ein Hinweis: Weinbergschnecken sind die natürlichen Feinde der Nacktschnecken - sie sind Kannibalen und fressen Schneckeneier wie Schnecken! "Weinbergschnecken sind unter Naturschutz. Sie haben ihr Revier und fressen nur Verrottetes." Zu den Schnecken vertilgenden Nützlingen gehören weiters Frösche und Igel, Hühner hätten sich dabei wenig bewährt.

Nützlinge anlocken: Mit "Wohnung" und Futter

Um Nützlinge anzulocken, sollte man für gute Lebensbedingungen für die Tiere sorgen. Ein Insektenhotel sei bei einem naturnahen Garten nicht notwendig, eigne sich aber als Beobachtungsstelle und habe deshalb pädagogischen Wert. Zu den Nutzpflanzen zählt die Brennnessl - sie dient bis zu 25 Schmetterlingsarten als Futterpflanze und kann zu Kräuterjauche verwendet werden, die als Dünger Pflanzen stärkt. Zu den "Nützlingen" im Garten  zählt Dr. Haidlen-Birnbaumer auch "die Baumwärter!" Fachgerechte Pflege trage zur Gesundheit bei, und dazu leisten ausgebildete Baumwärter einen wertvollen Beitrag.

Um Pflanzen zu stärken sei ein optimaler Boden Voraussetzung: "Das Wichtigste ist, das Bodenleben aktivieren." Dazu gäbe es zwei Hilfsstoffe: Sand und Kompost. Was beim Kompostieren zu beachten sei, dafür gibt es Kompostfibeln und Ratgeber. Wichtig sei die Durchmischung des Materials und nur reifen Kompost auszubringen. Kompostierter Mist könne ebenso als Dünger verwendet werden wie selbst hergestellte Kräuterjauche oder Mulchmaterial. Zum Mulchen kann dünn aufgetragener frischer Rasenschnitt (nicht zu dick, sonst fault er) ebenso verwendet werden wie Heu (besser als Stroh wegen der Pestizid-Rückstände) oder Schafwolle. Diese sei ein regional verfügbarer Ersatz für Hornspäne, die meist aus Asien importiert werden. "Schafwolle gibt´s jetzt auch als Pellets", so die Referentin. Kostengünstiger könne allerdings der Abhof-Verkauf beim Bauern sein. Als nützliche Hilfe zur Bodenverbesserung sieht Dr. Haidlen-Birnbaumer auch effektive Mikroorganismen, sie selbst setzt sie allerdings nicht ein.

Im naturnahen Gartenbau bewährt sich das Anpflanzen von Mischkulturen, die eine geschlossene Pflanzendecke bilden. Was sich da besonders gut verträgt, dazu erstellte die Gartenfachfrau Pflanzlisten, die auf ihrer Website www.bin-im-garten.at nachgelesen werden können. Dabei geht es darum, die richtige Mischung aus hoch-, breit- und tiefwurzelnden Pflanzen zu verwenden.

Als "lebendes Mulchmaterial" betrachtet die Expertin Gundelrebe und Vogelmiere, die als klassisches "Unkraut" meist ausgejätet wird: "Die Vogelmiere ist ein wertvoller Anzeiger, ob der Boden Dünger braucht. Wenn sie große Blätter hat, geht´s dem Boden gut. Werden die Blätter klein oder gelb, muss gedüngt werden." Da die Vogelmiere sehr schnell wächst, reagiert sie früher als die Gemüsepflanzen. Die Gundelrebe sei gut für aktives Bodenleben und gilt als Heilkraut, das Eiter zieht und entgiftet - und das gelte auch für den Boden. "Ich lasse sie immer am Rand vom Gemüsebeet stehen, damit sie sich wieder ausbreiten kann."

Kräuterjauche selbst gemacht

Mit dem Herstellen von Kräuterjauche beginnt Dr. Doris Haidlen-Birnbaumer bereits im Frühjahr. In einem 10-Liter-Kübel setzt sie eine Handvoll Brennnessl an, deckt mit einem nassen Tuch den Kübel ab, um Fliegen abzuhalten. Nach ein bis zwei Wochen kann die Jauche verdünnt verwendet werden. Ist nur mehr ein Drittel davon da, mit Regenwasser nachfüllen und frische Brennnessl sowie andere Kräuter dazu: Zinnkraut hilft gegen Rost und Mehltau, Schnittlauch gegen Pilz, auch Beinwell, Reinfarn, echte Kamille und Beifuß mischt sie in kleiner Dosis hinein: "Die Kräuter wirken homöopathisch für den Boden, jedes Heilkraut tut auch den Pflanzen gut."

Fruchtfolge beachten

Besserer Ertrag und weniger Pflanzenkrankheiten sind der Lohn des Gärtners dafür, wenn er die Fruchtfolge beachtet. Im vierjährigen Zyklus werden nacheinander Starkzehrer wie Kohl, Tomaten,Kürbis und div. Kräuter, Mittelzehrer wie Erdbeeren, Blumen, Salat und Blattgemüse, Schwachzehrer wie Bohnen,Karotten, Zwiebeln und mediterrane Kräuter sowie Gründüngung wie Phaselia, Klee, Bohnen oder Spinat gepflanzt.

Giersch-Genuss

"3 x 3 x 3 - und du bist beim Giersch dabei" klärte die Gartenfachfrau über eine weitere als Unkraut eingestufte Pflanze auf. Dreieckiger Stiel, dreigeteilte Blätter, die dreigefächert sind - wo diese auftauchen, sei essen besser als ausreißen: "Giersch vermehrt sich durchs Ausgraben. Er ist allerdings eine gut schmeckende Gewürzpflanze, aus der man köstliche Limonade ebenso zubereiten kann wie Brotaufstriche oder Kräuteröl." Ständiges abschneiden schwäche die Vermehrungskraft der Pflanze, die sich über Wurzelausleger rasch ausbreitet.

Gartenfreunde: vernetzen, austauschen, Saatgut weitergeben!

Zum Abschluss ihres sehr aufschlussreichen Vortrages, der noch viele weitere wertvolle Gartentipps beinhaltete, lud Dr. Doris Haidlen-Birnbaumer alle Gartenfreunde ein, sich zu vernetzen, Saatgut und Wissen zu teilen. Für Vernetzung und Information stehen Online-Angebote (www.arche-noah.at, www.gruenes-tirol.at, www.biohelp.at für biologischen Pflanzenschutz, www.naturimgarten.at, www.bin-im-garten.at für Haus- und Kräutergarten) sowie die Gartenbauvereine zur Verfügung.

Wer sich für weitere Infos s Wörgler Obst- und Gartenbauverein interessiert, erfährt mehr auf dem neuen Internetauftritt http://woergl.gruenes-tirol.at  Zu den Aktivitäten des Vereins zählen Ausflüge sowie das Projekt Schule-Jugend-Familie, in dessen Rahmen heuer ein neues Hochbeet für die Volksschule Bruckhäusl vom OGV Wörgl errichtet wurde.