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Ria Mair schneidert die Kostüme für die Rattenberger Schlossbergspiele |
Die Theaterschneiderin und ihre Liebe zum Rattenberger Schlossberg
Rattenbergs Schlossruine ist Ria Mairs zweites Zuhause: seit 34 Jahren schneidert die heute 76 Jährige alle Kostüme für die Freilichtbühne Rattenberg.
Durch das schmale Fenster fällt gedämpftes Licht auf den Arbeitstisch. Zwei Nähmaschinen stehen dicht nebeneinander, buntes Garren auf eckigen Holzstiften liegt verstreut auf der kleinen Anrichte. Der abgenützte Arbeitsstuhl mit orangerotem Bezug verrät die vielen Arbeitsstunden, die Ria Mair hier schon verbrachte.
Ihre geschickten Hände verraten langjährige Erfahrung: Die Radfelderin Ria Mair, schneidert seit 34 Jahren die Kostüme für die Rattenberger Schlossbergspiele. Die Hobbyschneiderin kleidet alle 40 Darsteller alleine ein. „Die Schauspieler kommen quasi in der Unterhose, den Rest bekommen sie von mir“, meint die agile Frau verschmitzt.
Der traditionsreiche Volksschauspielverein spielt seit 1954 jeden Sommer Theater vor Rattenbergs Schlossruine. Rias Ideenreichtum wurde schon oft auf eine harte Probe gestellt. Für Stücke von Shakespeare über Schönherr, Kranewitter, Turrini, Dürrnmatt und Horváth schneiderte sie die passenden Kostüme. Kleiderschnitte gibt es keine, sie verlässt sich auf ihre Erfahrung und Kreativität.
Im kommenden Sommer steht für 22 Aufführungen die griechische Komödie „Lysistrata oder der Liebeskrieg“ auf dem Spielplan. In Absprache mit dem Regisseur Manfred Schild beschließt Ria Stil und Farben der Kostüme. Für die Sommerkomödie hat sich die findige Schneiderin aus Büchern und dem Internet Vorlagen besorgt, um sich von den Gewändern der griechischen Göttern inspirieren zu lassen.
Sie kennt alle Schauspieler, ihre Vorlieben und ihre Wehwehchen: „Die Schauspieler müssen spielen und sollen sich auch in ihren Kostümen wohl fühlen“, lächelt Ria und legt ein neues Stück Stoff unter den Stahlfuß ihrer Nähmaschine. Pro Jahr verarbeitet sie rund 50 Meter Stoff für die Theatertruppe.
Wenn ihr die Zeit bleibt, besucht sie auch andere Theateraufführungen und beäugt mit scharfem Blick die Konkurrenz: „Mir fällt immer etwas auf“, erzählt sie und verweist auf ein Theaterstück, in dem ein Schauspieler eine Swatch-Uhr zu einem mittelalterlichen Kostüm trug. Das kann bei den Schlossbergspielen nicht so schnell passieren, da sie vor jeder Aufführung mit Argusaugen jedes Detail an den Kostümen prüft: „Keiner geht mir auf die Bühne bevor ich ihn nicht selbst inspiziert habe“, verrät die 76 Jährige.
Um rechzeitig zur Premiere am 27. Juni fertig zu werden, schneidert Ria Mair jeden Tag in ihrem Kämmerchen. Viel Stoff muss noch zusammengenäht werden, die besonderen Wünsche der Darsteller berücksichtigt und so manche Änderungen vorgenommen werden. Ria blickt auf den hohen Stoffberg, der sich in ihrem Kämmerchen stapelt und seufzt: „Die Liebe und Leidenschaft zum Theater lässt mich das machen, was ich mache“.
Foto und Text: Gabriele Grießenböck