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Geschichte der Pfarrkirche Angath wird von Archäologen unter die Lupe genommen |
Archäologen legen derzeit den Untergrund der Angather Pfarrkirche frei. Dabei stießen sie im vorderen Bereich auf 13 Gräber sowie auf Mauerreste von Vorgängerbauten.
Kriminalistischen Spürsinn und ebensolche Genauigkeit legt derzeit ein Archäologenteam von Talpa in der Angather Pfarrkirche an den Tag, um im Zuge der Kirchenrenovierung die Spuren vergangener Tage unter dem aufgegrabenen Kirchenboden zu lesen und daraus Erkenntnisse über die Geschichte des ganzen Ortes zu erfahren. Bis ins 13. Jahrhundert lassen sich bislang Reste früherer Kirchenbauten nachweisen. Doch der Ort ist viel länger besiedelt, worauf eine römische Kulturschicht hinweist.
„Die erste Erwähnung Angaths stammt aus dem 9. Jahrhundert. Ob damals auch schon eine Kirche bestanden hat, wird schwer nachzuweisen, da diese oft aus Holz gebaut waren“, erklärt Tamara Senfter, die mit ihren KollegInnen noch bis 20. August Zeit hat, um den Untergrund unter die Lupe zu nehmen. Die bestehende Kirche wurde wie die meisten Kirchen Tirols in der Barockzeit im 18. Jahrhundert errichtet. „Damals war es Mode, alte Kirchen abzureißen und im neuen Stil neu aufzubauen. Das Kapital war zu dieser Zeit vorhanden und Kirchen waren Prestigebauten“, erklärt Senfter. So auch in Angath, das für die Größe der Ortschaft über eine sehr groß dimensionierte Kirche verfügte, wohl auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Blüte der Innschifffahrt.
Unter dem Boden des Kirchenschiffes legten die Archäologen die Grundmauer und den Estrich-Boden der gotischen Kirche aus dem 16. Jahrhundert frei, bis auf den Altarbereich. Da dort das barocke Pflaster erhalten bleibt, wird dieser nicht aufgegraben. „Die gotische Kirche war 8 Meter breit und vermutlich 22 Meter lang“, so Senfter.
Die Funde werden detailliert dokumentiert.
Beim Kirchenumbau 1964 erfolgte durch Grabungsarbeiten vor dem Altar eine Störung des Untergrundes, bei der bereits Grabplatten gehoben und in die Seitenwände der Kirche eingebaut wurden. Unter dem Kirchenboden wurde wie in anderen Kirchen auch vom 16. Bis zum 18. Jahrhundert Priester und Stifter beerdigt. „Wir sind auf 13 Gräber gestoßen“, schildert Senfter das Ergebnis der bisherigen Grabungen, bei denen zu den bereits bekannten Gräbern weitere auftauchten. Ein Skelett ist auf die Mauer der Vorgängerkirche aus dem 13. Jahrhundert gebettet und wird gehoben, um die darunterliegenden Schichten weiter zu untersuchen. Aufgrund der erhaltenen Kleidungsreste geht Senfter davon aus, dass es ein Priester war. „Namentlich ist uns der Tote nicht bekannt. Die Knochen werden in München antropologisch untersucht und kommen dann zurück nach Angath“, erklärt die Archäologin.
Die romanische Kirche aus dem 13. Jahrhundert liegt unter den Resten des gotischen Baues und dürfte ähnlich situiert gewesen sein. Um mehr über das Ausmaß und die Lage zu erfahren, werden nach der ausführlichen Dokumentation der freigelegten Schichten weitere Suchschnitte angelegt. „Der gotische Boden soll flächig erhalten bleiben. Wir werden im sichtbaren Mittelgang der gotischen Kirche nach dem westlichen Abschluss des romanischen Baues graben“, erklärt Senfter, die glücklich ist über die gut erhaltenen Mauer- und Bodenreste, darunter Pfeilerreste aus Tuffstein, aus dem auch gotische Bögen gehauen wurden. In der Barockzeit wurden Bach- und Bruchsteine als Baumaterial verwendet, erstmals auch Ziegel.
Bei den Ausgrabungen wurde diese Skelett freigelegt, vermutlich handelt es sich dabei um einen Priester (Bild links). Bild rechts: Das Talpa-Archäologenteam mit Tamara Senfter, Bernard Ronka, Kathrin Olbort und Alexandra Fink (von links).
„Aus der Zeit vor der Romanik gibt es im Tiroler Unterland nur sehr wenig untersuchte Kirchen, weshalb diese hier sehr wichtig ist“, erläutert Senfter und hofft, bei den Suchschnitten auf weitere Spuren früherer Bauten zu stoßen, etwa auf Pfostenlöcher. In den freigelegen Schichten haben die Überschwemmungen des Inns ebenso ihre Spuren hinterlassen wie die Römer, aus deren Zeit Ziegel- und Keramikreste entdeckt wurden, weshalb von einer Nutzung des Areals zur Zeit der Römer ausgegangen wird. Was die Jahrhunderte danach bis zum nachgewiesenen ersten Kirchenbau im 13. Jahrhundert betrifft, liegt die Geschichte im Dunkeln. „Das Ziel unserer Untersuchung ist auch, darüber mehr zu erfahren“, erklärt Senfter und kündigt für Mitte August einen Tag der offenen Tür an, bei dem das Ergebnis der Grabungen der Bevölkerung präsentiert wird. Der genaue Termin wird noch bekannt gegeben. Bis dahin bleibt die Kirche für Besucher aufgrund der laufenden Arbeiten geschlossen.