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Bericht von der Jahreshauptversammlung des Heimatmuseumsvereines Wörgl 2015

 

Bild links: Am Kriegerdenkmal in Kirchhof wird jetzt nur pauschal an die Opfer des NS-Widerstandes erinnert. Der Heimatmuseumsverein will das ändern und regte die Anbringung einer weiteren Gedenktafel mit Nennung der Namen an. Bild Mitte: In Söcking erinnert heute nichts an das Durchgangslager – bei einer Besprechung vor Ort von links Helmut Wechner, Hans Gwiggner, Markus Steinbacher, Aaron Peterer vom Anne Frank Verein und der Historiker Erich Schreder. Bild rechts: Zur ausgestellten Industriegeschichte zählen Exponate aus der Blütezeit der Zementindustrie im Raum Kirchbichl/Bad Häring - bei der Langen Nacht der Museen hält DI Rudi Pardon Führungen zu dem Thema ab.

Das bestehende Raumproblem bedeutet keinesfalls Stillstand hinsichtlich der Aktivitäten des 150 Mitglieder zählenden Museumsvereines,  wie der Bericht  von Obmann Mag. Markus Steinbacher zeigte. Zu den erfolgreichsten Sonderausstellungen in der über 30jährigen Vereinsgeschichte zählt die Ausstellung „2x2=3,99“ zur Geschichte des Wörgler Unternehmens Aristo und des Rechenschiebers, die das Heimatmuseum im Frühsommer 2014 in der Galerie am Polylog ausrichtete. Peter Weich, ehemals Aristo-Chef, stellte dafür Exponate zur Verfügung und gestaltete mit Kurator Mag. Günther Moschig die ansprechende Präsentation, wobei beim Vermittlungskonzept auch der BRG-Lehrer Fritz Pöll mit Schülern und der Filmemacher Egon Frühwirth eingebunden waren. Der Erfolg in Wörgl wurde dann nochmals getoppt, als das Landesmuseum Innsbruck die gesamte Ausstellung von Dezember 2014 bis Ende Jänner 2015 im Zeughaus zeigte, wo sie auf großes Publikumsecho stieß. Die ausgestellte Teilungsmaschine, die mit höchster Präzision über Jahrzehnte bei der Herstellung von Rechenschiebern und Messgeräten in Wörgl im Einsatz war, wird im Bestand des Zeughauses verbleiben. Die Sammlung will Peter Weich aufteilen, wobei neben Innsbruck sich auch das Deutsche Museum als Interessent gemeldet hat. Sein Anliegen ist, auch dem Heimatmuseum Wörgl Exponate zu überlassen – vorausgesetzt es besteht die Möglichkeit, diese auch auszustellen.

„Mit dem Stadtbauamt wurde ein Vergleich Ausbau und Sanierung des Bestandes sowie Neubau der Musikschule bei der Fritz-Atzl-Schule beim Pflichtschulzentrum erstellt. Der Neubau samt Tiefgarage kommt nur um 200.000 Euro teurer“, erklärte Bürgermeisterin Hedi Wechner und rechnet damit, dass die Weichen in Richtung Neubau gestellt werden.  Dafür spreche auch der Wegfall des Oberflächenverkehrs und die Tatsache, dass sich durch den Denkmalschutz beim bestehenden Gebäude Schwierigkeiten bei der Dämmung ergeben.

Womit das bestehende, nach den Bauschäden sanierungsbedürftige Gebäude im Eigentum der Stadt anders genutzt werden könne: „Derzeit finden dazu noch Überlegungen statt“, so Wechner, die in Richtung „Kulturhaus“ unter Einbeziehung bestehender Nutzer wie auch neuer, etwa Übersiedelung des Stadtarchives, gehen. Damit stünde dann auch mehr Platz für das Museum zur Verfügung. Ein Anliegen ist der Bürgermeisterin die Geschichte der Stadt auch in Bezug auf Erfassung der Zeitgeschichte. Mit dem Aufbau einer Stadtchronik wurde Chronist Michael Pfeffer beauftragt, nachdem in das „Goldene Buch der Stadt“ 12 Jahre lang nichts mehr eingetragen wurde. Und als zweites Standbein sieht Hedi Wechner das Stadtarchiv, in dem ihr Mann Helmut Wechner Stadtarchivar Hans Gwiggner  ablöst.

Bevor der Museumsverein an eine Erweiterung – neben zusätzlicher Ausstellungsfläche wird auch ein Depot gebraucht – denken kann, heißt es, mit weniger Platz zurecht zu kommen. Da aufgrund der ausstehenden Sanierung der Bauschäden eine Umgestaltung des Hömbergzimmers nicht möglich ist, dient dieses als Lagerraum. Die Öffnungszeiten bleiben auch heuer mit Dienstag und Samstag jeweils von 10 bis 11:30 Uhr während der Sommermonate von Anfang Juni bis Ende September gleich, zudem wird das Heimatmuseum auch 2015 bei der Langen Nacht der Museen am 3. Oktober seine Tore öffnen, Führungen anbieten und Filme mit Bezug zu Wörgls Geschichte zeigen.


Die Lange Nacht der Museen ist auch für das Heimatmuseum Wörgl ein erfolgreiches Highlight - im Bild links und Mitte Museumsführer Hans Gwiggner im Einsatz. Sehr gut besucht sind dabei auch die Filmvorführungen im Vortragssaal der Musikschule, bei der 2014 Egon Frühwirth und Armin Oberhauser Filme zeigten (Bild rechts).

Neben der Betreuung des Museums  organisierte der Verein 2014 eine Exkursion ins private Urgeschichte-Museum der Familie Wimpissinger in Kundl und befasste sich mit zwei Projekten der Erinnerungskultur. Der Museumsverein beantragte bei der Stadt die Anbringung einer Gedenktafel an die „Wörgler Opfer des Widerstandes und der religiösen wie rassistischen Verfolgung durch den Nationalsozialismus“, namentlich an Alois und Josefine Brunner, Stefan Valentinotti, Josef Gangl, Elisabeth und Rudolf Gottlieb sowie Anna Gründler. In den 1980er Jahren wurde die namentliche Nennung abgelehnt, weshalb auf dem Kriegerdenkmal nur der allgemein formulierte Satz „Den Opfern im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ aufscheint. Der Stadtrat gab nun bereits grünes Licht, die Gedenktafel soll im Kirchhof angebracht werden, die Enthüllung wird voraussichtlich am Kriegsopfersonntag nach Allerheiligen vorgenommen.

Das zweite Projekt betrifft das Durchgangslager Wörgl, das für russische und ukrainische Zivilarbeitskräfte in Wörgl-Söcking im Dezember 1941 eingerichtet wurde. Von Mai 1942  bis September 1944 wurden 34 Transporte mit 31.759 Personen auch aus anderen Gebieten durchgeschleust, wobei die Zwangsarbeiter von hier aus in Westösterreich und Bayern zugewiesen wurden. Der Historiker Mag. Erich Schreder forscht dazu seit Jahren, war auch Sachverständiger bei der archäologischen Ausgrabung am Tiwag-Gelände beim Kraftwerk Kirchbichl. Er stellt sein umfangreiches Archivmaterial  und Wissen zur Verfügung.  Für eine Ausstellung im Jahr 2016 in Kooperation mit dem Anne Frank Verein sowie im Vorfeld  für ein Jugendprojekt des Anne Frank Vereines. Geplant ist ein Filmworkshop mit SchülerInnen, die sich mit Orten der Erinnerung heute und dem damaligen Geschehen befassen. Das Ergebnis wird Teil der Ausstellung.

Im Zuge der Jahreshauptversammlung wurde der Vereinsvorstand mit Obmann Mag. Markus Steinbacher wiedergewählt und um Filmreferent Egon Frühwirth erweitert. Nachdem der Wörgler Filmclub WÖFA aufgelöst wird, bietet der Museumsverein damit das Dach für Filmaktivitäten mit dokumentarischem Bezug zur Stadt. Der weitere Vereinsvorstand besteht aus Obmann-Stellvertreter Hans Gwiggner, Kassier Peter Weich, stellvertretend Helmut Wechner, Schriftführer DI Gerhard Wibmer, stellvertretend Annemarie Gerstner, Kustos DI Rudi Pardon, stellvertretend Mag. Günther Moschig, Freigeldreferentin Veronika Spielbichler. Kooptiert sind weiters die Ehrenmitglieder Herbert Strobl und Gerda Steingassinger sowie  Bürgermeisterin Hedi Wechner, Kulturreferent Mag. Johannes Puchleitner, TVB-Obmann Hans Peter Osl und  Filmclub-Obmann Armin Oberhauser.