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Vortrag von Mag, Renate Winter am 7.3.2014 auf Einladung des Frauennetzwerkes Minerva in Wörgl |
vero / 11.03.2014 08:29
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Großes Publikumsinteresse bei der Veranstaltung "Und manche sind gleicher" des Frauennetzwerkes Minerva im Wörgler Sparkassensaal: Unter den Besuchern waren u.a. die Landtagsabgeordnete Andrea Krumschnabel, Kufsteins Bürgermeister Mag. Martin Krumschnabel und Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner. Dr. Katharina Moritz (rechts) wies einleitend auf die nach wie vor unbefriedigende Situation betreffend Frauen- und Kinderrechte hin.
Über 100 Menschen im Sparkassensaal Wörgl verschlug es am 7. März 2014 den Atem, als die internationale Richterin und Mitarbeiterin im UN-Kinderrechtsausschuss Mag. Renate Winter mit der Aufzählung von Gräueltaten während des elfjährigen Bürgerkrieges in Sierre Leone an Frauen und Kindern begann. Vergewaltigung selbst von Babies, Verstümmelung, systematischer sexueller Missbrauch und Ausbeutung von Kindern als Arbeitssklaven und Kindersoldaten - eine schier nicht enden wollende Schilderung von Gewalt und Brutalität, mit der die Richterin beim Sondergerichtshof zur Aufarbeitung der Kriegsverbrechen in Sierre Leone konfrontiert war. Über 10.000 Kinder wurden durch Abschneiden von Gliedmaßen verstümmelt. Über 10.000 Kindersoldaten sind für immer aus dem Leben ihrer Familien ausgestoßen.
Sierra Leone ist zwar ein sehr krasser Fall, aber kein Einzelfall. "Alle Geschichten, die ich Ihnen hier erzählt habe, sind wahre Geschichten - und dabei nur die, die man noch aushalten kann", wies Winter auf die weltweite problematische Lage von Frauen und Kindern hin. "Ich habe in über 40 Ländern gearbeitet und in keinem Land waren Frauen und Männer gleichgestellt. Laut UN sind sechs von zehn Frauen weltweit der Gewalt ausgesetzt", so Winter. "In den meisten Ländern gibt es eine unheilige Allianz von Religion und Staatsmacht - beide sind daran interessiert, die Frauen zu unterdrücken. Es ist sehr schwer, diesen Schulterschluss zu durchbrechen."
Trotzdem hat Renate Winter nicht resigniert: "Das Argument, man kann nichts tun, stimmt nicht." Durch die Arbeit in internationalen Gerichtshöfen gelang es Frauen, dass Vergewaltigung als Kriegsmittel ebenso geächtet und unter Strafe gestellt wurde wie die Benützung von Kindern als Soldaten, die nun als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und als Kriegsverbrechen geahndet wird.
Nach dem erschütternden Vortrag beantwortete die Referentin Mag. Renate Winter Auskunft Fragen aus dem Publikum.
Frauen- und Kinderrechte stehen nicht nur in Entwicklungsländern am Prüfstand des UN-Kinderrechtsausschusses, der alle fünf Jahre sämtliche Mitgliedsstaaten überprüft. Renate Winter ließ anklingen, dass es da durchaus auch in Österreich Handlungsbedarf gibt. Die "gläserne Decke", an die Frauen in ihrem Berufsleben stoßen, kritisierte sie ebenso wie den Umgang mit jugendlichen Straftäterinnen: "Für Mädchen gibt es kein Gefängnis in Österreich, sie werden ins Frauengefängnis gesteckt, wo es keine Schulbildung und Drogenhandel gibt." Da es nur sehr wenige Mädchen betrifft - zwei bis fünf derzeit sagt Winter - werde aus Kostengründen kein eigenes Gefängnis gebaut. "Die Idee, ein Appartement anzumieten und die Mädchen dort mit Bewährungshilfe und Sozialarbeit zu betreuen wäre viel billiger, wird aber auch nicht umgesetzt", kritisiert Winter.
Wie wird der Zeugenschutz bei internationalen Sondergerichtshöfen organisiert? Wie sieht der Arbeitsalltag einer internationalen Richterin aus? Und wie werden die Richter geschützt? Gibt es ein Unrechtsbewusstsein bei den Tätern? Und wo sind die persönlichen Grenzen, um das alles überhaupt auszuhalten? - In der anschließenden Publikumsdiskussion beantwortete die Referentin viele Fragen und machte Mut, bei Menschenrechtsverletzungen nicht weg zu sehen sondern Zivilcourage zu zeigen und Dinge beim Namen zu nennen. Das tut u.a. der UN-Kinderrechtsausschuss, dem keine Strafsanktionen für die Durchsetzung von Menschenrechten zur Verfügung stehen - aber ein anderes Mittel: "Die Berichte werden in der UNO-Generalversammlung öffentlich verlesen - die Öffentlichkeit ist unsere einzige Waffe."
Maria Steiner von Minerva bedankte sich bei der Referentin Mag. Renate Winter für deren Einsatz und die interessanten Einblicke in ihre Arbeit und ihr Leben. Stehen zur Frauensolidarität - von links Wörgls Bürgermeisterin Hedi Wechner, Ehrenbürgerin und ehemalige Vizebürgermeisterin Maria Steiner, Mag. Renate Winter, Dr. Andrea Wibmer-Stern, Dr. Katharina Moritz und Landtagsabgeordnete Andrea Krumschnabel.
"Minerva ist ein Frauennetzwerk, um Frauenkompetenzen und Fraueninteressen zu vernetzen. Unser Zugang ist, solidarisch zu sein und ein Klima zu schaffen, in dem wir uns gegenseitig stärken", erklärt Dr. Katharina Moritz, die zu den Gründerinnen zählt. Fürs Mitmachen gibt es keine Vorgaben und keine parteipolitische Ausrichtung. "Die internen Treffen finden monatlich statt, sonst funktioniert das Netzwerken über persönliche Kontakte", sagt Moritz und kündigt an, die gestartete Veranstaltungsreihe "Starke Frauen verändern die Welt" durch Vortrags- und Diskussionsabende im Abstand von zwei Jahren fortzusetzen. Ab nächstem Jahr will Minerva sich zudem der historischen Aufarbeitung von bedeutenden Frauenpersönlichkeiten in der regionalen Geschichte widmen. Wer Kontakt mit Minerva aufnehmen will, kann das über das online über die Internetplattform facebook.
Zur Referentin:
"Renate Winter war eine erfahrene Richterin am Wiener Jugendgerichtshof, als sie 2006 von den Vereinten Nationen in Wien als Beraterin für die Umsetzung der Kinderrechtskonvention in Entwicklungsländern beigezogen wurde. Ab dem Jahr 2000 begann sie ihre Tätigkeit als internationale Richterin. 2002 wurde sie vom UN-Generalsekretär zur Richterin des Sondergerichtshofes für Sierra Leone ernannt, dessen Vorsitzende sie von 2008 bis 2010 war. Im Dezember 2012 wurde sie für die Periode von vier Jahren in den UN-Kinderrechtsausschuss gewählt. In den 1990-er Jahren leitete Renate Winter mehrere UN-Konferenzen zum Thema Kinderrechte. Renate Winter gilt als internationale Expertin in Fragen von Kinder- und Frauenrechten, speziell im Zusammenhang mit kriegerischen Auseinandersetzungen. Neben der Ahndung von Kriegsverbrechen als Richterin tritt Renate Winter aber auch unermüdlich für die Opfer ein. So hat sie unter anderem eine Initiative für ehemalige Kindersoldat/innen gegründet, die im Bürgerkrieg von Sierra Leone massenhaft zwangsweise rekrutiert und außerdem sexuell ausgebeutet wurden", teilt Mag. Gabriela Madersbacher von Minerva mit.