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Vortrag von Prof. Dr. Seiler an der Fachhochschule Kufstein
vero / 12.07.2007 15:49
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Vortrag  Kufstein  Umwelt  Fachhochschule  Klimawandel  Euregio 

Der Klimawandel kommt schneller und

umfangreicher als wir erwartet haben!

 

Deutscher Klima-Experte warnt vor katastrophalen Folgen:

„Wir müssen mit einem Bündel von Maßnahmen gegensteuern“

Dr. Seiler ist Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung am Forschungszentrum Karlsruhe und ausgewiesener Experte zum Thema Klimawandel. Auf Einladung der Euregio Inntal war der Wissenschaftler nach Kufstein gekommen und referierte an der Fachhochschule KufsteinTirol über die regionalen Auswirkungen der globalen Veränderungen im Alpenraum.

 

Der Fachmann lässt keinen Zweifel: „Der Klimawandel ist da. Er ist unvermeidbar!“ Viel zu weit fortgeschritten ist die Umweltbelastung auf unserem Planeten, zu schwerwiegend sind die Sünden, die die Menschheit als Ganzes zu verantworten hat.

Trocken und schnörkellos präsentiert Seiler die Fakten: Seit der letzten Eiszeit hat die Temperatur auf der Erde um etwa 4 Grad Celsius zugenommen. Ein Viertel der Erwärmung wurde allerdings in den letzten 120 Jahren registriert! Tendenz steigend. September 2006 bis Mai 2007 – das sind in unserem Lebensraum die wärmsten Monate seit es Aufzeichnungen gibt. Vorerst.

 

Immer mehr Extrem-Ereignisse

Aber nicht nur die Temperaturen spielen verrückt. Auch bei den Niederschlägen registriert die Wissenschaft deutliche Veränderungen. „Es gibt mehr Regen im Frühjahr, und der kommt immer heftiger. Wie wir überhaupt immer mehr Extrem-Ereignisse verzeichnen“, weiß Dr. Seiler. Mit den bekannten Folgen: „Parallel zur globalen Erwärmung haben Naturkatastrophen seit dem Jahr 1960 stark zugenommen!“ Die Schäden haben bereist astronomische Dimensionen erreicht: Auf runde 250 Milliarden Doller haben sie sich im Jahr 2005 weltweit summiert. Die weiteren Aussichten: düster! Seiler: „Wir rechnen bis zum Jahr 2020 mit Schadenssummen von jährlich 1.000 Milliarden Dollar!“

 

Das Jahrhundert der modernen Völkerwanderung

Die Folgen des Klimawandels setzen aber auch Menschenmassen in Bewegung. Etwa 25 Millionen Umwelt-Flüchtlinge wurden bereits im Jahr 2002 gezählt. Und das werden noch viel mehr, prophezeit Dr. Seiler: „Weil immer mehr Menschen nicht mehr ausreichend über Wasser verfügen, müssen sie zwangsläufig ihren Lebensraum verlassen“. Wasser – das ist für den Experten überhaupt die größte globale Herausforderung! 7,8 Milliarden Menschen werden 2025 unseren Planeten bevölkern. 38 % davon werden nicht genug Wasser haben. Folge: Massenflucht! Seiler: „Das wird vermutlich das Jahrhundert der modernen Völkerwanderung!“

 

Stärkere Auswirkungen im Alpenraum

Der Alpenraum nimmt im globalen Szenario eine besondere Stellung ein. „Diese Region ist bei Klimaveränderungen noch wesentlich empfindlicher, die Auswirkungen werden hier noch stärker spürbar sein“, warnt Dr. Seiler. Seine Prognose: Weniger, aber intensivere Schneefälle, was zu enormen Beeinträchtigung des Wintertourismus führen wird. Dafür werden die Sommer länger und trockener. Seiler: „Den Sommertourismus könnte man so gesehen durchaus als Gewinner bezeichnen“. Wären da nicht unangenehme Hitze-Begleiterscheinungen wie vermehrte Allergien, Infektionen, Herz-Kreislauf-Beschwerden etc...

 

Neue Technologien als Chance

Für den Klima-Experten steht fest: „Der Mensch muss reagieren. So schnell und so effizient wie möglich“. Die Reduzierung der Treibhausgase ist dabei nur ein Ansatz. Seiler: „Es gibt keinen Königsweg! Wir alle müssen mit einem Bündel von Maßnahmen gegensteuern“. Das Problem: Die Maßnahme von heute wirkt sich maximal in 30 Jahren positiv aus. Gerade deshalb aber braucht es neue Anpassungsstrategien. Die größte Chance sieht der Wissenschaftler in der Entwicklung neuer Technologien. Hier tun sich ungeheure Potentiale auf: Allein der Markt für erneuerbare Energien wird bis 2015 auf geschätzte 400 Milliarden Dollar explodieren! Chancen, die es langfristig zu nützen gilt. Seiler: „Weitsichtige Klimapolitik ist auch die beste Wirtschaftspolitik!“

Versöhnlicher Schlusssatz des Experten nach so vielen unbequemen Wahrheiten: „Das Klima von morgen ist die Aufgabe von heute. Wenn wir wollen, schaffen wir es!“

Text: hn media/Nageler