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Im Herbst 2006 gründete sich die Antifaschistische Aktion Wörgl |
Servet, Gurbet, Özlem, Serkan, Johanna, Anita, Turgay und Ata sind wie rund weitere 20 junge Leute aus Wörgl und Umgebung Mitglied der Antifaschistischen Aktion Wörgl, kurz Antifa genannt.
Seit dem Herbst 2006 trifft sich die gemischte Gruppe aus Jugendlichen mit tiroler und südländischen kulturellen Wurzeln alle zwei Wochen, um in erster Linie zu diskutieren. Was waren die Beweggründe, in Wörgl eine Antifaschistische Aktion ins Leben zu rufen? "Wir waren immer schon politisch interessiert, uns interessieren die Probleme, die alle Jugendlichen haben", erklärt Ata, der wie andere angesichts der aktuellen Entwicklung in Europa und im Besonderen von Wahlkampfparolen rechtsgerichteter Parteien nicht nur allein hinter dem Fernseher schimpfen wollte, sondern Gleichgesinnte suchte. "Heute sucht man wieder Sündenböcke, und die findet man in Menschen anderer Herkunft. Wir finden das nicht richtig und wollen als Antifaschisten nicht nur zu Hause sitzen, sondern aktiv was tun."
"Wir wollen einen Austausch mit anderen Jugendlichen, die ähnlich denken", sagt Johanna, die die Plattform nicht als politischen Zusammenschluss sieht, obwohl viel über Politik diskutiert wird. "Wir haben viel über linke Ideologien diskutiert und sind nicht alle politisch gleicher Meinung - unser gemeinsamer Nenner ist die strikte Ablehnung von Rassismus und Faschismus."
Gemeinsamer Nenner trotz unterschiedlicher politischer Meinungen: Nein zu Faschismus!
Um diesen gemeinsamen Nenner zu definieren, gab sich die Antifa Wörgl Grundsätze für ihre Arbeit. Als Hauptaufgabe sieht man es, dem Faschismus in all seinen Ausprägungen und Formen wie in den Ursachen entgegenzutreten. "Die Antifa lehnt Gewaltanwendung zur Erreichung politischer Ziele grundsätzlich ab, wird also auch in keiner Situation in aggressiver Weise auftreten", lautet die klare Abgrenzung zu gewaltbereiten anderen Antifa-Gruppen.
Auf welche Weise die Gruppe jetzt aktiv wird? "In erster Linie im Gespräch mit anderen Jugendlichen und durch das Zeigen von Zivilcourage. Nicht wegschauen, wenn sich jemand sexistisch oder rassistisch verhält," sagt Servet. "Wir gehen zu Konzerten, verteilen Flyer, organisieren Filmabende und Diskussionen und schreiben Leserbriefe", ergänzt Johanna. An Straßenfesten würde sich die Gruppe auch gern beteiligen und mit anderen Vereinen oder Gruppen zusammenarbeiten.
Eine Alternativkultur zum Kapitalismus leben
Zu den Anliegen der Gruppe zählt es weiters, eine Gegenkultur zum kritisierten kapitalistischen, neoliberalen System zu leben. Dabei hinterfragen die Jugendlichen die Politik gründlich. "Wieso flüchten Menschen aus ihren Heimatländern und kommen nach Europa? Jeder will normalerweise in seiner Heimat bleiben, und dafür soll die Politik Rahmenbedingungen schaffen."
Rahmenbedingungen, die sie in der EU-Politik ebensowenig erkennen wie in der der westlichen kapitalistischen Staaten. Hunger, Armut und Bürgerkriege in der Dritten Welt sind gemacht, profitabel für Konzerne. "Die Politik vertritt immer mehr die Interessen der Konzerne und immer weniger die der Menschen. Die EU ist eine Union der Konzerne, nicht der Völker", lautet die Kritik. "Für Geld gibt es keine Grenzen mehr, für Menschen schon", bringt es Gurbet auf den Punkt. Hinter dem neuen Faschismus stehe das Kapital.
Mehr direkte Demokratie
Mehr direkte Demokratie - etwa Volksabstimmungen bei wichtigen Themen wie Eurofighter - weniger Egoismus und mehr Gemeinschaft, aufeinander schauen und einander helfen, bringen die Jugendlichen als Lösungsvorschlag und wollen das auch in der Gruppe leben. "Der Kapitalismus erzieht zu Egoismus. Aber der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen. Wir sind hier auch schuldig, wenn ein Kind an Hunger stirbt. Auf der Welt gibt es genug Nahrung für alle, aber die Verteilung passt nicht."
Kritisches Konsumverhalten
Was unternimmt man also gegen die Konzerne? "Wir leben in dieser Gesellschaft, und wir können als Konsumenten bewusst entscheiden", sagt Serkan. Zum kritischen Konsumieren zählt auch das Verhalten in der Freizeit - "Komasaufen" ist hier kein Thema. "Wir sagen nicht, ihr dürft nicht zu Mc Donalds gehen. Aber wir zeigen auf, was diese Konzerne auf der Welt anrichten. Jeder kann dann selbst entscheiden - ob er seine Schuhe mit Kinderarbeit hergestellt bei Nike kauft oder eben eine andere Marke."
"Wir wurden einmal gefragt, warum wir nicht die Scheiben bei Mc Donalds einwerfen, wenn wir gegen den Konzern sind. Mc Donalds hat eine Versicherung für Glasbruch. Die Kinder auf den Philippinen, die Kinderarbeit leisten müssen, haben keine", sagt Ata.
Wer sich für die Gruppe interessiert, kann zu den Gruppentreffen kommen. Weitere Infos über Termine und die Antifa Wörgl gibt´s unter der E-mail-Adresse antifa.woergl(at)hotmail.com
Und hier noch die von der Gruppe im Konsens erarbeiteten Grundsätze der Antifa Wörgl:
Die Antifaschistische Aktion Wörgl, in Folge als Antifa bezeichnet, sieht sich selbst als eine freie Vereinigung freier Menschen, die gemeinsam gegen den Faschismus aktiv werden wollen. Die nachstehenden Punkte sollen die Herangehensweise und Prinzipien der Antifa dokumentieren.
Als ihre primäre Aufgabe sieht es die Antifa, dem Faschismus in all seinen Ausprägungen und Formen wie in seinen Ursachen entgegenzutreten.
Die Antifa lehnt Gewaltanwendung zur Erreichung politischer Ziele grundsätzlich ab, wird also auch in keiner Situation in aggressiver Weise auftreten.
Die Antifa ist eine demokratische Organisation, die sich für eine demokratische Gesellschaft, also auch für eine Demokratisierung der Gesellschaft einsetzt.
Innerhalb wie außerhalb ihrer Strukturen lehnt die Antifa sexistische und rassistische Tendenzen ab und macht es sich zur Aufgabe, diese zu bekämpfen.
Die Antifa stellt dem Kapitalismus und dessen Kultur ihre eigene, autonom organisierte Alternativkultur gegenüber, in deren Mittelpunkt die Bedürfnisse des Individuums und die politische Diskussion stehen sollen.
Alle Menschen, die ihre Ziele mit den hier formulierten Zielen und Grundsätzen im Einklang sehen, werden eingeladen, die Antifa aktiv zu unterstützen. Die genaue politische Einstellung bzw. ideologische Herkunft ist sekundär, solange diese sich mit dem Antifaschismus vereinen lässt.
Alle anderen Organisationen, die sich gegen den Faschismus bzw. dessen Auswirkungen einsetzen, können mit der Unterstützung der Antifa rechnen und werden eingeladen, sich an unseren Aktivitäten zu beteiligen, solange sich ihre Grundsätze mit denen der Antifa vereinen lassen.